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Die Erde ist überlastet

Karin Jäger13. August 2015

Im Jahr 2000 war es am 1. Oktober so weit, 2015 sind die jährlichen Ressourcen der Erde für die Menschen schon am 13. August verbraucht. Nur durch Änderung unserer Lebensweise kann der Planet regenerieren.

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Poster zum Erdüberlastungstag 2015
Bild: INKOTA-Netzwerk

"Ich bin die einzige, ich bin überlastet", antwortet Christine Pohl auf die Frage, wie die Erde ihr Befinden beschreiben würde, könnte sie sprechen. Denn auch in diesem Jahr sind die nachhaltig nutzbaren Ressourcen des Planeten für 2015 längst verbraucht. "Ab diesem Donnerstag (13.08.2015) leben wir auf Pump", beschreibt Rolf Buschmann, Experte für Ressourcenschutz beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) den globalen ökologischen Zustand.

1,5 Erden bräuchte die Weltbevölkerung derzeit, um den weltweiten Bedarf an Rohstoffen, Ackerland, Wasser und Wäldern nachhaltig zu decken.

Würden alle Länder weltweit so wirtschaften wie Deutschland, wären sogar 2,6 Planeten notwendig. Der "ökologische Fußabdruck" eines Deutschen ist zwar deutlich kleiner als der eines US-Amerikaners. Dennoch liegt Deutschland auf Rang 34 - und damit im obersten Viertel aller untersuchten Länder (182). Ein Inder dagegen verbraucht nur die Hälfte der jährlich nachhaltig nutzbaren Ressourcen der Erde.

Christine Pohl (Foto: privat).
Pohl: "Bundesregierung muss auf Suffizienz setzen."Bild: privat

Der "ökologische Fußabdruck" wird vom Global Footprint Network berechnet. "Ein hochkomplexes Verfahren, bei dem 6000 Parameter verarbeitet und verglichen werden", erklärt Pohl, Sprecherin des INKOTA-Netzwerks (INformation, KOordination, TAgungen zu Themen des Nord-Süd-Konflikts und der Konziliaren Bewegung).

13. August: Erde im ökologischen Defizit

Diesen Ressourcen wird die biologische Kapazität der Erde gegenübergestellt, neue Ressourcen aufzubauen, aber auch Abfälle, Schmutz, Emissionen aufzunehmen. "Die Übernutzung und die Überlastung der Erde wird gerade an den Emissionen deutlich. Die Erde hat nicht mehr die Kapazität, die Schadstoffe aufzunehmen, in den Wäldern abzubauen oder in der Atmosphäre zu kompensieren. Dadurch kommt es zum Klimawandel", sagt Christine Pohl.

Die Emissionen durch Kohlendioxid (CO2), die bei der Verbrennung fossiler Energieträger, wie Kohle, Erdöl, Gas und Holz in einem Land, sowie die Belastung durch importierte Güter entstehen, belasten die Erde am meisten. Dem gegenüber stellt Global Footprint Network die Waldfläche, die benötigt wird, um das produzierte CO2 zu binden. Deutschland produzierte 2013 pro Kopf 9,4 Tonnen CO2. 2014 waren es bereits 9,86 Tonnen. Der weltweite Durchschnitt an Pro-Kopf-Emissionen lag 2013 bei 4,9 Tonnen CO2. Um eine globale Erwärmung um mehr als zwei Grad zu verhindern, muss der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch weltweit bis 2050 auf 2 Tonnen gesenkt werden. Das sind Fakten und Forderungen.

Poster zum Erdüberlastungstag 2015 (Foto: INKOTA).
Die Erde ist leer! - das Motto der Kampagne 2015Bild: INKOTA

Wie kompliziert allerdings die Berechnung des ökologischen Fußabdrucks ist, zeigt sich am Ackerland. Dazu wird die Fläche zugrunde gelegt, die zur Produktion von Lebens- und Futtermitteln, Fasern (Baumwolle), Tabak und Kautschuk verwendet wird. Der Verbrauch wird der Kapazität der Flächen gegenübergestellt, die diese Ressourcen im gleichen Zeitraum anbauen. Nicht eingerechnet ist die Verschlechterung der Böden als Folge industrieller Landwirtschaft.

