Strom aus Windkraft am günstigsten
16. Oktober 2017Was kostet Strom wirklich und wie lassen sich die unterschiedlichen Energieträger vergleichen? Im Auftrag von Greenpeace Energy ging das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) dieser Frage in einer neuenStudie nach. Die Wissenschaftler bezogen für ihre Berechnungen sämtliche staatlichen Finanzhilfen, Steuervergünstigungen sowie die Kosten für Gesundheit und Umwelt mit ein.
Laut Studie war im Jahr 2016 Windstrom an Land in Deutschland mit Abstand die günstigste Energie in der volkswirtschaftlichen Gesamtbetrachtung. Bei der Erzeugung von Windstrom gab es laut FÖS in der Summe keine staatlichen Finanzhilfen und Steuervergünstigungen und es entstehen den Bürgern auch keine Kosten durch Luftschadstoffe und Treibhausgase. Bei den konventionellen Energien sieht das dagegen anders aus und so war die Stromerzeugung pro Kilowattstunde in Gesamtkostenbetrachtung erheblich teurer.
Wie hoch die Gesundheits- und Umweltkosten der fossilen Energien zu bewerten sind, wird vom Umweltbundesamt (UBA) erfasst und analysiert. Die größten Gesundheits- und Umweltkosten fallen laut UBA vor allem bei der Stromerzeugung durch Braunkohle an. Aus den Schornsteinen der Kraftwerke werden besonders viele krankmachende Schadstoffe wie Quecksilber und Stickoxide emittiert und pro erzeugter Kilowattstunde auch die größte Menge vom Klimagas CO2.
Obwohl Braunkohlestrom in der Produktion in Deutschland günstig ist, gehört sie in der volkswirtschaftlichen Gesamtbetrachtung deshalb zu der teuersten Art der Stromerzeugung und kostet im Vergleich zur Windkraft und neuen großen Solarparks etwa doppelt so viel.
Wie bekommt Energie einen wahren Preis?
Bislang gibt es zwischen den unterschiedlichen Energieträgern in Deutschland keinen fairen Wettbewerb und Preisvergleich. "Dass Atom- und Kohlekraftwerke einen Gutteil der von ihnen verursachten Kosten nicht einpreisen müssen, stellt eine eklatante Marktverzerrung zu Lasten der erneuerbaren Energien, aber auch aller Verbraucherinnen und Verbraucher dar", sagte Marcel Keiffenheim von Greenpeace Energy bei der Vorstellung der Studie.
Bei Errichtung und Betrieb von Atomkraftwerken fallen laut FÖS zwar kaum Treibhausgase an, hier seien vor allem die unversicherten Risiken für große Atomunfälle und die langfristigen Kosten für die Endlagerung die versteckten Mehrkosten und damit die Preistreiber für die Gesellschaft. Laut Studie kommen zu den reinen Produktionskosten für Atomstrom, die bei neuen Kraftwerken zwischen 10,4 und 12,6 pro KWh lägen, somit noch Kosten zwischen acht und 35 Cent pro kWh hinzu.
Um diese Kostenverzerrung zwischen den verschieden Energieträgern zu korrigieren, empfehlen die Autoren der FÖS-Studie die Subventionen für umweltschädliche Energieträger zu streichen und einen nationalen Mindestpreis für CO2-Emissionen einzuführen.
Dieser Mindestpreis für CO2-Emissionen könnte etwa so gestaltet werden, dass er einen größeren Teil der Umweltkosten durch Treibhausgase und Luftschadstoffe abdeckt, erklärt Studienautor Rupert Wronski der DW.
Deutlich wurde in der Studie durch die Gesamtbetrachtung, "dass erneuerbare Energien nicht die Preistreiber der Stromversorgung sind, sondern sie ersetzen Energieträger mit viel höheren Folgekosten für Steuerzahler und Gesellschaft", erklärt Wronski. Je nach verwendeten Annahmen läge die Kostenersparnis durch den Einsatz von Erneuerbaren Energien "im Bereich von rund 50 Milliarden Euro bis 2030 beziehungsweise bei rund 100 bis 500 Milliarden Euro bis 2050", lautet das Fazit.
CO2-Mindestpreis als Schlüssel für die Klimaziele?
Neben dem FÖS fordert jetzt auch ein Gruppe von 15 namhaften Energieexperten von der nächsten Bundesregierung die Einführung eines wirkungsvollen CO2-Mindestpreises und eine Modernisierung des Steuer- und Abgabensystems, damit Deutschland seine Klimaziele noch erreicht.
"Mit dem heutigen Anreizsystem ist eine effektive und volkswirtschaftlich effiziente Minderung der CO2-Emissionen und eine klimafreundliche Koppelung der Sektoren nicht möglich", schreiben die Experten in dem Positionspapier. Zu den Verfassern des Appels gehören unter anderen Ottmar Edenhofer, Manfred Fischedick, Felix Matthes, Patrick Graichen, Andreas Klusmann und Christoph Bals. Wenn sich in Deutschland nichts grundlegend ändere, seien die klimapolitschen Ziele der Energiewende in akuter Gefahr.
Den Experten geht es bei ihrem Vorschlag zur Einführung eines CO2-Mindestpreises nicht um höhere Staatseinnahmen, sondern um eine "aufkommensneutrale Ausgestaltung". Mit den Einnahmen aus der CO2-Abgabe könnten bestehende Steuern und Umlagen abgelöst und die Energiewendekosten gerechter und sozialer verteilt werden.