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Rammstein-Sänger verärgert die Eremitage

Torsten Landsberg
19. August 2021

Rammstein-Sänger Till Lindemann vertreibt digitale Kunstwerke, die er im Museum in Sankt Petersburg aufgezeichnet hat - ohne Genehmigung, sagt die Eremitage.

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Rammstein-Sänger Till Lindemann auf der Bühne mit Mikrofon
Rammstein-Sänger Till LindemannBild: Boris Roessler/dpa/picture alliance

Mit der modernen Kunst war es schon immer schwierig. Neue Kunstformen wurden stets kritisch beäugt und anfangs nur von wenigen verstanden. Auf dem Kunstmarkt der Gegenwart geht es nicht mehr nur um geschmackliche Differenzen, auch ein neuer Vertriebsweg sorgt für Diskussionen und Kopfschütteln: Digitale Kunstwerke haben ihren Urhebern in den vergangenen Monaten Erträge im zweistelligen Millionenbereich eingebracht.

Dabei lässt sich das Werk nach dem Erwerb nicht mal an die Wand hängen, es liegt einfach auf der heimischen Festplatte. Mit erworben wird - und jetzt wird es teuer - ein sogenannter Non-fungible Token, ein digitales Zertifikat, das seinem Besitzer auch die Rechte an der jeweiligen Arbeit garantiert.

100.000 Euro für ein Video

Ein Geschäft, von dem auch Rammstein-Sänger Till Lindemann profitieren will. Für 100.000 Euro sind derzeit die Rechte an einem bislang unveröffentlichten Musikvideo zu haben, das Lindemann nicht nur einmal, sondern gleich zehnmal anbietet. Wer zuschlägt, bekommt ein Abendessen mit Lindemann obendrauf - in Moskau. Flug, Unterkunft und Visum für zwei Personen sind inbegriffen.

Bei dem Werk handelt es sich um ein sogenanntes One-Shot-Video, also ein ohne Schnitte in einer Aufnahme gedrehtes Video. Lindemann interpretiert darin das russische Lied "Lubimiy Gorod" ("Geliebte Stadt"), die Aufnahme ist im Mai 2021 in Sankt Petersburg entstanden, in der Kunstsammlung Eremitage. Für den Videodreh erteilte die Eremitage eine Genehmigung, wie das Museum auf seiner Facebook-Seite bestätigte.

Eremitage in Sankt Petersburg
Video drehen ja, Profit daraus schlagen nein: die Eremitage in Sankt PetersburgBild: picture alliance/dpa

Abgesehen davon, dass bislang kein Fan bereit war, einen sechsstelligen Betrag für das Video auszugeben, kann die Aktion für Lindemann dennoch ein Nachspiel haben: Laut der Eremitage hat der Sänger mit der Verwendung des Videos als NFT nämlich gegen die getroffenen Absprachen verstoßen. Gleiches gelte für weitere angebotene Animationen, die Lindemann in der Eremitage zeigen.

"Die Verwendung von Abbildungen von Objekten aus der Sammlung und Einrichtung des Museums [...] war mit dem Museum nicht vereinbart", teilte die Eremitage mit. Auf einen entsprechenden Hinweis auf einen drohenden Verstoß gegen die Lizenzpolitik des Museums habe der Sänger nicht reagiert. Die angebotenen NFT seien damit illegal.

Lindemann singt russisch

Tatsache sei, "dass Herr Lindemann persönlich einen Vertrag mit der Eremitage unterzeichnet hat, in dem ihm die Verwendung von Bildern der Eremitage und aller vorbereiteten Materialien ausschließlich für das Musikvideo erlaubt wird".

Das Management von Till Lindemann ließ eine DW-Anfrage unbeantwortet, ebenso wie die Plattform Twelve x Twelve, auf der die Lindemann-Werke angeboten werden.

"Lubimiy Gorod" ist ein Sowjetlied aus den 1930er-Jahren, das in einem Kriegsfilm über Jagdflieger verwendet wurde. Auch Lindemanns Version taucht in einem patriotischen Film über einen Kampfpiloten im Zweiten Weltkrieg auf: im kürzlich erschienenen "Dewjatajew" von Timur Bekmanbetow.

Ein Katzen-Meme für 600.000 Dollar

Während sich die Rammstein-Gitarristen Richard Kruspe und Paul Landers 2019 bei Konzerten in Russland noch auf der Bühne küssten, was allgemein als Zeichen gegen die homophobe Gesetzgebung des Landes interpretiert wurde, äußerte sich Lindemann nicht zur Verhaftung eines russischen Rammstein-Fans im vergangenen Frühjahr.

Andrej Borowikow war wegen angeblicher Verbreitung von Pornografie zu zweieinhalb Jahren Straflager verurteilt worden. Er hatte 2014 das Video "Pussy" der Band in seinen sozialen Netzwerken geteilt. Kritiker der russischen Regierung vermuten hinter dem Urteil einen anderen Hintergrund: Borowikow arbeitete in der Vergangenheit als Büroleiter des ebenfalls inhaftierten Oppositionellen Alexej Nawalny.