E-Golfs aus Dresden
17. November 2016Bis zum vergangenen Jahr wurde in der futuristisch anmutenden Fabrik aus Glas in Dresden ein Luxus-VW gebaut, den aber zu seinem hohen Preis kaum jemand haben wollte. Die Produktion des Modells "Phaeton" wurde im März letzten Jahres eingestellt, die Beschäftigten mussten gehen oder wurden auf andere VW-Fabriken in Sachsen verteilt. Jetzt dürfen ein paar Hundert von ihnen zurück und den e-Golf bauen.
Die Elektroversion des wichtigsten Autos von VW soll ab kommendem April in Dresden vom Band laufen. Für den Bau von Elektroautos braucht man weniger Arbeiter als für die klassischen Autos mit Diesel- und Benzinmotoren. Wie viele Beschäftigte in Dresden wieder Arbeit finden werden, gab VW am Mittwoch noch nicht bekannt.
"Erlebnisfertigung"
Jedenfalls will der Konzern mehr als 20 Millionen Euro in den Umbau der Fabrik stecken. Sie soll zu einem sogenannten "Center of Future Mobility" werden. Siegfried Fiebig von VW-Sachsen spricht denn auch von einer "Erlebnisfertigung eines Elektro-Modells". Der Elektro-Golf wird auch noch im Stammwerk in Wolfsburg gebaut.
Bis zum Jahr 2025 will Volkswagen mit seinen 12 verschiedenen Marken rund 30 Elektro-Modelle auf den Markt bringen und dafür Milliarden investieren. Allein in China, einem wichtigen Markt auch für den deutschen Konzern, will VW ab 2020 rund 400.000 Autos mit Elektro- oder Hybridmotor verkaufen. Das kündigte VW im Vorfeld der Branchenmesse von Guangzhou an.
Wie genau die Strategie für den ganzen Konzern aussehen soll, könnte noch in dieser Woche anlässlich einer Sitzung des Aufsichtsrats bekannt werden. Das Geld für die Elektro-Offensive muss VW aber - wie die anderen Autobauer auch - mit seinen herkömmlichen Modellen verdienen. Bisher hat weltweit nur eins von 100 neuen Autos einen reinen Elektroantrieb.
Minus 7,9 Prozent
Die Hälfte des VW-Konzernumsatzes von rund 200 Milliarden Euro kommt derzeit von der Marke Volkswagen. Und die Marke spürt besonders deutlich die Folgen des Dieselskandals. Vor gut einem Jahr wurde bekannt, dass der Konzern gezielt die Abgaswerte seiner Diesel-Modelle manipuliert hatte. Das schlägt sich in den Absatzzahlen nieder. Nach den jüngsten Angaben des europäischen Branchenverbands ACEA hat die Kernmarke VW auch im Oktober Marktanteile verloren: Das Minus lag bei 7,9 Prozent.
Während also die "Gläserne Manufaktur" in Dresden wieder herausgeputzt wird, muss anderweitig bei Volkswagen gespart werden. In den Medien kursieren allein für Deutschland Zahlen in Höhe von drei Milliarden Euro Sparvorgaben pro Jahr nur für die Kernmarke VW. Die Fabrik in Dresden bewährt sich derweil als Schaufenster schon jetzt, auch wenn dort derzeit gar keine Autos gebaut werden: Eine Ausstellung zu "Elektromobilität und Digitalisierung", die dort seit einem Jahr gezeigt wird, haben mehr als 75.000 Besucher gesehen.
ar/hb (dpa, afp, VW, SZ)