Die schwierige Hilfe für Syriens Flüchtlinge
30. März 2013Sie fliehen vor Schießereien, Folter und Bombenterror: Mehr als 8000 Menschen verlassen Syrien täglich in Richtung Jordanien, Libanon, Türkei, Irak oder Ägypten. Allein die Zahl der offiziell registrierten Flüchtlinge aus Syrien liegt nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen UNHCR inzwischen bei fast 1,2 Millionen. Dazu kommen hunderttausende bisher nicht offiziell registrierte Flüchtlinge.
"Es ist unglaublich schwer, einer solchen Masse von Menschen gerecht zu werden", sagt Vera Voss gegenüber der Deutschen Welle. Die Mitarbeiterin der Johanniter leitet die Aktivitäten der Hilfsorganisation in Jordanien und im Libanon. Die Helfer versuchen, zuerst die wichtigsten Bedürfnisse zu befriedigen: "Im Moment ist die ganz klassische Soforthilfe gefragt."
Auch die Hilfsorganisation World Vision verteilt im Libanon Decken, Öfen, Brennstoff, Lebensmittelgutscheine und Hygieneartikel. Mitarbeiter der Organisation führen Hygieneschulungen durch und versuchen, eine bessere Trinkwasser- und Sanitärversorgung sicherzustellen.
Doch die Geflohenen, nach Angaben des UNHCR etwa zur Hälfte Kinder, benötigen mehr als nur das Überlebensnotwendige: In der libanesischen Bekaa-Region hat World Vision Klassenräume gebaut und Kinderschutzzentren errichtet, in denen vom Krieg traumatisierte Mädchen und Jungen betreut werden.
Unsichtbare Flüchtlinge
Doch die Helfer stoßen an ihre Grenzen, denn immer mehr Flüchtlinge müssen an immer mehr Orten versorgt werden. In Jordanien sind etwa 80 Prozent der geflohenen Menschen aus Syrien nicht in Flüchtlingslagern einquartiert. Auch in der Türkei und im Irak kommt nur ein Teil der Flüchtlinge in den großen Lagern unter. Die Mehrheit lebt außerhalb der offiziellen Lager.
Im Libanon gibt es überhaupt keine offiziellen Lager für die geflohenen Syrer. Und das, obwohl im Zedernstaat mit 375.000 offiziell erfassten Flüchtlingen so viele Menschen aus Syrien Schutz gesucht haben, wie in keinem anderen Nachbarland. Die Flüchtlinge sind auf über 900 Städte und Gemeinden im ganzen Land verteilt. Wer keine Zuflucht bei Freunden, Verwandten oder Gastfamilien findet und die zunehmend steigenden Mieten für Wohnungen und Häuser nicht bezahlen kann, lebt in Notunterkünften oder Elendsquartieren, zumeist ohne Heizung, Strom-, und Wasserversorgung.
"Wir nennen sie die unsichtbaren Flüchtlinge, weil man sie eben nicht so klar sieht wie in einem Flüchtlingslager", sagt Marc-André Hensel vom Hilfswerk World Vision gegenüber der Deutschen Welle.
"Man versucht, die Haushalte zu finden, die am meisten Hilfe benötigen", beschreibt Hensel die Arbeit im Libanon. Denn die finanziellen Mittel der Helfer sind begrenzt. "Man bräuchte einfach mehr, um die Masse der Menschen erreichen zu können“.
Zu wenig für zu viele
Im Januar haben mehr als 40 Staaten rund 1,5 Milliarden Dollar für Syrien und dessen Nachbarländer zugesagt. Doch davon ist vor Ort bislang nicht viel zu spüren. Nur 30 Prozent der zugesagten Mittel sind laut UN-Flüchtlingskommissar António Guterres derzeit verfügbar. Einen Großteil der zugesagten Gelder habe man noch nicht erhalten, bestätigten die Sprecher zweier UN-Behörden.
Dabei sind die Hilfsorganisationen gerade auf öffentliche Gelder angewiesen, denn das Spendenaufkommen für Syrien ist bislang gering. Ein Grund dafür sei, dass die Situation der Flüchtlinge in der öffentlichen Wahrnehmung nicht besonders präsent ist, glauben Vertreter der deutschen Hilfsorganisationen. Die Berichterstattung über die militärische und politische Lage in und um Syrien sei vorherrschend. Einige der Hilfsorganisationen registrieren zwar seit Jahresbeginn einen Anstieg der Spenden, generell sei die Spendenbereitschaft bei Bürgerkriegen verglichen mit der bei Naturkatastrophen aber deutlich zurückhaltender.
Während das Deutsche Rote Kreuz (DRK) beispielsweise vor drei Jahren 32,7 Millionen Euro für Erdbebenopfer in Haiti und im Jahr 2011 vier Millionen Euro für die hungernde Bevölkerung Ostafrikas erhielt, beliefen sich die Spendeneinnahmen für Syrien im Jahr 2012 auf gerade einmal 200.000 Euro.