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Kampf gegen den Terror im Maghreb

15. Oktober 2010

Bei der Terrorbekämpfung in Nordafrika will die internationale Gemeinschaft enger zusammenarbeiten. Dazu trafen sich nun Vertreter afrikanischer Staaten, der G8 und der EU in Mali. DW-WORLD.DE sprach mit Alexander Göbel.

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Terroristen haben in Mali eine Geisel genommen (Foto: picture-alliance/dpa)
Immer wieder nehmen Terroristen Geiseln, wie hier in MaliBild: picture-alliance/dpa
Alexander Göbel, Afrika-Experte (Foto: DW)
Alexander Göbel ist ARD-Korrespondent für Nord- und WestafrikaBild: DW / Christel Becker-Rau

DW-WORLD.DE: Herr Göbel, das Treffen in Mali ist hochkarätig besetzt. Ist das ein Zeichen dafür, wie ernst die Internationale Gemeinschaft die Bedrohung durch Al Kaida im Maghreb mittlerweile nimmt?

Alexander Göbel: Auf jeden Fall, die Tatsache, dass die G8 - also die sieben wichtigsten Industrienationen und Russland - die EU und die betroffenen afrikanischen Staaten dabei sind, ist schon ein wichtiges Zeichen. Das zeigt, dass sie sich darüber klar werden, dass sie nicht verschiedene Al Kaidas bekämpfen, sondern es mit einem großen Netzwerk zu tun haben. Im Kampf gegen den Terror muss man eben nicht nur auf Al Kaida in Afghanistan und Pakistan oder den Jemen schauen, sondern versuchen eine globale Anti-Terror-Strategie zu entwickeln. Anders kann man Al Kaida nicht bekämpfen und schon gar nicht besiegen.

Der malische Außenminister Moctar Ouane hat das Treffen als "Zeichen der Wertschätzung und des Vertrauens der Internationalen Gemeinschaft" gegenüber dieser Region genannt. Das sehe ich ehrlich gesagt noch nicht, dass dieses Anti-Terror-Treffen wirklich schon eine politische Aufwertung dieser Staaten bedeutet. Hinter dem Engagement der G8 stehen vor allem diese ganz handfesten Interessen wie Bodenschätze, beispielsweise der Uranabbau im Norden des Niger, wo der Areva-Konzern die französischen Atomkraftwerke versorgt.

Aber insgesamt ist das Treffen natürlich ein sehr wichtiger Schritt und es wird auch höchste Zeit - nicht nur wegen der entführten Areva-Mitarbeiter, die der nordafrikanische Zweig Al Kaidas "Aqmi" derzeit in seiner Gewalt hat.

Wie mächtig ist der Arm des Terrornetzwerks in Nordafrika ihrer Einschätzung nach?

Al Kaida im islamischen Maghreb will alle Islamisten in Nordafrika einen. Das ist schon eine sehr große Gefahr. Von Algerien aus breitet sich diese Organisation seit etwa drei Jahren in der gesamten Sahel-Zone aus. Es gibt sehr viele Rückzugsgebiete in dem Gebiet, vor allem in der unkontrollierbaren Region an der Südgrenze Algeriens. Algerien hat so viele Grenzen in der Sahara mit verschiedenen Anrainerstaaten, mit Mauretanien, bis in den Niger hinein. Man kann diese Region gar nicht kontrollieren. Die Entführungen sind natürlich ein wichtiger Punkt, es gibt sehr viele Anschläge.

Und der Bundesnachrichtendienst warnt, dass der Terrorismus in Nordafrika auf Europa übergreifen könnte. Es gibt Sympathisanten in Südspanien und auch in anderen Teilen Europas. Das ist ein Krisenherd, den man in Zukunft viel stärker im Auge haben muss. Außerdem gibt es wie gesagt auch eine Vernetzung mit dem Jemen, wo vermutlich die meisten Al Kaida-Kämpfer ausgebildet werden. Möglicherweise droht hier eine Allianz der verschiedenen Kaidas, in der die Sahara als Rückzugsort mit vielen Terrorcamps gilt.

Wie sah der Kampf gegen Al Kaida im Maghreb bisher aus? Hatte die Region dem Terror überhaupt irgendetwas entgegenzusetzen?

Insgesamt muss man sagen, dass Niger, Mali, Algerien und Mauretanien mit dem Terrorkampf überfordert sind. Al Kaida kämpft an verschiedenen Fronten - und das in einem Gebiet, das zwanzigmal so groß ist wie Frankreich. Genau deshalb hatten diese Staaten vor ungefähr einem halben Jahr ein gemeinsames Militärkommando gegründet, um endlich ihre Kräfte zu bündeln. Aber von Einigkeit ist bislang wenig zu spüren. Eher das Gegenteil ist der Fall.

Es gibt viel zu wenig Austausch zwischen den Geheimdiensten, auch die Philosophien wie man Al Kaida bekämpfen muss, sind schwer vereinbar. Mauretanien geht beispielsweise sehr robust vor. Gemeinsam mit französischen Elite-Truppen wurde hier versucht, Al Kaida-Camps auszuheben, um die französische Geisel Michel Germaneau zu befreien, die schließlich im Juli ermordet wurde. Die Operation geschah auf malischem Boden und Mali war über diesen Einsatz nicht informiert gewesen. Mali wiederum hat es sich mit Mauretanien verscherzt, weil man für eine weitere französische Geisel Kaida-Häftlinge ausgetauscht hat. Al Kaida nutzt genau diese Verstimmungen zwischen den Ländern aus, um sie gegeneinander auszuspielen.

Welche Rolle spielt die Afrikanische Union im Kampf gegen Al Kaida?

Bisher spielt die Afrikanische Union (AU) keine allzu große Rolle. Es gibt zwar das Zentrum zur Terrorismusbekämpfung der AU in Algier. Das soll irgendwann 50 Mitarbeiter haben. Dieses Institut berichtet dem Sicherheitsrat der AU und soll Bedrohungsanalysen erstellen, die Anti-Terror-Strategien der Mitgliedsstaaten koordinieren und harmonisieren, aber auch hier gibt es ein großes Fragezeichen, denn es hapert an der Umsetzung. Längst nicht alle Mitgliedsstaaten der AU sind der internationalen Terror-Konvention beigetreten. Momentan weiß man von zehn von 53 afrikanischen Staaten, die einen Großteil der Konvention zumindest ratifiziert haben. Die Staaten im Sahel, von denen wir eben gesprochen haben, stehen gemeinsam mit Staaten, in denen es ebenfalls zu Terror-Anschlägen gekommen ist, wie Tansania und Kenia allein auf weiter Flur. Sudan und vor allem Somalia haben sich dem jedoch leider nicht angeschlossen. Ebenfalls ein Nachteil ist, dass Marokko kein AU-Mitglied ist. Solange sich hier nichts ändert, spielt Al Kaida die afrikanischen Staaten einfach weiter gegeneinander aus.

Alexander Göbel ist Korrespondent für Nord- und Westafrika im ARD-Studio Rabat, Marokko.

Das Gespräch führte Cordula Denninghoff.
Redaktion: Carolin Hebig / Katrin Ogunsade