Türkisches Forschungsschiff in griechischer Zone
31. Januar 2020Der Streit ums Erdgas im östlichen Mittelmeer geht in eine neue Phase: Zum ersten Mal hat ein türkisches Forschungsschiff, die "Oruç Reis", die griechische Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) südlich der Insel Kastelorizo und östlich der Insel Kreta erreicht. Dies berichtete das griechische Staatsfernsehen unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in Athen. Eine griechische Fregatte beobachtete demnach die Bewegungen des Schiffs, das zunächst keine Forschungen durchführe.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte in der vergangenen Woche angekündigt, in diesem Jahr "so schnell wie möglich" in einem mit Libyen vereinbarten Gebiet nach Erdgas zu suchen. Das Vorhaben betrifft auch potenziell erdgasreiche Regionen südlich von Kreta, die laut Griechenland zu seiner Ausschließlichen Wirtschaftszone gehören. Nach Einschätzung von Experten will Ankara mit der Fahrt der "Oruç Reis" die griechische Reaktion testen. Athen hatte gewarnt, dass es sich gegen solche Schritte mit allen Mitteln zur Wehr setzen werde. Die türkische Lesart lautet, die Insel Kreta habe zwar Hoheitsgewässer, aber keine Ausschließliche Wirtschaftszone.
Ein ähnlicher Konflikt besteht bereits mit dem EU-Land Zypern. Dort sind türkische Schiffe für Erdgas-Probebohrungen schon seit 2019 unterwegs. Die EU-Staaten hatten deshalb einen rechtlichen Rahmen für Sanktionen gegen die Türkei geschaffen. Erst in der vergangenen Woche hatte der zyprische Präsident Nikos Anastasiades Bundeskanzlerin Angela Merkel um eine Vermittlung zwischen Nikosia und Ankara gebeten. Merkel soll sich demnach bei Erdogan für ein Ende der Erdgas-Bohrungen türkischer Schiffe in der Ausschließlichen Wirtschaftszone von Zypern einsetzen. Das türkische Schiff "Yavuz" führt seit einigen Tagen südlich der zyprischen Hafenstadt Limassol Suchbohrungen durch. Die Regierung in Nikosia bezeichnet die Aktionen Ankaras als "Piraterie".
sti/mak (afp, dpa)