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Angst im Senegal

25. Februar 2012

Im Senegal wird heute ein neuer Präsident gewählt. Bisher galt das Land als stabiler Staat in einer fragilen Region. Doch Zusammenstöße vor den Wahlen schüren Angst vor Terrorgefahr.

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Proteste im Senegal (Foto: dapd)
Bild: dapd

Anders als die Nachbarländer Mali oder Mauretanien ist der Senegal bislang nicht vom Terrorismus der Al-Kaida im Maghreb (AQMI) betroffen. Der Konflikt um die umstrittene Kandidatur von Präsident Abdoulaye Wade, der trotz einer Verfassungsänderung zum dritten Mal Staatschef werden will, gibt Anlass zur Sorge, AQMI könnte nun auch den Senegal unterwandern.

Bereits 2010 hatte der Senegal Mauretanier ausgewiesen, denen eine Mitgliedschaft in der Terrorbewegung AQMI vorgeworfen wurde. 2011 dann warnte der Mauretanier Ahmed Ould Abdalah, ehemaliger UN-Sondergesandter für Westafrika, vor Schläferzellen im Senegal. Im Januar dieses Jahres schickten die Vereinten Nationen eine Mission in die Sahelzone. Sie sollte sich über Gefahren für die regionale Stabilität und Sicherheit nach dem Sturz von Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi informieren. Entführungsopfer von AQMI berichteten, ihre Wächter seien Senegalesen gewesen.

Tuareg in Mali (Foto: AP)
In Mali hat AQMI bereits Fuß gefasst. Oft werden Tuareg als Kämpfer angeheuert.Bild: AP

"Im Senegal ist Religion stärker als Politik"

Für den senegalesischen Journalisten Mame Less Camara, einen langjährigen Beobachter der politischen und religiösen Szene, gibt es mehrere Faktoren, die eine Infiltration von AQMI im Land mittelfristig möglich machen: "Im Senegal ist Religion stärker als Politik", sagt er. Nur so sei es möglich, Fotos davon zu sehen, wie Präsident Wade vor dem General-Khalifen auf die Knie falle. "Wir haben hier zwar keine Theokratie", betont Camara, "aber doch ein System, in dem Religionsvertreter die Toleranzgrenzen vorgeben." Bei diesen Vertretern handelt es sich um die Marabouts, die geistigen Führer und Imame der islamischen Bruderschaften. Diese Bruderschaften prägen das religiöse Leben im Senegal, nehmen aber auch großen Einfluss auf das alltägliche Leben der Menschen.

Moschee in Dakar, Senegal (Foto: DW)
Große Moschee in Dakar: Die senegalesischen Bruderschaften gelten als Schutz gegen islamischen FundamentalismusBild: DW

Die Ausbildung senegalesischer Imame finde mehr und mehr in Ländern statt, in denen man auf Koranschulen extremistischer Ausprägung treffe: in Ägypten, den Golfstaaten und in Libyen. Kontakte nach Nigeria und vielleicht auch zur Terrorsekte Boko Haram? Die gebe es längst, sagt Camara und erläutert, dass eine der muslimischen Bruderschaften des Senegal ihre Gläubigen vorwiegend aus Nigeria rekrutiere. Gerade in dieser Hinsicht ist er besorgt um die Jugend seines Landes. Eine Jugend, die häufig arbeitslos und ohne Perspektive ist. "Es gibt immer mehr junge Leute, die empfänglich sind für Äußerungen radikaler Prediger", so Mame Less Camara, "für die Aufforderung, den Islam total auszuleben".

Experten sehen keine unmittelbare Gefahr

Eine solche Radikalisierung und eine damit verbundene Stärkung von Al-Kaida im islamischen Maghreb gibt es vor allem dort, wo der Staat schwach ist. In der Region hat AQMI bereits Fuß gefasst: in Mali, Mauretanien und im Niger; zu Boko Haram in Nigeria gibt es Kontakte. Doch Terrorismus-Experten wie der Franzose Jean-Charles Brisard beruhigen: Der Senegal sei noch weit davon entfernt, in die Hände von AQMI zu fallen. Denn die Strategie der Organisation sei eher, ihre bisherigen Einflusszonen beizubehalten, um dort noch stärker zu werden. "Sie agieren vor allem da, wo sie bereits gut verankert sind, also in erster Linie im Sahel", so Brisard.

Abdoul-Aziz Kébé, Chef-Islamologe der Universität Cheikh Anta Diop in Dakar (Foto: DW)
Abdoul-Aziz Kébé, Chef-Islamologe der Universität Dakar, warnt vor einer Schwächung der muslimischen Bruderschaften in seinem LandBild: DW

Auch Abdoul-Aziz Kébé, Chef-Islamologe der Universität Cheikh Anta Diop in Dakar, sieht keine unmittelbare Gefahr. Für ihn schützen die Bruderschaften den Senegal vor dem islamischen Fundamentalismus. "Die Bruderschaften sind Regulatoren, Sicherheitsventile gegen Islamismus." Doch er warnt auch: "Wenn aber die Verankerungen, in denen sie ruhen, zerbrechen, besteht das Risiko, dass radikalere Strömungen sich entfalten können – und dann weiß man nicht, was passiert."

Eine Schwächung der Bruderschaften fürchtet Islamologe Kébé dann, wenn die Politik sie instrumentalisiert und ihre Glaubwürdigkeit schwächt – und so ihre Autorität. Erste Tendenzen gebe es bereits. Und zwar nicht zuletzt durch Präsident Abdoulaye Wade, der in seiner Wahlkampagne eindeutig der bedeutenden Bruderschaft der Mouriden den Vorzug gegeben habe – weil er dieser angehört.

Autorin: Dirke Köpp
Redaktion: Stefanie Duckstein