Dreister Wahlsieg in Äthiopien
27. Mai 2010Die Opposition in Äthiopien will das Ergebnis der Parlamentswahl nicht anerkennen. In einem Brief an die Wahlkommission bat Oppositionsführer Hailu Shawel um eine Wiederholung der Wahl. Er warf der Regierungspartei EPRDF von Ministerpräsident Meles Zenawi vor, Wähler und Kandidaten eingeschüchtert zu haben. "Der Wahlprozess hat den demokratischen Prozess nicht gestärkt, sondern war ein Rückschritt auf dem Weg zur Demokratie", sagte Shawel am Mittwoch in Addis Abeba.
Dass die Wahlergebnisse stimmen, glaubt im Oppositionslager niemand. Der Vorsitzende des größten Oppositionsbündnisses Medrek (Forum), Merera Gudina, spricht von offensichtlichen Fälschungen:"Ich sehe keinen Grund, warum wir diese Zahlen akzeptieren sollten." Was Medrek jetzt tun wird, ist noch unklar.
Internationale Kritik
Auch internationale Beobachter äußerten Kritik. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch berichtete, den Wählern sei damit gedroht worden, dass ihnen Nahrungsmittelhilfen, Stellen im öffentlichen Dienst, Darlehen oder Ausbildungschancen verwehrt würden, wenn sie nicht die Regierungspartei wählten. Und der Leiter der EU-Wahlbeobachtermission, Thijs Berman, erklärte nach den Wahlen zynisch: "Alle waren gleich, aber manche waren gleicher als andere". Die Oppositionsparteien seien im Wahlkampf klar benachteiligt worden.
Selbst die USA, die Zenawi wegen seiner Unterstützung im "Kampf gegen den Terror" in Somalia verpflichtet sind, kritisierten die Wahlen. "Wir haben mit Bedauern feststellen müssen, dass die Abstimmung nicht internationalen Standards entsprochen hat", erklärteder für Afrika zuständige Vize-Außenminister Johnnie Carson.
Repressiver Staat
Dass die EPRDF den Sieg für sich beansprucht, wundert Bürgerrechtler in Äthiopien nicht. "Seit den Wahlen vor fünf Jahren wurden alle Kritiker mundtot gemacht, die meisten Oppositionsführer sind entweder in Haft oder im Exil", sagt ein äthiopischer Umweltaktivist. Ein rigides Pressegesetz, ein weiteres zur Gängelung von Nichtregierungsorganisationen und eine "Anti-Terror-Verordnung", die jeden Kritiker des Staats zum potenziellen Terroristen erklärt, hat Äthiopien in den vergangenen Jahren in einen repressiven Einparteienstaat verwandelt.
Ein Sprecher der Regierung von Ministerpräsident Meles Zenawi wies hingegen alle Vorwürfe zurück und sagte, es habe keine Unregelmäßigkeiten gegeben. Die Wahlen seien frei und fair gewesen. Außerdem warnte Zenawi persönlich seine Kritiker: "Die Entscheidung des Volkes kann nicht durch ausländische Kritiker außer Kraft gesetzt werden". Alle Äthiopier sollten seinen Sieg akzeptieren und aufhören, die Regierung zu kritisieren.
Autorin: Klaudia Pape (epd/ap/dpa)
Redaktion: Katrin Ogunsade