Die Spur der Flut
15. August 2002In Sachsen starben mindestens acht Menschen bei den Unwettern und ihren Folgen, 95 wurden verletzt. Von der Versorgung abgeschnittene Orte im Erzgebirge sollten voraussichtlich erst in der Nacht zum Donnerstag wieder erreichbar sein. Auch in Baden-Württemberg wurde nach Überschwemmungen in den vergangenen Tagen ein Ertrunkener gefunden.
In Ostdeutschland werde sich die Situation in den nächsten Tagen noch dramatisch verschlimmern, warnten Meteorologen. Am Mittwochabend (14. August 2002) stieg die Angst vor der zerstörerischen Kraft der Fluten und Deichbrüchen besonders in Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Nach dem Anschwellen der Mulde bei Dessau und im Kreis Bitterfeld rauschen nun auch in der Elbe Wassermassen heran. Im Raum Bitterfeld arbeiteten Einsatzkräfte mit Hochdruck daran, den Deich bei Greppin mit Sandsäcken zu sichern, der einen Chemiepark vor den Fluten schützen soll.
Unaufhaltsame Wassermassen
Die Wassermassen bahnten sich in Sachsen-Anhalt unaufhaltsam ihren Weg: Im Landkreis Bitterfeld trat die Mulde bereits über die Ufer und überschwemmte die Orte Jeßnitz und Raguhn. Eine Evakuierungsaktion für 7000 Bewohner war am Vorabend angelaufen. In den Katastrophen-Zonen Dessaus waren mehr als 700 Helfer im Einsatz. Dort schwoll die Mulde auch am Abend weiter an, es gab einen Dammbruch. Auch im weiteren Verlauf der Elbe, etwa in Magdeburg, begannen die Behörden, sich auf eine mögliche Katastrophe vorzubereiten. Auf Brandenburg rollten die Wassermassen der Elbe ebenfalls zu.
Dresden, Pirna und die Sächsische Schweiz rüsteten sich gegen neue Fluten. In Sachsen sollten am Donnerstag Tornados der Luftwaffe mit ihren Spezialkameras bei der Ermittlung der Überschwemmungsschäden helfen. Die Bundeswehr bereitete sich darauf vor, mehrere Krankenhäuser Dresdens zu evakuieren. Der Krisenstab der Stadt wollte am Abend über die Großaktion entscheiden. Ein Airbus und andere Maschinen wurden in die Stadt verlegt, teilte das Verteidigungsministerium mit.
Glück in der Prager Altstadt
Weite Teile Prags standen am Mittwoch unter Wasser, allerdings schien die historische Altstadt nicht den befürchteten Schaden genommen zu haben. Der Pegel der Moldau stagnierte am Mittag. Eine völlige Entwarnung konnte jedoch nicht gegeben werden. In Prag ließ die Feuerwehr weitere Bezirke evakuieren. Davon waren auch viele Hotels mit Touristen betroffen. Während sich im südböhmischen Raum Budweis die Lage langsam entspannte, wurde es in der nordböhmischen Grenzregion zu Sachsen am Abend immer kritischer. Bislang starben bei den Überschwemmungen in Tschechien zehn Menschen. 200.000 mussten aus ihren Wohnungen in Sicherheit gebracht werden.
Aus Sorge vor neuen Unwettern ließen die Behörden an der südrussischen Schwarzmeerküste Badestrände und Zeltplätze räumen. Das örtliche Wetteramt warnte dort vor einem Wirbelsturm. Nach den Unwettern der vergangenen Woche stieg die Zahl der geborgenen Todesopfer am Mittwoch auf 62. Mindestens 15 Menschen wurden vermisst.
In Österreich schien hingegen das Schlimmste überstanden. In den überschwemmten Regionen entstanden Milliardenschäden. Die österreichische Bundesregierung wird den Opfern als Soforthilfe 650 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Überraschend schnell entspannte sich in der Nacht auch die Situation im bayerischen Passau. Im Freistaat blieb der Katastrophenalarm in zahlreichen Landkreisen und Städten bestehen.