Erinnern in Dresden
13. Februar 2005Der Buchladen am Dresdner Altmarkt bietet das Gedenken in Fotobänden an: "Als Dresden im Feuersturm versank" oder "So schön war Dresden" - in Deutsch und Englisch. Guten Absatz findet auch ein Buch von Franz Kurowski, das die anglo-amerikanischen Luftangriffe als "Massaker ohne militärischen Sinn" verurteilt. Und auch das Werk des britischen Autors Frederick Taylor fehlt nicht: Er hält das Dresden von 1945 für ein legitimes militärisches Angriffsziel. Dafür wurde er bei einer Lesung in der Stadt von Rechtsradikalen angefeindet.
Matthias Neutzner, Sprecher einer Gruppe von Dresdner Bürgern, die seit Jahren das Gedenken an den 13. Februar mit organisiert, hält dagegen. "Natürlich war das, was damals geschehen ist, nicht militärisch sinnlos, sondern diese Entscheidungen sind in einer Situation gefallen, in der Deutschland beileibe noch nicht besiegt war", gibt er zu bedenken. "Keiner, auch nicht die Militärs, konnten das Ende des Krieges exakt absehen." Selbstverständlich hieße das jetzt aber nicht, dass es moralisch vertretbar gewesen wäre, auf diese Art und Weise Krieg zu führen, stellt Neutzner klar.
Streit um das Gedenken
Rechtsradikale rufen zu einem Trauermarsch für die deutschen Opfer des, wie sie formulieren, "alliierten Bombenterrors". Dagegen wollen eine Bürgerinitiative und Kirchen, wie seit Jahrzehnten, ein Zeichen der Versöhnung setzen. Stephan Fritz ist Pfarrer der 1945 zerstörten Frauenkirche, deren Wiederaufbau im Herbst 2005 vollendet sein wird. Er nennt drei Leitgedanken für das Erinnern an die Bombennacht vom 13./14. Februar 1945. "Der erste ist: Wer vom Leid Dresdens spricht, darf von der Schuld des Krieges, die vorausgegangen ist, nicht schweigen. Der zweite ist: Dieser Tag taugt nicht zum Schuldaufrechnen. Und drittens: Wer sich des Leides von vor 60 Jahren erinnert, der muss sensibel sein für Gewalt, Krieg, Rassismus und Unrecht in unserer Zeit und tun was er kann, um dem zu begegnen."
Traditionell finden auf dem Dresdner Altmarkt - jenem Ort, wo vor 60 Jahren auf riesigen Scheiterhaufen die Leichen tausender Opfer des anglo-amerikanischen Luftangriffs verbrannt wurden - die Gedenkfeiern statt. Pfarrer Fritz weiß, dass es manchem, der den Feuersturm erlebt hat, auch heute noch schwer fällt, die Emotionen zurückzudrängen. "Die Opfer haben natürlich das Recht, ihr eigenes Schicksal und ihre eigene Trauer zu artikulieren. Schwieriger wird es, wenn sich darauf Mythisierungen legen", gibt er zu bedenken. "Einer dieser Mythen ist, dass Dresden eine völlig unschuldige Stadt gewesen sei, eine Kulturstadt ohne militärische Bedeutung." Dem ist nicht so: Auch in Dresden war ein großes Eisenbahnkreuz, auch in dieser Stadt hat es nationalsozialistische Verbrechen gegeben. Im Umland standen Rüstungsfabriken. "Das sollten wir aber dann auch nicht verschweigen", mahnt Fritz.
Wie viele Menschen bei den Bombardierungen starben, das kann keiner genau sagen. Seriöse Schätzungen gehen von 35.000 Opfern binnen zwei Tagen aus. Weil aber viele Tausend nichtangemeldete Flüchtlinge in der Stadt waren, kursieren noch immer Berichte über 200.000 oder gar 300.000 Tote. Die Stadt Dresden hat jetzt eine Kommission eingesetzt, um die Wahrheit herauszufinden.