Serie Spuren deutscher Geschichte (25)
24. September 2013Gespannte Stimmung herrschte am 26. August 1929 in dem kleinen Ort Zeesen nicht weit von Berlin. Eine Premiere sollte an diesem Tag stattfinden. Ein neuer Radiosender nahm seinen Betrieb auf. Der "Weltrundfunksender" strahlte zum ersten Mal sein Programm in die Welt hinaus. Eine Operette machte den Anfang: "Der Feldprediger" des österreichischen Komponisten Carl Millöcker.
Auch die Nachrichten und eine Tanzstunde hatte man vorgesehen. Alles klappte reibungslos. Deutschland besaß nun erstmalig einen Auslandsradiosender, der die Deutschen im Ausland und an Deutschland Interessierte weltweit über die Vorgänge im Land informieren konnte.
Per Kurzwelle um die Welt
Die beiden brandenburgischen Nachbarorte Zeesen und Königs Wusterhausen waren in den 1920er Jahren geradezu ein Mekka der deutschen Radioentwicklung. Der in der letzteren Ortschaft gelegene sogenannte Funkerberg gilt als die Ursprungsstätte des öffentlichen Radios: Das erste im deutschen Rundfunk übertragene Konzert wurde kurz vor Weihnachten 1920 von hier aus gesendet, es spielten Postbeamte.
1929 war die technische Entwicklung bereits weiter voran geschritten, das Radio erfreute sich immer größerer Beliebtheit. Während es 1923 nicht ganz 500 zahlende Rundfunkteilnehmer in Deutschland gab, waren es 1925 bereits über eine Million Hörer. Per weitreichender Kurzwelle strahlte von nun ab auch der "Weltrundfunksender" sein Programm aus. Das deutsche Unternehmen Telefunken lieferte die technischen Gerätschaften.
Ein Mittel der Völkerverständigung
Die Hörerschaft war begeistert. Vor allem deutsche Auswanderer oder auch deren Nachkommen freuten sich über die Möglichkeit, Kultur und Nachrichten aus der alten Heimat zu empfangen. Ausgestrahlt wurden vor allem von anderen Radioanstalten übernommene Sendungen. Enthusiasten sahen im immer beliebter werdenden Radio auch ein Mittel zur friedlichen Verständigung.
Als der Nobelpreisträger Albert Einstein 1930 die Berliner Funkausstellung eröffnete, setzte er große Hoffnung auf das neue Informationsmedium: "Was speziell den Rundfunk anlangt, so hat er eine einzigartige Funktion zu erfüllen im Sinne der Völkerversöhnung." Der deutsche Radio-Pionier Hans Bredow hegte ähnliche Erwartungen. Das Radio "wird die Völker zu einer großen Gemeinde zusammenschließen und ihnen durch tägliches gemeinschaftliches Erleben die Erkenntnis vermitteln, das sie alle Glieder einer einzigen großen Gemeinschaft sind", meinte er.
Der Auslandsrundfunk in den Händen der Nationalsozialisten
1933 war es mit diesen Hoffnungen vorbei. In Deutschland übernahmen die Nationalsozialisten die Macht. Schnell übernahmen sie auch die Kontrolle über die Radiosender, um dieses Medium für ihre Propaganda zu missbrauchen. So auch den "Weltrundfunksender", über den sie ihre menschenverachtende Ideologie in die Welt hinausposaunten. Nun wurden auch eigene Sendungen produziert, und der Name der Anstalt änderte sich in "Deutscher Kurzwellensender". Viel Geld pumpten die Nationalsozialisten in neue Sendeanlagen und Produktionen, um das Ausland zu beeindrucken.
Als 1936 die Olympischen Spiele in Berlin stattfanden, schenkten die Machthaber dem für die Berichterstattung wichtigen Auslandsrundfunk höchste Beachtung. Über 20 Nachrichtensendungen wurden während der Spiele täglich produziert, unter anderem auf Englisch, Niederländisch, Spanisch und natürlich Deutsch.
Radio im Krieg
Während der alte "Weltrundfunksender" der Welt die deutsche Kultur nahe bringen sollte, ging es dem nationalsozialistischen "Deutschen Kurzwellensender" darum, das "Wollen und Schaffen des Nationalsozialismus" weltweit über den Äther zu verbreiten. Besonders während des Zweiten Weltkrieges diente der Auslandsrundfunk als Propagandainstrument. Als Teil der "größten Lügenmaschinerie aller Zeiten" titulierte ihn zu dieser Zeit ein Amerikaner. Fast bis zum Ende des Krieges im Mai 1945 wurden aus Königs Wusterhausen nationalsozialistische Propaganda und Lügen in die Welt gestrahlt – bis die verbliebenen Techniker vor der anrückenden Roten Armee flüchteten.
Erst 1953 erhielt das nun wieder demokratische Deutschland erneut einen Auslandsrundfunk: Die Deutsche Welle. Am 3. Mai 1953 ging sie mit einer Rede des Bundespräsidenten Theodor Heuss auf Sendung. Zunächst auf Deutsch, informierte die Deutsche Welle ihre Hörer bald auch in anderen Sprachen über deutsche Belange. Anders als im Nationalsozialismus war der deutsche Auslandsrundfunk nun ein eine "Stimme der Freiheit" im Kalten Krieg.