Macrons Euro-Reformen werden abgespeckt
14. Dezember 2018Es war das Lieblingsprojekt des französischen Präsidenten Emmanuel Macron: Er wollte einen Euro-Finanzminister und einen Extrahaushalt, um die Eurozone widerstandsfähiger gegen Krisen zu machen und wirtschaftliche Unterschiede zwischen den EU-Ländern auszugleichen.
Doch anderthalb Jahre nach seinem Amtsantritt ist davon wenig übrig geblieben. Erst hatte Angela Merkel ihn monatelang warten lassen. Dann hatten eine ganze Reihe von Ländern Einwände.
Als sich Deutschland und Frankreich schließlich auf eine abgespeckte Version einigen konnten, begannen die Proteste der "Gelbwesten" in Frankreich. Macron hat deswegen einen Teil seiner Reformen im eigenen Land auf Eis gelegt. Das hat seine Autorität auch in Brüssel geschwächt.
Trotzdem sind einige seiner europapolitischen Reformen jetzt auf dem Weg.
Eurogruppenchef Mario Centeno sprach beim Gipfel von einem "wichtigen Tag für uns alle", denn "in nur wenigen Wochen sind wir beim Thema Eurozonenbudget von 'unmöglich' zu 'wahrscheinlich' gekommen". Inzwischen ist daraus sogar ein 'sicher' geworden.
Das war aber nur möglich, weil der ursprüngliche französische Vorschlag stark verwässert wurde. So soll der Eurozonenhaushalt Teil des normalen EU-Haushalts sein und nicht ein Extratopf. Auch wird wohlweislich kein Volumen genannt. Macron hatte mehrere hundert Milliarden Euro dafür gefordert, der Betrag wird in jedem Fall weit darunter bleiben.
Kurz hält ein Euro-Budget für überflüssig
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, dessen Land derzeit die Ratspräsidentschaft inne hat, machte überraschend undiplomatisch deutlich, dass er Macrons Vorschlag eigentlich für überflüssig hält: "Ich bin kein Freund des Eurozonenbudgets. Es gibt klare Regeln, es gibt auch ein Budget in der Europäischen Union. Ich glaube nicht, dass es darüber hinaus notwendig ist, ein eigenes Eurozonenbudget zu schaffen. Ich glaube, dass würde die Steuerzahler nur sehr viel Geld kosten."
Viele Staats- und Regierungschefs fürchten, dass ein Extrabudget von schlecht wirtschaftenden Ländern missbraucht werden könnte und sparsame EU-Länder dann die Zeche zahlen müssten.
"Ich sehe nicht, dass es immer noch einen Anreiz dafür braucht und zusätzliches Geld, wenn sich jemand an Regeln hält, sondern das sollte eigentlich selbstverständlich sein", so Kurz.
Der niederländische Ministerpräsident Marc Rutte hatte sich in den letzten Monaten ähnlich geäußert - wenngleich auch nicht so unverblümt.
Bundeskanzlerin Merkel hatte anfangs ebenfalls Bedenken und unterstützte den Euro-Haushalt nur, nachdem Höhe und Verwendung stark eingeschränkt wurden. "Die Vorstellungen" verschiedener Länder dazu "gehen auseinander", je nach dem, ob sie Nettozahler oder eher Empfänger europäischer Gelder seien, sagte Merkel etwas euphemistisch nach dem Gipfel. Aber: "Der französische Präsident war zufrieden, und ich bin es auch."
Merkel hat viel Verständnis
Weniger strittig sind andere Punkte. So soll der Euro-Rettungsfonds ESM gestärkt und seine Verantwortung ausgeweitet werden. Der ESM vergibt zum Beispiel gegen Spar- und Reformauflagen Darlehen an Länder, die sich in finanziellen Notlagen befinden. Künftig soll er früher einschreiten können, um Finanzkrisen rechtzeitig zu verhindern. Er soll auch bei einer Bankenrettung eingreifen und solche Geldhäuser abwickeln, deren Pleite unabwendbar ist.
All diese Pläne scheinen seit den teils gewalttätigen Demonstrationen der "Gelbwesten" in einem anderen Licht. Macron hatte auf die Proteste mit milliardenschweren Zugeständnissen reagiert. Die mühsame Senkung des französischen Haushaltsdefizits auf einen Wert unterhalb der erlaubten drei Prozent der Wirtschaftsleistung dürfte damit wieder hinfällig sein.
Für Kurz, Rutte und andere ist das genau der Schlendrian, den es zu überwinden gilt. Merkel allerdings zeigte sich überzeugt, dass der Präsident seine Reformen im eigenen Land fortsetzen werde.