Die Folgen der Bayern-Wahl
15. Oktober 20181. CSU verliert ihre Sonderrolle
Die CSU, Angela Merkels Schwesterpartei in Bayern, hat ihre absolute Mehrheit im Landesparlament in München verloren. Jedoch waren die Verluste nicht so hoch, wie es Umfragen prophezeit hatten. Dennoch brauchen die Christsozialen jetzt einen Koalitionspartner. Das war über viele Jahrzehnte in der Regel nicht der Fall.
2. Schwarz-schwarze Koalition in Bayern wahrscheinlich
Wahrscheinlich wird es nun eine schwarz-schwarze Koalition zwischen der CSU und den Freien Wählern (FW) geben - das ist eine regionale und konservative Wählervereinigung, die der CSU politisch sehr nahe steht. Eine Koalition aus CSU und FW müsste keine großen inhaltlichen Differenzen überwinden und könnte gut funktionieren. Sie hat noch einen anderen Vorteil aus Sicht der CSU. Auf Bundesebene bildet die CSU zusammen mit Merkels Christdemokraten (CDU) eine Koalitionsgemeinschaft. Da die FW bundesweit nicht auftritt, muss die CSU dort vergleichsweise weniger Rücksicht auf ihren bayerischen Koalitionspartner nehmen.
3. AfD stark, aber unter Bundesschnitt
Die rechtspopulistische AfD ist zwar - knapp - zweistellig geworden, aber unter ihrem Wahlziel geblieben. Die bundesweiten Umfragewerte liegen höher. Offiziell sagt die AfD, das läge an der Konkurrenz durch die FW. Inoffiziell heißt es, der schlechte innere Zustand des Landesverbandes trage eine Mitschuld. Denn die AfD Bayern konnte sich nicht auf einen Spitzenkandidaten einigen, weil sie zerstritten ist. Dennoch ist es nun das 15 Landesparlament, in das die AfD einzieht. In zwei Wochen sind Wahlen im Bundesland Hessen, danach wird die AfD wohl in allen 16 Landesparlamenten sitzen.
4. Grüne auf dem Weg zu einer neuen Volkspartei
Rechnerisch wäre auch eine Koalition mit den Grünen möglich, die ihr Wahlergebnis verdoppeln konnten. Die Partei hat viele Stimmen von den klassischen Volksparteien - CSU und SPD - bekommen. In vielen Großstädten ist sie inzwischen zur stärksten Kraft geworden. Die Grünen entwickeln sich in Bayern wie in vielen anderen westlichen Bundesländern zu einer neuen starken Stimme der Mitte - und damit auch zu einer Konkurrenz für CSU und SPD. Rechnerisch hätte auch eine Koalition CSU und Grüne eine Mehrheit. Allerdings liegen zwischen beiden Parteien inhaltlich - vor allem an der Basis - noch Welten.
5. CSU-Spitze unter Druck
Eine Personaldiskussion nach dem "dicken blauen Auge" versucht die CSU nicht aufkommen zu lassen. CSU-Ministerpräsident Markus Söder ist erst seit einem halben Jahr im Amt. Horst Seehofer, Parteivorsitzender und Bundesinnenminister im Kabinett von Merkel, ist noch bis Ende 2019 als Parteivorsitzender gewählt. Beide, Söder und Seehofer, wollen weitermachen. Söder hat allerdings schon lange Interesse am Posten des Parteivorsitzenden. Ob an der CSU-Basis die Forderung nach personellen Konsequenzen aus der Wahlniederlage nicht doch stärker als in der Parteiführung gestellt wird, muss abgewartet werden.
6. Kein gutes Ergebnis für Angela Merkel
Auch die Position von Kanzlerin Angela Merkel, sowieso parteiintern geschwächt, ist nun wieder etwas schlechter geworden. Wie schlecht, das wird sich noch zeigen. Entscheidend wird sein, wie sehr die Verlierer die Schuld nach Berlin schieben werden. Und ob die Personaldiskussion in der CSU aufflammen wird oder nicht.
7. Düstere Aussichten für die Sozialdemokraten
Für die Sozialdemokraten (SPD) ist die Wahl ebenfalls eine große Niederlage. Zwar ist die SPD sowieso nie besonders stark im konservativen Bayern gewesen, aber ein einstelliges Ergebnis wie jetzt ist dann doch historisch schlecht. Ihre Fraktion im Landesparlament ist nur noch die fünftstärkste.
8. Neuwahlen im Bund?
In der Diskussion über die Gründe der Wahlniederlagen verweisen CSU und SPD auf die schlechte Performance der Bundesregierung. Der dortige Streit über die Themen Flüchtlingspolitik und Innere Sicherheit sei kontraproduktiv gewesen. Deshalb hieß es gleich nach der Wahl, auch von der CDU, die Regierungskoalition in Berlin müsse nun besser zusammenarbeiten. Vor allem die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles will hier eine Änderung - sie spielt sogar mit dem Bruch der Koalition in Berlin, was Neuwahlen zur Folge hätte. Vor allem der linke Flügel der SPD macht Druck, der von Anfang an eine Koalition mit CDU/CSU ablehnte. Doch die SPD hat bundesweit derzeit noch schlechtere Werte als bei der letzten Bundestagswahl. Das macht eine Neuwahl aus SPD-Sicht wenig attraktiv.
9. FDP auf Konsolidierungskurs
Die Liberalen von der FDP haben es knapp ins bayerische Parlament geschafft und sind nun wieder in zehn Landesparlamenten vertreten. Die FDP war schon einmal Koalitionspartner der CSU. Auch jetzt könnten beide Parteien koalieren, müssen es wohl aber nicht. Denn eine Zweierkoalition aus CSU und FW hätte die Mehrheit.
10. Klassische Volksparteien unter Druck
Das Wahlergebnis bestätigt einen Trend: Die klassischen Volksparteien verlieren, wie in anderen europäischen Staaten auch, an Zustimmung. Dafür gewinnen die politischen Ränder – wie die AFD – aber auch neue Mitte-Parteien - wie die Grünen – dazu.