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DHL goes Haute Couture: Logos sind der neue Trend

Jan Tomes/lk15. September 2016

Logos sind wichtige Accessoires in der Modewelt. Aber gehören das DHL- oder McDonalds-Symbol auf den Laufsteg? In New York und auf anderen Fashion Weeks erhält diese Diskussion eine ganz neue Bedeutung.

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Ein weibliches Model trägt eine Uniform und eine rote Handtasche mit McDonalds-Logo. (Foto: Moschino)
Jeremy Scott hat sich für "Moschino" von der Ästhetik der McDonalds-Uniformen inspirieren lassenBild: Moschino

Ein chinesisches Restaurant im neunzehnten Bezirk von Paris ist nicht wirklich eine typische Kulisse für eine Modeschau. Aber im vergangenen Oktober hat sich sogar Hamish Bowles von der Modezeitschrift "Vogue" auf einen quietschenden Stuhl mit falschem Lederpolster gesetzt, um die Frühjahrskollektion 2016 des Labels "Vetements" anzuschauen.

Andererseits sorgten gerade die flackernden roten und blauen Neonlichter und die holzverkleideten Wände für eine passende Umgebung, findet Demna Gvasalia. Er hat die Marke gegründet und ist Chefdesigner von "Vetements". Sein Plan ist es, "das Modesystem zu sprengen", wie er bei zahlreichen Anlässen sagte.

Ein männliches Model trägt einen roten Trainingsanzug und eine Brille auf dem Laufsteg. (Foto: Gosha Rubchinskiy)
Zu Gosha Rubchinskiys Frühlingskollektion gehört ein Trainingsanzug von Sergio TacchiniBild: Gosha Rubchinskiy

Darum war auch niemand überrascht, als das Ereignis für Frauenkleidung von einem Mann eröffnet wurde, der ein gewöhnliches schwarzes Hemd trug, dazu Lederhosen, hohe Doc Martens Schuhe und - Achtung - ein gelbes T-Shirt mit einem roten DHL-Logo darauf. DHL gehört zum Deutschen Post-Konzern.

Die Kollektion voller Oversized-Kleider, Militärjacken und absichtlich verpfuschten, poppigen Aufdrucken erhielt überschwängliche Kritiken. Und das T-Shirt – das meist begehrte Teil der Präsentation – war fast augenblicklich ausverkauft, trotz seines stolzen Preises von 245 Euro.

Mode für Instagram

"Diese Aktionen passen sehr gut zum neuen Interesse der Modehipster an Instagram-fähiger Mode", sagt Eugene Rabkin, Gründer des Magazins "StyleZeitgeist" und Lehrer für das Schreiben von Kritiken an der Parsons Designschule in New York. Alltägliche Symbole eroberten die Laufstege. Täglich würden es mehr. "Die Käufer nehmen das Kodak- oder McDonalds-Logo als Logo der Marke, die das Kleidungsstück herstellt", ergänzt Rabkin. "Sie genießen so das Gefühl, Teil eines hippen Clubs zu sein. Und sie können es gleich auf Social Media zur Schau stellen."

Schwarzer Pulli, auf dem Homies steht anstatt von Hermès. Foto: Brian Lichtenberg
2012 machte sich US Designer Brian Lichtenberg über die Logos traditioneller Labels lustigBild: Brian Lichtenberg

Logos spielen seit jeher eine wichtige Rolle in der Mode. Und es ist kein Zufall, dass ihre Geschichte 1858 mit Frederick Charles Worth begann, einem der prominentesten Vertreter aus der Pariser Haute Couture-Szene. Er war der erste Designer, der ein Label mit seinem Namen in seine Kreationen einnähte. "Im vergangenen Jahrzehnt gab es eine Logo-Überdrüssigkeit", sagt Rabkin, "Logos wurden als vulgär betrachtet."

Nun seien sie zurück und das vor allem wegen Instagram. Der kostenlose Online-Dienst zum Teilen von Fotos und Videos ist vor allem bei jungen Leuten sehr beliebt. 2012 fälschte der US Designer Brian Lichtenberg die Logos von traditionellen Modelabels.

Parodien und Machtspiele

Nach der Finanzkrise eroberte ein neuer Trend die Straßen: Humor, Ironie und Parodie waren angesagt. Aus "Céline" und "Hermès" wurden etwa "Féline" oder "Homies". In dieser Zeit entstanden auch die T-Shirts von "Vetements" mit Logos von DHL.

Es gehe nicht nur um Menschen, die ironische Klamotten lieben, beobachtet Anja Aronowsky Cronberg, die Chefredakteurin des Modejournals "Vestoj". "Für mich sieht es aus wie ein Machtspiel", sagt sie. "Bei "Vetements" und DHL ist offensichtlich, welche der beiden Marken cool ist und welche nicht. "Vetements" unterstreicht seine Macht in der Modebranche, indem es DHL zum Trend macht.

