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Gesetze gegen Bankenkrise

Sabine Kinkartz17. Mai 2013

Deutschland hat inzwischen 30 Gesetze zur Regulierung des Finanzmarktes auf den Weg gebracht. Die wichtigsten wurden in dieser Woche verabschiedet. Meilensteine seien das, sagen Regierungspolitiker.

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Eine neue Sicht auf die Bankentürme bietet sich am Donnerstag (26.04.2012) in Frankfurt am Main auf der Baustelle für die neue Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) aus rund 80 Metern Höhe. 185 Meter soll der Nordturm und 164 Meter der Südturm erreichen. Bis Ende 2013 soll der spektakuläre Neubau an der denkmalgeschützten Großmarkthalle so gut wie fertig sein, der Einzug der EZB-Beschäftigten ist 2014 geplant Foto: Frank Rumpenhorst dpa/lhe +++(c) dpa - Bildfunk+++
Frankfurt Main SkylineBild: picture-alliance/dpa

Ein Blick auf die Tagesordnungen des Deutschen Bundestags konnte in dieser Woche durchaus abschreckend wirken: CRD IV, Basel III, AIFM, SSM-Verordnung - wer weiß schon auf Anhieb, was diese Kürzel bedeuten? Dabei verbirgt sich hinter ihnen nicht weniger als eine schärfere Regulierung der Finanzmärkte, oder eine, wie der CDU-Abgeordnete und Finanzpolitiker Hans Michelbach sagt, "neue Grundordnung für Banken".

Auf zwei Tage waren die Debatten und Abstimmungen verteilt, am Ende verabschiedeten die Parlamentarier Gesetze über verschärfte Eigenkapitalvorschriften, Bankentestamente, Strafvorschriften für Bankvorstände und die Abspaltung riskanter Finanzgeschäfte. Die Gesetze basieren auf europäischen Vorlagen, denn sie sollen nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa gelten. Eigentlich war geplant, dass die Neuregelungen schon in diesem Jahr in Kraft treten sollten, jetzt wird es der 1. Januar 2014 sein.

Mehr Vorsorge, weniger Risikobereitschaft

Beglückt sind die Banken über die meisten der neuen Vorschriften nicht. Das ist nicht verwunderlich, denn sie müssen sich in Zukunft mit nie gekannten Auflagen arrangieren und sie müssen vor allem Vorsorge betreiben. Es soll nicht noch einmal so weit kommen, dass der Steuerzahler die Zeche zahlen muss, wenn sich ein Kreditinstitut verzockt hat. Musste eine Bank bislang nur zwei Prozent Eigenkapital vorhalten, so sollen es ab 2019 sieben Prozent sein. Bei Banken, die als systemrelevant gelten, deren Zusammenbruch also das weltweite Finanzsystem ins Wanken bringen würde, können es bis zu 10,5 Prozent sein. Das trifft in Deutschland allein auf die Deutsche Bank zu. Der Zusammenbruch der Commerzbank könnte immerhin das nationale Finanzsystem gefährden - sie soll ihr Eigenkapital auf neun Prozent erhöhen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) spricht am 17.01.2013 im Bundestag in Berlin. Der Bundestag befasst sich in der Debatte mit dem Thema einer Europäischen Bankenunion. Foto: Michael Kappeler/dpa
War zum Ärger der Opposition bei den Bundestags-Debatten nicht dabei: Finanzminister SchäubleBild: picture-alliance/dpa

Die SPD hat dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zwar zugestimmt, bemängelt aber, dass die erhöhte Eigenkapitalquote möglicherweise nicht ausreichen wird, um Krisen in Zukunft zu verhindern. So habe auch die Pleite gegangene Investmentbank Lehman Brothers eine Eigenkapitalquote von zehn Prozent gehabt. Die Abgeordnete der Linken, Barbara Höll, zitierte in der Debatte die Organisation Finanzwatch, die errechnet habe, dass die Eigenkapitalquote bis zu 25 Prozent betragen müsse, um wirklich wirksam zu sein. "Und davon sind wir ja einfach meilenweit entfernt", so Höll. 

Von Basel III zu CRD IV

Das Gesetz sieht allerdings vor, dass die Hälfte des erhöhten Eigenkapitals hinreichend liquid sein, das heißt, leicht in Bargeld umzuwandeln sein muss, um Anleger und Gläubiger im Notfall auszahlen zu können. Doch auch das kann die Opposition nicht überzeugen. Besonders kritisch beurteilen die Grünen den Umstand, dass es keine unabhängige Kontrolle geben soll. "Wir verlassen uns auf die Risikomodelle der Banken und lassen die selbst ausrechnen, wie viel Eigenkapital sie brauchen", so der Finanzpolitiker Gerhard Schick. Die Grünen plädieren zusätzlich für die Einführung einer Schuldenbremse für Banken, um die Risiken zu begrenzen.

