Im Kino: "Eight Days A Week - The Touring Years"
13. September 2016The Beatles - das ist die bis heute erfolgreichste und wohl auch bekannteste Popgruppe der Welt. Der Ruhm der Fab Four hat sich nicht nur gehalten, er ist ins schier Unermessliche gewachsen. Die Beatles haben Rock- und Popgeschichte geschrieben, sie sind integraler Bestandteil der Kulturgeschichte des letzten Jahrhunderts.
Vieles ist über die Beatles bekannt - doch der Film bringt neue Erkenntnisse
Es ist also vieles oder möglicherweise auch alles erzählt worden über die vier Musiker John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr - sollte man meinen. Die Geschichte der Beatles, sie ist auserzählt - sollte man meinen. Und es ist ja auch nicht so, dass mit Ron Howards Beatles-Film "Eight Days A Week - The Touring Years" die Geschichte der Beatles oder gar der Rockmusik nun umgeschrieben werden müsste.
Wahrscheinlich ist mehr oder weniger jedes Detail der Band-Geschichte, wie Howard sie in seinem Film erzählt, irgendwo schon einmal dokumentiert worden: in Büchern, Filmen, Dokumenten jeglicher Art. Und auch die Fotos und Filmsequenzen, die der Regisseur zusammengetragen und montiert hat, sind ja nicht neu. Sie entstanden alle in den Jahren bis 1970. Sieht man einmal ab von den für den Film geführten aktuellen Interviews mit den beiden Beatles-Überlebenden Paul McCartney und Ringo Starr sowie einigen Wegbegleitern von damals sowie (heute) prominenten Fans.
Kurze Tournee-Geschichte - langanhaltende Wirkung: The Beatles
Und doch ist "Eight Days A Week - The Touring Years" ein überwältigender Film. Zum einen, weil er tatsächlich vieles zeigt, was bisher nur selten oder auch nie zu sehen war - zumindest nicht auf großer Leinwand und in diesem Zusammenhang. Und dann vor allem, weil er einiges in Erinnerung ruft. Der Name der Beatles erscheint heute so ungeheuer groß, dass man im Kino sitzt und fassungslos darüber ist, wie kurz die Geschichte der Band nur währte.
Schaut man auf die Jahre der öffentlichen Auftritte, sind es gerade einmal vier. Im Sommer 1962 ging es los, und 1966 war es schon wieder vorbei - mit jenem legendären Konzert in San Francisco, das aus verschiedenen Gründen so gründlich missriet. Es sollte das letzte der Band vor großem Publikum sein. Vier Jahre Auftritte - eine heute kaum fassbar kurze Episode, die so viel ins Rollen brachte. Das ist das eine Wunder, dass der Film "Eight Days A Week" erzählt.
Beatlemania - die Geburt der Hysterie
Ein anderes ist die Begeisterung. Als "Beatlemania" hat sich die Fan-Hysterie ins Gedächtnis der Nachwelt gebrannt. Die kreischenden Girls, das völlig enthemmte jungendliche Publikum, die Ohnmachtsanfälle der Mädchen, all das zeigt der Film und weist damit beiläufig darauf hin, dass die Massenhysterie nicht erst im digitalen Zeitalter erfunden wurde. Im Gegenteil. Wenn heute Popstars Millionen locken, dann ist die Begeisterung durch Internet und globale Medienversorgung längst kanalisiert. Bei den Beatles hatte sie tatsächlich noch etwas Unmittelbares.
Und die Manager und Beatles-Erfinder Brian Epstein und George Martin waren sicherlich in ihrer Zeit genial und erfinderisch - doch mit dem überwältigenden Erfolg der Band wussten sie kaum umzugehen. Sonst wären die Beatles wohl noch weit länger aufgetreten, hätten sie wohl auch noch über das Jahr 1970 zusammengearbeitet, wären nicht so früh ausgebrannt gewesen.
Heute werden Popgrößen behutsam aufgebaut, sie werden von einer Heerschar an Managern in die globale Musikwelt begleitet. Damals war das anders - das zeigt der Film eindrücklich: Die vier Musiker waren überfordert, die Manager waren überfordert, die Sicherheitskräfte in den Stadien und Konzert-Hallen waren überfordert.
Die Beatles waren ihrer Zeit weit voraus
Die Beatles - das ist eine Erkenntnis von "Eight Days A Week" waren ihrer Zeit voraus. Musikalisch und künstlerisch sowieso. Aber die vier Musiker aus Liverpool sprengten damals mit ihrer Popularität auch sämtliche gesellschaftliche Strukturen. Das wurde zu ihrem Verhängnis und führte letztendlich mit zum Ende der Band.
In den Jahren 1965/66 waren Lennon, McCartney, Harrison und Starr zunehmend genervt von den Umständen, unter denen sie Musik machen mussten. Dazu hatten sie irgendwann keine Lust mehr. Sie hatten den Spaß am Musikzirkus verloren. Mit bemerkenswerter Konsequenz zogen sie sich von der Bühne zurück. Eine - aus der heutigen Perspektive der zum hemmungslosen Narzissmus neigenden Gesellschaft - unfassbar bescheidene und konzentrierte Haltung.
Unsere Kollegen von PopXport haben eine spotify-Playlist zusammengestellt: