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Dicke Luft in Brüssel

5. März 2007

Ratspräsidentin Angela Merkel möchte die EU zum ökologischen Musterschüler machen. Doch in Sachen Klimaschutz kamen die Außenminister bei ihrem Treffen auf keinen grünen Nenner.

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Beim Klimaschutz kann es auch unter Chef-Diplomaten heiß hergehen: Javier Solana, Frank-Walter Steinmeier und Benita Ferrero-Waldner auf der Pressekonferenz
Beim Klimaschutz kann es auch unter Chef-Diplomaten heiß hergehen: Javier Solana, Frank-Walter Steinmeier und Benita Ferrero-Waldner auf der PressekonferenzBild: picture-alliance/ dpa

Die erneuerbaren Energien drohen beim Gipfeltreffen der Europäischen Union am Donnerstag und Freitag zum Zankapfel zu werden. Dort will sich die EU eigentlich als weltweiter Vorreiter beim Klimaschutz präsentieren. Doch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier konnte sich am Montag (5.3.07) in Brüssel mit seinen EU-Kollegen nicht auf ein verpflichtendes Ziel zum Ausbau alternativer Energieträger auf 20 Prozent bis 2020 verständigen. Damit stehen Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Gipfel zähe Verhandlungen bevor. Während die deutsche EU-Präsidentschaft und die EU-Kommission ein solches Ziel befürworten, lehnen es osteuropäische Staaten ab. "Wir sind uns im Klaren darüber, dass es gegenwärtig noch unterschiedliche Positionen gibt", sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nach dem Treffen.

Höchst umstritten war die Frage, ob das Ziel eines 20-Prozent-Anteils von erneuerbaren Energien am EU-Energieverbrauch im Jahr 2020 als "verbindlich" bezeichnet werden sollte oder nicht. Widerstand kam von mehreren Staaten, vor allem jenen mit hohem Anteil von Atomenergie. Paris wolle eine auf Atomkraft zielende Formel über Energiearten, die "nicht kohlenstoffbasiert" sind, sagte Europaministerin Catherine Colonna.

Knackpunkte Atomenergie und Abgas-Verringerung

Auch über das übergeordnete Ziel, bis 2020 den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO2) um 20 Prozent zu kappen, gab es noch keine Einigung. Laut Nachrichtenagentur dpa heißt es im Entwurf der deutschen Ratspräsidentschaft für das Gipfelkommunique, die EU lege "ein festes einseitiges Bekenntnis ab, 2020 mindestens eine Reduzierung der Treibhausgase um 20 Prozent gegenüber 1990 zu erreichen". Bedenken gegen diese Formulierung wurden nach Angaben von Diplomaten vor allem von neuen EU-Mitgliedern - ganz besonders Polen - erhoben, die um ihre wirtschaftliche Entwicklung fürchten. Nach Angaben Spaniens sind die 27 EU-Staaten in dieser Frage völlig gespalten. Merkel muss nun versuchen, beim Abendessen mit ihren EU-Kollegen am Donnerstagabend eine Lösung zu finden.

Frankreich präsentierte bei dem Außenministertreffen zwar einen Kompromissvorschlag, der stieß bei einigen Staaten jedoch auf Skepsis. Danach könnte die EU zum Erreichen des Klimaziels auf eine Doppelstrategie setzen. Sie soll einen Ausbau erneuerbarer Energieträger wie auch "nicht kohlenstoffbasierter Energieformen" umfassen. Mit letztgenanntem ist die Atomenergie gemeint. Frankreich könnte damit weiter die Kernkraft fördern, während andere Staaten frei wären, Öko-Energien auszubauen. Österreichs Außenministerin Ursula Plassnik warnte vor einer Debatte über die Atomenergie beim Gipfel. Mehrere Regierungen fürchten, dass die EU mit der Festlegung verbindlicher Klimaschutz-Ziele in ihre Entscheidungsfreiheit über den "Energiemix" eingreifen könnte.

Steinmeier zeigte sich nach dem Ratstreffen dennoch "sicher", dass die Kanzlerin auf dem Gipfel einen Durchbruch erzielen könne. Auch die britische Außenministerin Margaret Beckett warb für eine Einigung. Sie könne nicht nur ein "bedeutender Wendepunkt" für die EU und die internationale Gemeinschaft sein, sondern auch ein Zeichen für die geplante Diskussion der G-8-Staaten, die Merkel bei dem Gipfel in Heiligendamm im Juni ebenfalls zum Klimaschutz verpflichten will.

Mehr Druck auf Teheran

Bei ihrem Treffen sprachen die EU-Außenminister auch über den Atomkonflikt mit Iran. Sie unterstützen dabei nach den Worten Steinmeiers die Initiative Deutschlands und der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats zu einer neuen Resolution. Sie soll den Druck auf Teheran erhöhen, die Uran-Anreicherung auszusetzen. 'Wir werden spätestens in der nächsten Woche wissen, ob es eine neue Resolution gibt', sagte Steinmeier. (al)