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Feindesland für illegale Einwanderer

Samira Shackle / sp26. August 2015

London stellt sich quer. Ausgerechnet in Europas größter Flüchtlingskrise will die britische Regierung illegale Zuwanderung hart bekämpfen. Das neue Gesetz hat heftige Debatten ausgelöst. Aus London Samira Shackle.

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Frankreich Flüchtlinge am Eurotunnel bei Calais
Bild: picture-alliance/empics/Y. Mok

"Es geht hier um Geschäftsbereiche, in denen sich Menschen mit Migrationshintergrund im ganzen Land etabliert haben", sagt der Direktor des Netzwerks für die Rechte von Migranten, Don Flynn. "Die Macht, ein Geschäft zu schließen, weil es die Papiere der Mitarbeiter nicht ausreichend geprüft hat, entspricht dem Ansatz, eine Nuss mit einem Vorschlaghammer zu knacken."

Die konservative Regierung von Premierminister David Cameron hatte sich bereits nach der Regierungsübernahme im Jahr 2010 für ein hartes Vorgehen gegen illegale Einwanderung entschieden. Ausgerechnet in Zeiten, in denen sich Europa mit der größten Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg konfrontiert sieht, hat sich die Haltung der Regierung noch weiter verhärtet.

Die jüngsten Details des neuen Zuwanderungsgesetzes wurden zusammen mit den neuen Zuwanderungszahlen verkündet. Im letzten Quartal im Jahr 2014 stieg die Nettozuwanderung auf 318.000 Menschen an - das höchste Niveau seit der Wahl 2010.

James Brokenshire Großbritannien Minister für Migration Porträt
Deutliche Worte: James Brokenshire, Minister für Migration, macht verbale Jagd auf FlüchtlingeBild: picture-alliance/dpa/I. Langsdon

Konservative unter Druck

Die aktuellen Zahlen sind durchaus problematisch für eine Regierung, die versprochen hatte, die Zahl der Zuwanderer deutlich zu reduzieren. Die harten Maßnahmen sollen deshalb jeglicher Kritik zuvorkommen.

"All jene, die Großbritannien für zu nachgiebig halten, sollten sich über eines klar sein", sagte der britische Migrations-Staatssekretär James Brokenshire: "Wenn ihr illegal hier seid, dann werden wir Euch daran hindern, zu arbeiten, eine Wohnung zu mieten, ein Bankkonto zu eröffnen und ein Auto zu fahren."

Experten bezweifeln, dass die angekündigten Maßnahmen einen maßgeblichen Effekt auf die Zahl der Zuwanderer haben werden. Denn bereits jetzt besteht für jeden, der illegal in Großbritannien arbeitet, das Risiko einer Abschiebung. Abschreckend genug, meinen viele.

Ein Mitarbeiter der britischen Einwanderungsbehörde steht vor einem Fahrzeug (Foto: Laura Lean/PA)
Die neuen Maßnahmen ermöglichen es den Behörden, noch härter als bisher gegen Illegale vorzugehenBild: picture alliance/PA Wire/Laura Lean/

"Einwanderer ohne gültige Dokumente sehen sich in Großbritannien bereits jetzt einer feindseligen Umgebung ausgesetzt", sagt Laura Howard, die ehrenamtlich in einem Flüchtlingsheim in London hilft. "Es ist daher kaum zu verstehen, welchen Zweck man mit diesen neuen Maßnahmen verfolgt. Außer, ständig zu wiederholen, dass Menschen, die vor Krieg und Leid fliehen, hier nicht willkommen sind."

Nach Erfahrung der ehrenamtlichen Helferin treibt das harte Asylsystem viele Menschen zur Verzweiflung. Es sei ein Fehler, dass die Regeln nur darauf abzielten, Flüchtlingen jegliche Ansprüche zu verweigern.

Existenz im rechtsfreien Raum

"Wenn es nicht sicher ist, sie in ihre Heimatländer zurückzuschicken, sind sie im Niemandsland gefangen - ohne das Recht auf staatliche Unterstützung, aber auch ohne die Möglichkeit zu arbeiten und Steuern zu zahlen, was die meisten von ihnen machen würden. Welchen Sinn hat es, sie immer weiter in die Schattenwirtschaft zu treiben?"

Einige Organisationen - unter ihnen der einwanderungsfeindliche Think Tank "Migration Watch UK" - loben den neuen Gesetzesentwurf und fordern die Behörden dazu auf, ihre neuen Befugnisse auch zu nutzen. Andere streiten darüber, ob die Maßnahmen tatsächlich angemessen sind.

"Studien über die Auswirkung von illegaler Beschäftigung haben keinen Nachweis für unsoziale Effekte erbracht, die derartige Strafen rechtfertigen würden", sagt Don Flynn und kritisiert die im Gesetz vorgeschlagene bis zu sechsmonatige Haftstrafe. Durch die schlechte Handhabung der Regierung seien Migranten bereits anfällig genug für illegalen Handel und Ausbeutung, findet er.

Ein Flüchtling aus Ruanda blickt bei Calais auf die Gleise, die zum Eurotunnel führen (Foto: REUTERS/Pascal Rossignol TPX)
In Frankreich hoffen Tausende Flüchtlinge über den Ärmelkanal nach Großbritannien zu gelangenBild: Reuters/P. Rossignol

Vermieter als Kontrolleure

Die harte Bestrafung illegaler Beschäftigung ist nur das letzte Anhängsel des kommenden Zuwanderungsgesetzes. Bereits vorher hatte die Regierung angekündigt, dass von Vermietern in England erwartet werde, Mieter hinauszuwerfen, die ihr Recht auf Aufenthalt in Großbritannien verloren haben.

Wird ein Asylantrag abgelehnt, werden die Vermieter ermächtigt, das Mietverhältnis einseitig zu beenden - teilweise ohne Gerichtsbeschluss. Zudem wird von ihnen verlangt, den Aufenthaltsstatus eines neuen Mieters vor Vertragsabschluss zu überprüfen.

Jon Sparkes fürchtet Missbrauch. "Wenn Vermieter Menschen ohne gültige Aufenthaltserlaubnis einfacher auf die Straße setzen können, dann könnten wir bald eine Menge Menschen ohne Dach über dem Kopf haben", sagt der Geschäftsführer von Crisis, einem Wohlfahrtsverband für Obdachlose.

"Die Regierung muss uns versichern, dass es Pläne gibt, damit all jene, die nicht nach Hause zurückkehren können, nicht obdachlos werden. Wir brauchen zudem Maßnahmen, die sicherstellen, dass die neuen Rechte nicht missbraucht werden, um Mieter loszuwerden, die eine gültige Aufenthaltserlaubnis besitzen."

Es gibt Berichte darüber, dass Einwanderungsbehörden für die kommenden Monate Razzien von Baustellen, Pflegeheimen und Reinigungsfirmen vorbereiten. "Das ist Symbolpolitik", glaubt Flüchtlingshelferin Laura Howard. "Das wird wenige Auswirkungen haben. Außer, dass sich verzweifelte Menschen nun noch stärker vom Staat verfolgt fühlen."