Deutschland in der Rezession: Wirtschaft 2023 geschrumpft
15. Januar 2024Die deutsche Wirtschaft ist im vergangenen Jahr in eine Rezession gerutscht. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank 2023 nach vorläufigen Daten zum Vorjahr preisbereinigt um 0,3 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.
Die hohe Inflation bremste den Privatkonsum als wichtige Konjunkturstütze. Im Jahr 2022 war Europas größte Volkswirtschaft noch um 1,8 Prozent gewachsen. Die Aussichten für das laufende Jahr haben sich Volkswirten zufolge eingetrübt. Manche befürchten auch 2024 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung.
Im vierten Quartal 2023 schrumpfte die deutsche Wirtschaft nach einer ersten Schätzung des Bundesamtes. Nach bisherigen Erkenntnissen ging das BIP zum Vorquartal um 0,3 Prozent nach vorläufigen Daten zum Vorquartal zurück, so die Behörde.
Ökonomen eher pessimistisch für 2024
"Alles in allem war 2023 ein schwacher Konjunkturjahrgang. Für 2024 sieht es keineswegs besser aus.Deutschland ist derzeit in einer Stagnation gefangen", kommentiert Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) die Zahlen vom Statistischen Bundesamt.
Jörg Kramer, Chefvolkswirt der Commerzbank findet die Zahlen besorgniserregend: "Bedenklich ist, dass die deutsche Wirtschaft seit dem Ausbruch von Corona in der Grundtendenz kaum gewachsen ist. Das ist selten und weckt Erinnerungen an die Jahre nach dem Platzen der Aktienmarktblase Anfang des Jahrtausends."
Laut dem Chefvolkswirt des Bankhauses Hauck-Aufhäuser Lampe, Alexander Krüger, kommt die deutsche Wirtschaft einfach nicht vom Fleck. „Die traurige Bilanz sind erneut gestiegene Wohlfahrtsverluste. Die schwache Weltwirtschaft, hohe Zinsen und der Unsicherheit stiftende Politikkurs hängen der Wirtschaft als Klotz am Bein."
Zahlreiche Volkswirte erwarten auch im laufenden Jahr keine nachhaltige Erholung in Europas größter Volkswirtschaft. Viele Wirtschaftsforscher senkten zuletzt ihre Prognosen und rechnen nun mit einem Wachstum von teils deutlich weniger als einem Prozent. Einige Ökonomen schließen auch einen erneuten Rückgang des Bruttoinlandsproduktes nicht aus. Eine der Hauptursachen sieht das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung in der Schuldenbremse, die wichtige Investitionen in Klimaschutz und Infrastruktur erschwere.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November zwingt die Ampel-Koalition zum Sparen und engt den finanziellen Spielraum ein. Das Gericht hatte geurteilt, dass der Bund zur Bekämpfung der Corona-Krise gedachte Gelder nicht für den Klimaschutz nutzen darf.
Mehr Ausgaben als Einnahmen
Im vergangenen Jahr gab der deutsche Fiskus erneut mehr Geld aus, als er einnahm. Nach vorläufigen Daten belief sich das Defizit von Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung auf gut 82,7 Milliarden Euro.
Dennoch hielt Deutschland nach zwei Ausreißern in den Corona-Jahren 2020 und 2021 im zweiten Jahr infolge die europäische Verschuldungsregel ein: Bezogen auf die gesamte Wirtschaftsleistung betrug das Defizit den vorläufigen Berechnungen zufolge im vergangenen Jahr 2,0 Prozent. 2022 waren es 2,5 Prozent. Der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt erlaubt den EU-Staaten ein Haushaltsdefizit von höchstens drei Prozent und eine Gesamtverschuldung von höchstens 60 Prozent des nominalen BIP.
Wegen teurer Corona-Hilfsprogramme waren die Regeln vorübergehend ausgesetzt worden. Kurz vor Weihnachten einigten sich die EU-Finanzminister auf Reformpläne: Vorgesehen ist, dass die jeweilige Situation der Länder künftig stärker berücksichtigt wird.
nm/hb (dpa, rtr)