Dresdener Schatzkammer in neuem Glanz
3. September 2006Alles habe den Krieg überstanden und sei in Russland gewesen, sagt die Kuratorin Jutta Kappel. Dann seien die Exponate zurückgekehrt, gut behütet in den Depots gewesen und schließlich hervorragend restauriert worden. "Und was jetzt so mit leichter Hand arrangiert ausschaut, ist wirklich das Resultat härtester Arbeit."
Kuratorin Jutta Kappel hat denn auch gar nichts dagegen, wenn man die Wiedereröffnung des Historischen Grünen Gewölbes als ein Wunder bezeichnet. Wäre die Ruine des 1945 stark zerstörten Dresdener Schlosses abgerissen worden, wie zu DDR-Zeiten durchaus erwogen wurde, dann hätte eine der weltweit prachtvollsten Schatzsammlungen ihr einmaliges Gehäuse verloren.
Umfassende Restaurierung für 45 Millionen Euro
In den Räumen im Erdgeschoss der Residenz hat August der Starke, Kurfürst von Sachsen, zu Beginn des 18. Jahrhunderts seine Vision von einem barocken Gesamtkunstwerk verwirklicht; der Freistaat Sachsen ließ sie in den letzten Jahren für rund 45 Millionen Euro restaurieren.
Tatsächlich ist dabei ein hochrangiges Gesamtkunstwerk entstanden, wie der Besucher feststellt, sobald er den begehbaren Tresor der Kostbarkeiten durch eine Staub- und Klimaschleuse betreten hat. Im ersten Kabinett bildet schimmernder, grüner Marmor aus Sachsen, sogenannter Serpentin, einen Kontrast zu lichtscheuen Bernsteinexponaten, die seit dem Verlust des legendären Bernsteinzimmers weltweit ihresgleichen suchen. Daran schließen sich Augusts Elfenbeinzimmer mit mehr als zweihundert Kunstwerken und das Weißsilberzimmer an. Mit dem silbervergoldeten Zimmer gilt es schließlich, einen Festsaal der Renaissance zu bewundern. Die Kuratorin staunt immer wieder, wie der König diese Idee haben konnte: "Also, nach Materialgruppen zu gliedern und diesen Rundgang dramaturgisch anzulegen - das ist einfach genial. Es gibt nichts, was man daran hätte besser machen können."
Unbeschreibliche Schönheit
Die Vielfalt des Schatzes ist nahezu unbeschreiblich. Silbervergoldete Nymphen, phantasievoll verzierte Straußeneipokale, Elfenbeinfregatten, massiv goldene, emaillierte Tassen, Zierkannen, Dosen, Juwelen, Perlen und Putten. August der Starke liebte die Künste und plünderte für sie die Staatskassen. Und verfügte, dass seine in vier Jahrzehnten angesammelten Schätze in eigens für sie gestalteten Museumsräumen öffentlich zugänglich gemacht wurden – im Spätbarock eine unerhörte Neuerung.
Kappel erklärt: "August der Starke hat sich nicht nur als hervorragender Sammler an seinen Stücken erfreut, sondern es war natürlich auch eine Möglichkeit zu zeigen: schaut her, was ich bin! Das war ein Zeichen von Macht, von königlicher Macht."
Und die hat der Regent dank der Strahlkraft seines Schatzes auch politisch zu nutzen gewusst. Einer, der so viel vorzeigen konnte, konnte auch König von Polen werden. 100 Besucher pro Stunde dürfen sich künftig vom Gesamtkunstwerk Grünes Gewölbe betören lassen. Die Reservierungen reichen schon jetzt bis in den Sommer des nächsten Jahres hinein.