Trump - Liebling der Hardliner im Iran
5. Januar 2017"Sollte Hassan Rohani bei den Präsidentschaftswahlen im Mai 2017 wiedergewählt werden, werden wir in fünf bis sechs Jahren einen anderen Iran erleben." Das prophezeite Generalmajor Herzi Halevi, der Chef des israelischen Militärgeheimdienstes, Ende November vor Studenten an der Uni in Tel Aviv. Rohani habe die Bedürfnisse der Bürger seines Landes besser verstanden als alle anderen iranischen Politiker.
Ob es jedoch zur Wiederwahl Rohanis kommt, ist fraglich. Denn innenpolitisch sieht sich der iranische Präsident heftiger Kritik ausgesetzt. Und nun steht auch noch sein wichtigster außenpolitischer Erfolg - die Unterzeichnung des Atomabkommens und das damit verbundene Ende der internationalen Sanktionen - auf wackeligen Füßen.
Trump ermutigt die Hardliner im Iran
Der noch amtierende US-Präsident Barack Obama hatte stets für das Atomabkommen geworben. Für ihn macht es die Welt zu einem "sichereren Ort". Sein Nachfolger Donald Trump hat hingegen wiederholt angekündigt, das Abkommen mit Teheran kippen zu wollen. Es sei der "schlechteste Deal, der je ausgehandelt wurde".
Diese Einschätzung teilen auch die Hardliner im Iran: "Befreie uns von dem Atomabkommen", wandte sich Hossein Shariatmadari, Chefredakteur der konservativen Teheraner Zeitung Keyhan, an die Adresse Trumps. "Wir haben nichts davon." Shariatmadari gilt als Berater des religiösen Führers Ayatollah Khamenei. Er und andere Hardliner im Iran haben Trumps Sieg bei den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen begrüßt.
Reformorientierte Regierung unter Druck
Sollte Trump, wie angekündigt, das Atomabkommen kippen, wird er Rohani bis zu den Wahlen im Mai in ernsthafte Schwierigkeiten bringen. Die konservativen Machtzentren wollen Rohanis Wiederwahl verhindern. Vor allem die mächtigen Revolutionsgarden sind gegen ihn. Sie profitieren schon seit über 30 Jahren von der Schattenwirtschaft, die unter den Sanktionen gegen den Iran floriert, und sind in allen Wirtschaftssektoren vom Straßenbau bis zur Ölförderung aktiv. Eine Normalisierung des Verhältnisses zwischen dem Iran und den USA würde ihren wirtschaftlichen Interessen ebenso schaden wie Rohanis Pläne, die heimische Wirtschaft so schnell wie möglich zu liberalisieren.
Für die Öffnung des Iran ist das geschlossene Atomabkommen der Schlüssel. Mit dem Abkommen wurde das hoch angereicherte Uran wieder unschädlich gemacht. Der Iran hatte nach Einschätzung der internationalen Atomenergiebehörde in den vergangenen Jahren genug spaltbares Material produziert, um in kurzer Zeit Nuklearwaffen herzustellen.
Sollte diese Vereinbarung gekippt werden, so die Befürchtung im Westen, könnte der Iran sein Atomprogramm wieder aufnehmen. Deshalb haben über 30 renommierte US-Wissenschaftler in einem Brief den designierten US-Präsidenten aufgefordert, am Abkommen mit dem Iran festzuhalten.
Iranische Gesellschaft sucht den Dialog
Trumps Ankündigung beunruhigt auch die iranische Zivilgesellschaft. "Wir haben das Atomabkommen unterstützt, weil wir keinen Krieg wollen", sagt Nasrin Sotoudeh im Gespräch mit der Deutschen Welle. Die renommierte Menschenrechtsaktivistin aus Teheran hatte sich in einer Befragung einen Erfolg der Verhandlungen gewünscht - ebenso wie 27 weitere prominente Dissidenten. Etliche saßen bereits mehrmals im Gefängnis.
"Wir haben nicht geglaubt, dass ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen automatisch die Menschenrechtslage im Iran verbessern würde", sagt die Anwältin Sotoudeh. "Das ist auch nicht geschehen. Aber wir stehen mehr nicht mehr vor einem Krieg. Und ich hoffe immer noch, dass die iranischen Regierung nach diesem Verhandlungserfolg auch mit ihren Kritikern im Land in Dialog tritt."
Angst vor neuen Sanktionen
Einige im Exil lebende Regimekritiker sehen das anders. Sie sehen die Lösung der Probleme im Iran in einem Regime-Wechsel, weil sie Rohanis Versöhnungspolitik für ein Hindernis halten. 30 iranische Exil-Dissidenten haben kürzlich Donald Trump in einem offenen Brief aufgefordert, das Atomabkommen aufzukündigen und den Iran wieder unter Sanktionen zu setzen.
Allerdings hat diese Gruppe kaum Rückhalt in der iranischen Gesellschaft: Ihr Brief wurde nur Stunden nach der Veröffentlichung in über 5000 Tweets heftig kritisiert. Drei Viertel davon wurden innerhalb des Iran gepostet. Viele verwiesen dabei auf ihre Erfahrungen unter dem Sanktionsregime, insbesondere auf den Mangel an lebensnotwendigen Medikamenten. Der hatte die Lebensbedingungen vieler Kranker, insbesondere von Krebspatienten, enorm verschlechtert.
"Wir werden dieses - nach jahrelangen Verhandlungen endlich geschlossene - Abkommen weiterhin verteidigen", sagt Trita Parsi, Präsident der in Washington ansässigen iranisch-amerikanischen Nichtregierungsorganisation NIAC im Gespräch mit der Deutschen Welle. NIAC gehört zu den einflussreichen Unterstützern der Atomverhandlungen. "Für uns ging es 2015 um Krieg oder Frieden", so Parsi. "Das hat sich bis heute nicht geändert."