Ein Übergangsparlament für Mali
4. Dezember 2020Vor bald vier Monaten, am 18. August, hatte im krisengebeutelten Sahelstaat Mali das Militär die Macht übernommen. "Zur Rettung des malischen Volkes" zwangen junge Armeeoffiziere den ungeliebten Präsident Ibrahim Boubacar Keïta zum Rücktritt, dem mutmaßliche Wahlfälschung bei der Parlamentswahl im Frühjahr, die schlechte wirtschaftliche Lage und die zunehmende Gewalt im Land zur Last gelegt wurden. Die Zustimmung der breiten malischen Protestbewegung, die auf den Straßen monatelang und lautstark Keïtas Rücktritt gefordert hatte, war den Putschisten sicher.
Doch bevor es sich die Offiziere allzu gemütlich machen konnten, mussten sie sich dem gehörigen internationalen Druck beugen. Schon im September wurde eine Übergangsregierung gebildet. Regierungschef ist der frühere Außenminister Moctar Ouane. Auch eine Charta für die Zeit bis zu den geplanten Wahlen im März 2022 wurde vereinbart. Dazu gehört auch eine neue gesetzgebende Versammlung.
Die 121 Namen wurden im Fernsehen verlesen
Gemäß der Charta wurden die Sitze in diesem Übergangsparlament zwischen dem Militär, der Protestbewegung M5-RFP, politischen Parteien, Gewerkschaften und anderen Organisationen aufgeteilt. Darunter sind der Imam Mahmoud Dicko, eine der Führungsfiguren der Bewegung M5-RFP, und der stellvertretende Anführer der Militärjunta, Malick Diaw.
Putschistenführer Oberst Assimi Goita, der den Posten des Vizepräsidenten der Übergangsregierung inne hat, sicherte sich im vergangenen Monat ein Vetorecht bei der Ernennung der 121 Sitze umfassenden gesetzgebenden Körperschaft. Für die Kritiker des vom Militär dominierten Übergangsregimes ist das ein klares Zeichen für die unvermindert starke Kontrolle der Armee. Die Oppositionsbewegung M5-RFP rief deshalb prompt zum "Widerstand" auf.
Die endgültige Liste für den neuen Nationalen Übergangsrat wurde durch einen Erlass des Interimspräsidenten Bah N'daw, der selbst Oberst der Armee im Ruhestand ist, veröffentlicht und am Donnerstagabend auch im nationalen Fernsehen verlesen. Die erste Sitzung des Nationalen Übergangsrats ist für Samstag geplant, dann wird das Gremium seinen Präsidenten wählen.
Briten schicken 300 Soldaten
Mali ist ein zerrütteter Staat, in dem wichtige soziale Reformen auf sich warten lassen und die Menschen wenig Vertrauen in staatliche Strukturen haben. Zudem kämpft das Land seit 2012 gegen einen brutalen dschihadistischen Aufstand. Die Gewalt hat in den vergangenen Jahren auch die benachbarten Länder in der Sahel-Zone erreicht. Tausende Soldaten und Zivilisten wurden in der Krisenregion getötet, Hunderttausende Menschen mussten aus ihrer Heimat fliehen.
Die UN-Mission MINUSMA versucht mit mehr als 14.000 Soldaten aus 56 verschiedenen Ländern, einen Frieden in Mali zu sichern. Auch rund 900 Bundeswehrsoldaten und Bundespolizisten nehmen derzeit an MINUSMA teil. Die EU ist mit einer Trainingsmission (EUTM) ebenfalls in Mali vertreten, an dieser Mission ist die Bundeswehr mit etwa 170 Soldaten beteiligt. Am Donnerstag entsandte Großbritannien 300 Soldaten nach Mali.
rb/se (afp, ARD, epd)