Die Angst vor dem MERS-Virus
4. Mai 2014Die Erkrankung beginnt mit grippeähnlichen Symptomen, im weiteren Verlauf kann es dann zu einer Lungenentzündung kommen, sogar zu Nierenversagen. "Die Sterberate liegt bei ungefähr 30 bis 40 Prozent", erklärt Gregory Härtl, Pressesprecher der Weltgesundheitsorganisation WHO. "Solange wir nicht wissen, wie sich das Virus verhält und wie wir es kontrollieren können, bleibt es eine Gefahr."
Das MERS-Virus (Middle East Respiratory Syndrom Coronavirus) gehört zu den sogenannten Coronaviren - genau wie das SARS-Virus, das vor etwa zehn Jahren aufgetaucht war, glücklicherweise inzwischen aber wieder verschwunden ist. Andere Viren, die ebenfalls zu dieser Gruppe gezählt werden, verursachen normalerweise beim Menschen nur leichte Atemwegerkrankungen. Beim MERS-Virus ist das anders. Bekannt ist es seit zwei Jahren, erläutert Udo Buchholz vom Robert Koch-Institut. "Es ist identifiziert worden, weil es zu außergewöhnlich schweren Erkrankungen geführt hat. Man hat also versucht herauszufinden, was dahinter steckt. Es wurden dann Testpanels entwickelt, um das Virus auch bei nachfolgenden Fällen erkennen zu können." In Saudi-Arabien sind bereits zwei Krankenhaus-Mitarbeiter an der Viruserkrankung gestorben.
Gibt es eine Therapie?
Eine auf das Virus zugeschnittene Therapie gibt es nicht, es gibt keine Medikamente und keine Impfung. Nur die Symptome können behandelt werden. Die Experten sind sich einig: Die beste Vorbeugung ist Hygiene, denn das Virus wird durch Tröpfcheninfektion übertragen, durch Niesen oder Husten zum Beispiel. Auch auf einer Oberfläche könne das Virus für gewisse Zeit überleben. "Und ohne ausreichende Infektionsschutzmaßnahmen berührt man vielleicht die Oberfläche und dann das Gesicht", sagt Gregory Härtl. So könne das Virus übertragen werden.
Zwei Komponenten seien wichtig, um die Gefährlichkeit des Virus einschätzen zu können, so Udo Buchholz. "Wie häufig kommt es vor? Wie häufig kommt es zu schweren Erkrankungen? Beides ist noch nicht genau bekannt." Es könne natürlich sein, so Buchholz weiter, dass die Patienten mit besonders schweren Verlaufsformen nur die Spitze des Eisberges seien.
Wo ist die Quelle?
Hundert Prozent sicher sind sich die Wissenschaftler nicht, aber als wahrscheinlichste Quelle für die Infektionen kommen Dromedare infrage. Bei vielen dieser Tiere wurden Antikörper gegen MERS-CoV gefunden, mittlerweile auch das Virus selbst. Aber obwohl die Tests bei den Dromedaren positiv ausfielen, zeigten sie keinerlei Krankheitssymptome. Woran das liegt, ist nur eine von vielen noch ungeklärten Fragen. Klar ist bisher auch nicht, ob die Viren ausschließlich vom Tier auf den Menschen übertragen werden oder auch über bestimmte Produkte. So haben die saudi-arabischen Behörden Ende April empfohlen, das Essen von Kamelfleisch und das Trinken von Kamelmilch zu vermeiden.
In Saudi-Arabien sind bisher die meisten Menschen an MERS erkrankt. Aber es sind auch Fälle in Jordanien bekannt, in Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Oman und Kuwait. Zu den Personengruppen, die besonders betroffen sind, gehörten etwa Menschen, die nahen Kontakt mit Dromedaren hätten, erklärt Buchholz. "Man muss einfach wissen, dass es in diesen Ländern häufig Farmer gibt, die sich eine geringe Anzahl von diesen Tieren auf relativ kleinem Raum halten - und die dort einen richtigen Kultstatus haben. Sie werden zum Beispiel für Dromedar-Rennen eingesetzt."
Übertragung von Mensch zu Mensch?
Mittlerweile wird das Virus immer häufiger auch bei medizinischem Personal nachgewiesen: bei Ärzten und Krankenschwestern zum Beispiel. Laut Angaben der WHO entfallen 60 von 100 der sogenannten sekundären Fälle - die von Mensch zu Mensch übertragen werden - auf den medizinischen Bereich und auf Familienangehörige von Betroffenen.
Auch in Europa gab es einige - wenn auch wenige - Betroffene. Aber das seien sogenannte importierte Fälle, sagt Buchholz. Es habe sich um Menschen gehandelt, die sich im arabischen Raum angesteckt hätten und dann aus verschiedenen Gründen nach Europa gekommen seien. "In Tunesien oder auch in England gab es den Fall, dass ein primär Infizierter wiederum Personen angesteckt hat. Dabei ist es aber dann stehengeblieben."
Gerade wenn Menschen auf engstem Raum zusammenkommen, kann das die Ansteckungsgefahr erhöhen. "Es gab ja die große Angst bei der Pilgerfahrt Hadsch im letzten Jahr, dass es zu einer massiven Ausbreitung kommt. Das ist - nach allem, was wir wissen - nicht der Fall gewesen. Es gab verschiedene Studien, die dann größere Gruppen von Hadsch-Rückkehrern getestet und untersucht haben. Aber alle waren negativ."
Panik sei im Moment nicht angesagt, sagt Buchholz. "Dieser relativ starke Anstieg von Infektionen in den letzten Wochen ist natürlich etwas beunruhigend, aber auch da gilt, dass momentan noch keine längeren Infektketten beobachtet wurden." Ob also ein infizierter Mensch einen anderen Menschen anstecken kann und ob dieser Mensch dann ebenfalls das Virus weitergeben kann - das ist für Epidemiologen ein wichtiger Faktor. "Die Verbeitung dieser Zweiterkrankungen ist bisher sehr selten aufgetreten. Das ist beruhigend, aber es muss natürlich gut im Auge behalten werden."