"Die Erdausbeutung zeigt sich besonders stark in den Ländern, in denen die Menschen am wenigsten dazu beitragen - also im globalen Süden - und am Klimawandel. Dürren, extreme Hitzewellen, Stürme, Überschwemmungen, Zerstörung der Biodiversität, Lebensmittelkrisen sind die Folgen", beschreibt Christine Pohl die Auswirkungen der Erdausbeutung. "Dadurch verlieren Menschen ihr Land und müssen fliehen. Es kommt zu Vertreibung und Krieg." Pohl glaubt, dass diese den meisten Menschen im globalen Norden nicht bewusst sei, weil sie die Auswirkungen nicht als alltägliches Problem spüren.

Kampagne vor dem Kanzleramt

Mit einer Aktion unter dem Motto "Leer! Die nächste bitte" wollen Anhänger von INKOTA, Germanwatch, BUNDjugend, Naturschutzjugend, FairBindung, PowerShift, der Christlichen Initiative Romero und der Kampagne "Stop Mad Mining" vor dem Kanzleramt in Berlin den übermäßigen Ressourcenverbrauch Deutschlands anprangern und die Bundesregierung auffordern, sich für eine zukunftsfähige und gerechte Ressourcenpolitik einzusetzen. "Unsere Wirtschaftsweise ist weder ökologisch nachhaltig noch global gerecht", erklärt Julia Otten, Referentin bei Germanwatch.

Wirtschaftswachstum um jeden Preis?

"Die Bundesregierung unterstützt zwar bessere Energie- und Rohstoffeffizienz der deutschen Wirtschaft, bezieht aber die Einhaltung globaler Umweltgrenzen nicht konsequent in ihre Rohstoffpolitik ein", erklärt Christoph Röttgers von der Naturschutzjugend. Es fehle bisher an verbindlichen Aussagen, den absoluten Ressourcenverbrauch in Deutschland zu senken. "Die Bundesregierung muss konkrete Maßnahmen ergreifen, die der Suffizienz dienen, dem Bemühen um einen möglichst geringen Rohstoff- und Energieverbrauch und eine Wirtschaftspolitik, die nicht mehr nach Wachstum um jeden Preis strebt", fordert INKOTA-Sprechin Christine Pohl.

Infografik Weltweiter Fleischkonsum
Ungleiche Verteilung - weltweiter Fleischkonsum 2013

Aber auch Verbraucher seien in der Verantwortung, den eigenen ökologischen Fußabdruck zu senken. Dafür müsse die Politik allerdings die Rahmenbedingungen schaffen, so Pohl. Bisher setze die Politik auf Effizienz, wie sich am Beispiel Auto zeigt. Zwar verbrauchen die Neufahrzeuge immer weniger Benzin, gleichzeitig ist der Absatz von spritschlucken geländegängigen SUV massiv gestiegen. Auch hat der Individualverkehr stark zugenommen. "Wenn wir größere Autos und mehr fahren, wird der ganze Fortschritt zunichte gemacht", argumentiert Pohl.

Die Bundesregierung müsse daher Mobilitätskonzepte umsetzen, durch die die Nutzung des Öffentlichen Nahverkehrs attraktiver werde oder das Radfahren gefördert würde. Gleichzeitig könnten Steuern für Kraftstoff erhöht und flächendeckende Tempolimits eingeführt werden.

Reduzierung des Fleischkonsums würde ebenfalls den "ökologischen Fußabdruck" verkleinern, denn 70 Prozent des gesamten Acker- und Weidelandes werden zur Erzeugung von Futtermitteln zur Tiermast genutzt. Für die Ernährung eines Menschen in Deutschland wird derzeit etwa 1.562 Quadratmeter Ackerfläche benötigt. Durch den Anstieg der Weltbevölkerung stehen jeder Person im Jahr 2050 nur noch etwa 1.166 Quadratmeter für die Ernährung zu. Umgerechnet müsste der Fleischkonsum, laut einer Studie des WWF (World Wide Fund of Nature), sich auf 350 Gramm pro Woche beschränken.