Emanuel Buchmann fährt weiter (in der) Spitze
21. Juli 2019Klitschnass erreichten sie die Ziellinie in Foix Prat d’Albis: Schweiß und Regen hatten die Trikots und Hosen der Fahrer während der 185,5 Kilometer und 4700 Meter Höhenunterschied durchtränkt. Das Wasser tropfte unaufhörlich von seinem Helm, als Emanuel Buchmann bei Nebel vom Rad stieg. Betrübt war der 26-Jährige aber dennoch nicht: Denn obwohl der deutsche Radprofi auf dieser 15. Etappe einen Platz in der Gesamtwertung verlor, hat er letztlich doch gewonnen.
Nach seinem vierten Platz tags zuvor am legendären Col du Tourmalet kam Buchmann heute erneut als Viertschnellster - hinter Simon Yates, Thibaut Pinot und Mikel Landa - an. Dabei ließ er zweimal Vorjahresseiger Geraint Thomas stehen und zog auch locker am Träger des Gelben Trikots, Julian Alaphilippe, vorbei. "Es lief wieder sehr gut. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden", sagte Buchmann der ARD.
Buchmann hielt locker mit den Besten mit
Schaut man sich das Ergebnis genauer an, ist seine gute Laune verständlich. Als Gesamtfünfter mit drei Minuten und zwölf Sekunden Rückstand auf Alaphilippe war er an diesem Sonntag an den Start gegangen. Im Ziel ist er nun Gesamtsechster mit zwei Minuten und 14 Sekunden Rückstand. Die Fahrer der Top-Sechs sind von der Zeit her also deutlich enger zusammengerückt.
Nicht nur hatte Alaphilippe eine knappe halbe Minute eingebüßt. Der Franzose musste sich auch eingestehen, dass sein Körper offensichtlich schwächelte. Diese 15. Etappe hatte dem Publikumsliebling sehr viel Kraft gekostet: Mit schmerzverzerrtem Gesicht hing er kurz hinter der Ziellinie minutenlang über einem Zaun und rang nach Luft. Unterdessen sprach Buchmann mit bübischem Lächeln ins Mikrofon: "Ich habe die ersten Etappen Kraft gespart, nie etwas verschwendet, deshalb ich jetzt top in Form."
Sechs Kilometer vor dem Ziel attackierte Pinot und brachte so die Gesamtführenden in massive Schwierigkeiten. Vorjahressieger Thomas und der Niederländer Steven Kruisswijk verloren den Anschluss. Nicht aber Buchmann, der zunächst alle Tempoverschärfungen mitging. Nach zwei weiteren Kilometern jedoch musste er Pinot und den Kolumbianer Egan Bernal ziehen lassen. Pinot, der in der Gesamtwertung von Rang sechs auf vier vorrückt, holte er nicht mehr ein, mit Bernal fuhr der Deutsche aber dann zusammen ins Ziel.
Ruhetag und dann ab in die Alpen
"Pinot war heute einfach zu stark", analysierte Buchmann, der weiterhin als Ziel die Top-Ten ausgibt, gewohnt nüchtern und emotionslos. Ob ihn eigentlich irgendetwas mal aus der Fassung bringen könnte? "Ein Etappensieg vielleicht. Oder etwas Größeres." Beides ist dieses Jahr für den Deutschen, der im vergangen Jahr auf die Tour zugunsten eines Starts als Kapitän bei der Vuelta a Espana verzichte, nicht unrealistisch. "Man kann mit ihm definitiv die Tour de France gewinnen", meint dessen österreichischer Teamkollege Gregor Mühlberger. Teamchef Ralph Denk bescheinigte Buchmann "absolute Weltspitze."
Nach einem Tag Ruhepause müssen die Fahrer am Dienstag wieder aufs Rad, dann sind die Alpen dran. So wie die Fahrer, klettern dann auch die Temperaturen. Die ziehen ordentlich an, um mehr als 10 Grad. Dann ist die körperliche Verfassung umso wichtiger - und damit kann Buchmann auftrumpfen.