Die neuen Eigenkapitalvorschriften basieren auf einer Vorlage des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht vom Dezember 2010 und werden in Fortschreibung der bisherigen Vorschriften "Basel III" genannt.  Basel III wiederum ist Teil einer europäischen Richtlinie mit der Bezeichnung Capital Requirements Directive, abgekürzt CRD IV. Diese Verordnung, die das Europaparlament im April dieses Jahres verabschiedete und die der Bundestag in dieser Woche als einer der ersten EU-Staaten in nationales Recht überführte, beinhaltet weitere neue Vorschriften für die Bankenwelt.

Keine überzogenen Boni mehr

So müssen die Manager in Zukunft damit leben, dass ihre Bonus-Zahlungen weitaus geringer ausfallen, als in der Vergangenheit. Maximal ein zusätzliches Jahresgehalt darf als Belohnung in Aussicht gestellt werden. Allein die Aktionäre haben es in der Hand, den Managern ein doppeltes Jahresgehalt als Bonus zuzubilligen. Dafür müssen sie in der Hauptversammlung mit einer Zweidrittelmehrheit dafür stimmen. Bankvorstände werden zudem verpflichtet, dem Risikomanagement einen höheren Stellenwert einzuräumen. Ihnen drohen in Zukunft bis zu fünf Jahre Haft, wenn sie gegen wesentliche Pflichten und Anordnungen der Aufsichtsbehörden verstoßen und dadurch ihr Unternehmen in eine Schieflage bringen.

Was aber soll passieren, wenn es tatsächlich so weit kommt? Für diesen Fall sollen die Finanzinstitute in Zukunft vorsorgen und schon in guten Zeiten Pläne erarbeiten, wie eine Sanierung organisatorisch und geschäftlich ablaufen könnte. Diese sogenannten Bank-Testamente sollen in Zusammenarbeit mit der Finanzaufsicht BaFin erstellt werden. Dort soll zu diesem Zweck eine eigene Einheit eingerichtet werden.

Banken sollen zahlen

Der Opposition im Deutschen Bundestag reicht das allerdings nicht aus. Sie fordert eine unabhängige europäische Abwicklungsbehörde, die das Recht haben soll, Banken zu rekapitalisieren und abzuwickeln. Dafür aber würde ein europäischer Abwicklungsfonds benötigt, den die Banken nach Meinung von SPD und Grünen selbst speisen müssten. "Damit die Banken selber das Risiko übernehmen, und nicht der Steuerzahler", so der SPD-Finanzmarktexperte Manfred Zöllmer.

Die Bundesregierung sieht das anders. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble von der CDU plädiert nach wie vor für ein Netzwerk nationaler Behörden. Der SPD-Politiker Zöllmer kontert: "Selbst in Deutschland gibt es keinen entsprechenden Fonds, der in der Lage wäre, die Aufgabe zu erfüllen." Die von der Bundesregierung beschlossene Bankenabgabe sei viel zu gering. "Da ist doch überhaupt nichts, was national eingebracht werden kann."

Trennbankensystem und mehr Aufsicht

Um die Einlagen der Kunden besser zu schützen, werden Banken gesetzlich verpflichtet, riskante Geschäfte in Zukunft in rechtlich, wirtschaftlich und organisatorisch eigenständige Institute auszulagern und so vom klassischen Bankgeschäft zu trennen. Bis 2016 müssen sie zwei voneinander unabhängige Tochtergesellschaften bilden, wenn der Handel auf eigene Rechnung 100 Milliarden Euro oder 20 Prozent der Bilanzsumme übersteigt. Allerdings können die Töchter unter dem Dach einer gemeinsamen Holding geführt werden.

"Bad Bank" macht Gewinn

In Deutschland werden wahrscheinlich nur die Deutsche Bank, die Commerzbank und die Landesbank Baden-Württemberg betroffen sein. Kritiker des Trennbankensystems bezweifeln allerdings, dass es überhaupt möglich sein wird, in den Banken klare Grenzen zwischen den einzelnen Geschäftsfeldern zu ziehen. SPD, Grüne und die Linken im Bundestag kritisierten zudem, dass die Bundesregierung das Gesetz zum Trennbankensystem nicht so strikt ausgestaltet hat, wie es Pläne einer europäischen Expertenkommission um den finnischen Notenbankchef Erkki Liikanen für Trennbanken vorsehen.

Aufsicht zur EZB

Weiter gestritten wird in Berlin über die Neugestaltung der Bankenaufsicht. Bisher national wahrgenommene Aufgaben soll in Zukunft die Europäische Zentralbank übernehmen. Über ein entsprechendes Gesetz debattierte der Bundestag am Freitag (17.05.2013) in erster Lesung. Die SPD sieht zwar durchaus die Notwendigkeit, eine schnelle Lösung zu finden. Die EZB soll die Aufgabe ihrer Meinung aber nur vorübergehend übernehmen. Geldpolitik und Aufsicht ließen sich nicht wirklich trennen, warnte der SPD-Finanzexperte Manfred Zöllmer. Interessensgegensätze seien vorprogrammiert. "Wie soll eine EZB eine Bank beaufsichtigen, wenn sie gleichzeitig Geschäftspartner und Gläubiger ist?", fragte Zöllmer in der Debatte.