Ein männliches Model trägt einen Umhang, der aussieht wie ein Boxumhang. Foto: Ports 1961
Milan Vukmirovic vom Label "Ports 1961" arbeitete mit der Boxkampf-Marke "Everlast" zusammenBild: Ports 1961

Wie man zum Stadtgespräch wird

Junge Designer wollen Einfluss auf die Mode-Industrie haben. Vor wenigen Tagen erst präsentierte die amerikanische Firma "Hood By Air" ihre Frühlings/Sommer-Kollektion 2017 auf der New Yorker Fashion Week. Darunter war auch eine Klamottenserie, die gemeinsam mit dem Magazin "Hustler" und der Website "PornHub" produziert wurde und die jeweiligen Logos zeigte. Die sozialen Netzwerke glühten. Modejournalisten liefen dagegen ebenso Sturm wie die Berichterstatter von "New Yorker" und "Le Figaro".

Ein weibliches Model trägt einen schwaren Pulli mit weißen Adidas-Streifen. Foto: Jürgen Teller
Der deutsche Fotograf Jürgen Teller fotografierte Alexander Wangs limitierte Adidas- Kollektion 2017Bild: Juergen Teller, courtesy of the brand

"Die Tatsache, dass alle über dich reden, ist manchmal wichtiger für die Labels, als ihre aktuellen Kleider zu verkaufen", weiß Cronberg. "Erstens, weil es hilft, billigere Waren und Accessoires zu verkaufen, und zweitens, weil manche Labels bereit sind, eine Menge Geld für deinen Namen zu bezahlen. Viele Designer könnten gar nicht davon leben, nur ihre normalen Kollektionen zu verkaufen."

Sportikonen auf dem Laufsteg

In Florenz spazierten im vergangenen Juni dünne Jungs in "Fila"-Sweatshirts, "Kappa"-Tanktops und Jumpsuits mit dem Emblem von Sergio Tacchini über den Laufsteg. Gosha Rubchinskiy stellte seine neueste Männerlinie vor. Alle Models sahen aus, als ob sie gerade einer Chartermaschine aus der Moskauer Vorstadt entstiegen wären.

Die Kollektion war das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen dem jungen russischen Designer und sechs italienischen Marken für Sportbekleidung. "Ich war immer interessiert an italienischer Geschichte, an Kunst und Kultur", sagt Rubchinskiy, "darum habe ich mich entschieden, mit den verschiedenen italienischen Marken zusammenzuarbeiten."

Eine Woche später kündigte der französische Designer Milan Vukmirovic, der gerade die Männerkollektion von "Ports 1961" betreut, an, er wolle die amerikanische Boxlegende Everlast wiederbeleben. Dafür habe er eine Kollektion entworfen, die das Logo hervorhebe – eine limitierte Edition, die später in seine Männerlinie integriert worden ist.

Auf der New Yorker Fashion Week zeigte der lokale Designer Alexander Wang eine limitierte Edition, die er für Adidas entworfen hat. Alle Kleidungsstücke akzentuieren das dreiblättrige Symbol, das Wang auf den Kopf gedreht hat.

Am Ende bleibt alles gleich

Ist die Logomania nun offiziell zurück? Es scheint so, aber Rabkin kommt in seinem Essay "Der Aufstieg Instagram-fähiger Mode" zu einem anderen Schluss. Er schreibt, dass Logos den Weg für Grafiken geebnet hätten, die eine subtile Form der Kommunikation seien. "Im heutigen Zeitalter, da sich Informationen so schnell verbreiten und die Kunden ein bisschen kultivierter sein wollen, sind Grafiken die neuen Logos", sagt Rabkin. "Man muss nicht besonders tief eintauchen, wie Mode-Fans das früher taten: Das Rottweiler Printmuster stammt von Givenchy, die Vampir Stickerei auf Schulkleidung von Saint Laurent, und das Motto 'Live Free, Die Strong' kommt von 'Comme des Garçons'."

Das heißt nicht, dass Logos tot sind. Aber sie sind nicht mehr unantastbar. Ihr Sinn und Zweck wird inzwischen ständig neu erfunden. "Vor nicht allzu langer Zeit war Mode sehr minimalistisch, so wie etwa Phoebe Philos "Céline" – ein sehr glatter, kultivierter, exklusiver und teurer Look, der von Luxus- und Billiglabels gleichermaßen kopiert wurde", sagt Cronberg. "Eigentlich war der Look so minimalistisch und exklusiv, dass ein Außenstehender nicht mal sah, wie teuer er ist."

"Bei 'Vetements' ist es ähnlich", meint Cronberg. "Wenn du jemandem ein Kleidungsstück von 'Vetements' zeigst, der sich nicht mit Mode auskennt, würde die Person vermutlich nicht verstehen, warum es so viel kostet. Mode pendelt immer wieder zwischen den Extremen hin und her, aber am Ende bleibt alles gleich."