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Rüstungsgüter für Nahost

Diana Hodali14. Februar 2013

Weltweit ist kaum eine Region so militarisiert wie der Nahe Osten. Auch Deutschland liefert dorthin Waffen und Panzer. Die Bundesregierung scheint bei den Menschenrechten auch mal ein Auge zu zudrücken.

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Protest gegen Waffenexporte n ach Saudi-Arabien und Syrien (Foto:dapd)
Protest gegen WaffenexporteBild: dapd

Saudi-Arabien will einen Rüstungsdeal mit Deutschland, die Opposition schreit auf und Bundeskanzlerin Angela Merkel schweigt. Das war im Dezember 2012 so, als Saudi-Arabien Interesse am Kauf von ABC-Spürpanzern, Leopard 2-Kampfpanzern und Boxer-Radpanzern bekundet hat und ist auch in diesen Tagen wieder so: Denn Saudi-Arabien will Patrouillenboote im Wert von 1,5 Milliarden Euro in Deutschland erwerben. Laut Rüstungsexportbericht für 2011 lag Saudi-Arabien auf Platz zwölf der größten Empfänger deutscher Rüstungsgüter - im Wert von 1,3 Milliarden Euro.

Ein Radpanzer vom Typ (Foto: Hannibal Hanschke/Pool/dapd)
Saudi-Arabien wollte Radpanzer vom Typ BoxerBild: dapd

Stabilität versus Menschenrechte im Nahen Osten

Aber nicht nur Saudi-Arabien erhält Rüstungsgüter aus Deutschland, sondern auch Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar, Kuwait, Irak, Jordanien, Algerien und auch Israel. Der Nahe und Mittlere Osten gehört laut Globalem Militarisierungsindex (GMI) zu den weltweit am höchsten militarisierten Regionen. "Im Nahen Osten muss man ziemlich genau differenzieren, an wen geliefert wird. So ein Land wie die Vereinigten Arabischen Emirate gilt zum Beispiel als relativ stabil", sagt Rüstungsexperte Christian Mölling von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin im Gespräch mit der DW.

Regierungssprecher Steffen Seibert bezeichnete Saudi-Arabien Anfang Dezember als einen Stabilitätsfaktor in der Region, räumt aber auch ein, dass es Differenzen in Sachen Menschenrechte gibt. "Es scheint, als sei die Bundesregierung bereit in Kauf zu nehmen, auch an Länder zu liefern, in denen die Menschenrechtspraxis miserabel und bedenklich ist", sagt Jan Grebe, Forscher am Bonn International Center for Conversion (BICC). Die Bundesregierung habe noch nicht überzeugend argumentiert, so Grebe weiter, warum sie bereit ist, die Menschenrechte bei solchen Exportvorhaben hintenan zu stellen. Saudi-Arabien hatte 2011 Panzer und Truppen in das Nachbarland Bahrain geschickt, und dem dortigen Königshaus geholfen, die Proteste des eigenen Volkes niederzuschlagen.

Werden Freunde aufgerüstet?

Auch wenn Saudi-Arabien weitestgehend von Protesten im Zuge des so genannten Arabischen Frühlings verschont geblieben ist, will das Land in der Lage sein, jeden inneren Aufstand zu unterdrücken. Spekuliert wird auch, dass Saudi-Arabien sich gegen den Intimfeind Iran rüsten will. "Die Wahrnehmung vieler Länder in der Region ist, dass der Iran eine Gefahr darstellt, das heißt aber nicht, dass sich die Bundesregierung hier an einer Aufrüstung der Nachbarländer beteiligen sollte“, so Jan Grebe vom BICC. Vielmehr sollte die Bundesregierung auf Rüstungskontrolle und Abrüstungspolitik setzen und etwa für vertrauensbildende Maßnahmen in der Region werben.

Brennendes Auto bei Straßenschlachten in Bahrain 2013 (Foto: EPD)
Auch jetzt kommt es in Bahrain wieder zu ProtestenBild: picture-alliance/dpa

Der Iran treibt weiter sein Atomprogramm voran und provoziert damit einen Militärschlag Israels. Israel, das seine Existenz durch Erzfeind Iran bedroht sieht, hat traditionell ein gutes Verhältnis zu den deutschen Bundesregierungen. Die Kanzlerin hat die Sicherheit des jüdischen Staates zur deutschen Staatsräson erklärt. Als Ägypten unter Staatspräsident Mohamed Mursi im vergangenen Jahr U-Boote in Deutschland bestellte, sicherte die Bundesregierung Israel zu, die U-Boot-Lieferung an Ägypten zu stoppen, falls sich Ägypten "feindselig" gegenüber Israel zeige. Israel wird indes auch beliefert – mit U-Booten, die zu Nuklearwaffen aufgerüstet werden können. "Das ist ein Beitrag zur israelischen Stabilität. Israel ist dann so ausgestattet, dass es jeder Zeit in der Lage ist, sich zu verteidigen," sagt Christian Mölling von der SWP.

Unterstützung für Rüstungshersteller?

Doch einen Nachweis dafür, dass die Aufrüstung einer Region auch Stabilität erzeugt, gibt es nicht, sagt Forscher Jan Grebe: "Rüstungsgüter sind langlebige Güter, und keiner weiß heute, wie die politischen Konstellationen in der Zukunft aussehen werden und in welche Hände sie geraten."

Die Opposition fordert daher ein neues Rüstungskontrollgesetz. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin will ein Gesetz, das Rüstungsexporte an Länder, "die unsere Sicherheit mit gefährden, die gleichzeitig Sicherheit und die Menschenrechte ihrer Bevölkerung gefährden", rechtsverbindlich ausschließe. Doch das würde die Rüstungsindustrie in Bedrängnis bringen. Die exportiert zunehmend in den Nahen Osten, also in so genannte Drittländer. Drittländer sind alle Staaten außerhalb von EU, NATO sowie Australien, Neuseeland, Japan und der Schweiz. Das scheint ein langfristiger Trend zu sein, der seine Ursachen zum einen in der sinkenden Nachfrage europäischer Staaten aufgrund der schrumpfenden Streitkräfte hat, so Grebe, zum anderen in der europäischen Finanzkrise. Christian Mölling von der SWP nennt aber noch einen weiteren Grund: "Die Rüstungsexporte, die Deutschland macht, dienen primär dazu, die Möglichkeit zu erhalten, dass Deutschland weiterhin deutsche Rüstungsgüter kaufen kann." Denn nur wenn die großen Rüstungshersteller verdienten, könnten sie auch entwickeln und produzieren.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin spricht im Plenarsaal des Bundestages Foto: Rainer Jensen dpa/lbn +++(c) dpa - Bildfunk+++
Will ein neues Rüstungskontrollgesetz: Grünen-Politiker TrittinBild: picture-alliance/dpa