Die Rückkehr der Julia Timoschenko
27. März 2006Nach ersten Auszählungen kam die pro-russische Partei der Regionen von Viktor Janukowitsch auf etwa 27 Prozent. Auf Platz zwei lag mit etwa 23 Prozent die Partei der früheren Ministerpräsidentin Julia Timoschenko, die Partei Unsere Ukraine von Präsident Viktor Juschtschenko erreichte weniger rund 16 Prozent. Da in den ukrainischen Regionen die Wahlergebnisse sich deutlich voneinander unterscheiden, können sich die Ergebnisse im Verlauf der Auszählung noch ändern.
Die Zentrale Wahlkommission erklärte am Montagmorgen (27.3.06), vorläufige Ergebnisse sollten erst am Dienstag bekannt gegeben werden. Der Vorsitzende Jaroslaw Dawydowitsch verwies auf Schwierigkeiten bei der Auszählung der Stimmen für die 45 Parteien, die zur Wahl angetreten waren.
Machtstreben
Timoschenko erklärte nach der Wahl, die liberalen Kräfte hätten sich praktisch bereits auf eine Koalition verständigt, um an die Erfolge der Orangenen Revolution anzuknüpfen. Neben ihrem Block und Unsere Ukraine solle daran auch die Sozialistische Partei beteiligt sein, die Nachwahlbefragungen zufolge 5,4 Prozent der Stimmen für sich verbuchte. Gleichzeitig deutete Timoschenko an, bei einem solchen Bündnis das Amt der Regierungschefin übernehmen zu wollen.
Noch in der Wahlnacht hatten die zerstrittenen Führer der Orangenen Revolution, Juschtschenko und Timoschenko, wieder eine gemeinsame Regierung vereinbart. Sprecher der Präsidentenpartei erklärten, man werde eine Rückkehr Timoschenkos in das Amt der Ministerpräsidentin akzeptieren. Timoschenko sagte, sie wolle in der Regierung Änderungen an den umstrittenen Gasabkommen mit Russland durchsetzen.
Allerdings kündigte Juschtschenko an, dass er auch mit seinem früheren Kontrahenten Janukowitsch über eine mögliche Zusammenarbeit sprechen wolle.
Partner und Streit
Die charismatische Timoschenko hatte als Führerin der Massenproteste der Orangenen Revolution geholfen, Juschtschenko ins Präsidentenamt zu bringen. Zum Dank machte er sie zur Ministerpräsidentin, entließ sie aber im September 2005 nach internen Streitigkeiten. Im Wahlkampf warb Timoschenko vergeblich für eine Wiedervereinigung des orangenen Lagers. Bei einer Rückkehr an die Regierungsspitze hätte Timoschenko mehr Macht als zuvor, denn der Präsident musste in einer Verfassungsreform Befugnisse abgeben.
Im Vergleich zu der von Wahlfälschungen überschatteten Präsidentenwahl 2004 verlief die Abstimmung in Europas zweitgrößtem Land diesmal fast ohne Zwischenfälle. "Die ukrainische Staatsmacht hat alles getan, um freie und demokratische Wahlen zu ermöglichen", sagte Juschtschenko in Kiew. Allerdings sorgten die übergroßen, komplizierten Stimmzettel mit 45 Parteien allein für die Parlamentswahl landesweit für lange Schlangen in den Wahllokalen. Trotz der Probleme zogen Beobachter des Europaparlaments ein positives Fazit. Das war ein Sieg wirklich demokratischer Wahlen", sagte der frühere polnische Ministerpräsident Jerzy Buzek.
In Kiew scheiterte Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko mit seiner Kandidatur für das Amt des Bürgermeisters. Neuer Bürgermeister in der Millionenstadt wurde der Finanzier Leonid Tschernowizki. Seine Niederlage nahm Klischko aber sportlich: "So, wie man gewinnen können muss, muss man auch verlieren können", sagte er der Nachrichtenagentur Interfax. (stl/mas)