Deutsche Waffen für Irak kein Tabu mehr
12. August 2014Nach einem Treffen mit dem Zentralrat der Jesiden in Deutschland sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in Berlin, humanitäre Hilfe für die irakischen Jesiden und andere Minderheiten, die durch die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) existenziell bedroht seien, reiche nicht aus. Die Welt erlebe "die Vorbereitung eines Völkermords" an den Jesiden, erklärte der SPD-Vorsitzende. Waffenlieferungen seien rechtlich möglich, wenn ein "besonderes Sicherheitsinteresse" vorliege, betonte der Vize-Kanzler.
Steinmeier: Mehr tun!
Gabriels Parteifreund, Außenminister Frank-Walter Steinmeier, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ): "Humanitäre Hilfe für alle, die Schutz brauchen und die Hilfe gewähren, ist eine Selbstverständlichkeit, aber wir müssen schauen, ob wir nicht mehr tun können und mehr tun müssen." Weiter sagte der SPD-Politiker: "Ich bin angesichts der dramatischen Lage dafür, bis an die Grenzen des politisch und rechtlich Machbaren zu gehen".
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, CDU, will am bisherigen Grundsatz der deutschen Politik - keine Waffenlieferungen in Spannungsgebiete - festhalten. Nach einem Treffen mit ihrem britischen Kollegen Michael Fallon in Berlin sagte von der Leyen, unterhalb dieser Schwelle wolle sie alle Möglichkeiten ausnutzen, die zur Verfügung stünden. Geprüft werde die Lieferung nicht-tödlicher Rüstungsprodukte wie Schutzfahrzeuge, Nachtsichtgeräte oder Sprengfallendetektoren. Auch ein Transport in den Irak durch die Bundeswehr komme in Frage.
Flüchtlingswelle im Irak
Vor der Gewalt der radikal-sunnitischen Terrorgruppe IS im Irak ist inzwischen mindestens eine halbe Million Menschen auf der Flucht. Die Extremisten haben weite Teile des Nordirak erobert. Der IS verfolgt vor allem Christen und die religiöse Minderheit der Jesiden, aber auch schiitische und moderate sunnitische Muslime. Die USA fliegen Luftangriffe gegen Stellungen der Terroristen und unterstützen die Peschmerga-Milizen der Kurden, die gegen den IS kämpfen, mit Waffenlieferungen.
Die EU-Botschafter für Sicherheits- und Verteidigungsfragen haben bei einem Treffen in Brüssel keine gemeinsame Linie zu möglichen Militärhilfen an die irakischen Kurden gefunden. Frankreich, Italien und Tschechien sprachen sich nach Angaben eines Diplomaten für die Lieferung von Militärausrüstung an die Kurden aus. Eine Vielzahl von Staaten habe indes noch keine klare Haltung gezeigt. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius warf europäischen Amtskollegen indirekt vor, ihren Sommerurlaub nicht für Krisenberatungen zur Lage im Irak opfern zu wollen.
wl/SC (dpa, afp, rtr)