Solarenergie in Afrika
2. Januar 2014Ein kleines Dorf, mehrere Autostunden von Nairobi entfernt: Eigentlich war es in Ngoswani abends immer dunkel, stockdunkel, denn dort gibt es keinen Strom, der aus der Steckdose kommt. Doch die Bewohner des 2000-Seelen-Dorfes haben jetzt eine Alternative. Abends kann man einen hell erleuchteten Solarkiosk sehen. Und dort herrscht reger Andrang: Die einen schauen Fernsehen, die anderen laden ihre Mobiltelefone auf und wieder andere kommen, um ihre Nahrungsmittel oder ihre Medikamente in dem bereitgestellten Kühlschrank zu kühlen. "Der Solarkiosk ist ein richtiger sozialer Treffpunkt geworden", erzählt Rachna Patel. "Das erlebe ich immer wieder, wenn ich dort bin."
Die junge Frau arbeitet in Nairobi für die Solarkiosk GmbH - sie ist ein sogenannter lokaler Partner. Mit erneuerbaren Energien hatte Rachna Patel bis vor einem Jahr eigentlich nichts zu tun. Rachna wuchs in Kenia auf, ging für ihr Studium der Rechtswissenschaft ins britische Wales und kam 2010 zurück nach Nairobi. Dort arbeitete sie erst als Anwältin in einer Firma, bis sie 2012 das Team der Solarkiosk GmbH aus Berlin kennenlernte. Solarkiosk GmbH - das ist ein Unternehmen, das einen energieautonomen Kiosk entwickelt hat, der den Menschen in netzfernen ländlichen Gebieten Zugang zu Strom bietet - Solarstrom eben. Die Solarzellen versorgen den Kiosk und den installierten Akku mit Strom - und das 24 Stunden am Tag.
Solarenergie aus dem Supermarkt
"Mir gefiel das Konzept auf Anhieb", erzählt Rachna, "besonders, weil es ein Projekt ist, von dem die Menschen direkt profitieren." Außerdem habe sie auch das Potenzial des Marktes für erneuerbare Energien gesehen. Mittlerweile arbeitet Rachna mit acht weiteren Mitarbeitern in Kenia für Solarkiosk. Immer wieder ist sie mit ihren Team im gesamten Land unterwegs - auf der Suche nach neuen Ortschaften und Dörfern, in denen man solch einen Kiosk aufstellen kann. Denn gewisse Kriterien müssen erfüllt sein, sagt der in Berlin ansässige Marketing-Manager Sasha Kolopic. Die Gegend sollte so gut wie kein Stromnetz haben und außerdem sollten mindestens 300 Haushalte in der Ortschaft sein.
Die Einzelteile des Kiosks sind so dimensioniert, dass man sie aus Deutschland mühelos überall hinbringen kann, auch dorthin, wo keine festen Straßen existieren. Die lokalen Partner, Rachna und ihr Team, sorgen dafür, dass die Kioskinstallation vor Ort reibungslos abläuft. Wenn der Kiosk einmal steht, kann man sein Handy aufladen, den Kühlschrank nutzen. Man kann aber auch zertifizierte Solarprodukte wie Lampen und Akkus kaufen. Darüber hinaus bekommt man aber auch alltägliche Lebensmittel wie Seife und Reis. "Der Solarkiosk ist so etwas wie ein Mikro-Supermarkt", sagt Rachna. Besonders die Solarlampen seien beliebt, denn diese erleichtern den Schülern das Lernen. Viele nutzten sonst Kerosinlampen, die schädliche Gase absondern. Und Frauen fühlten sich mit einer Lampe in der Hand sicherer, wenn sie abends unterwegs sind. "Nicht nur, dass sie jetzt Zugang zu Energie haben, die Menschen können jetzt auch ihre eigenen Kräfte freisetzen", sagt Rachna.
Aus den eigenen Reihen
Die lokale Partnerorganisation hilft dabei, einen Betreiber für den Kiosk zu finden, einen Operator, der Franchisenehmer der Solarkiosk GmbH wird. "Wir wollen, dass der Operator eine respektierte Person aus der Gemeinde ist“, sagt Sasha Kolopic. "Denn nur er kann seiner Gemeinde erklären, worum es geht." Wenn er oder sie Outsider wären, sagt er, dann würde das nicht so leicht klappen. "Denn manche Leute standen Solarprodukten skeptisch gegenüber, weil sie nur schlecht funktionierende Produkte kannten oder nicht wussten, wie sie damit umgehen sollen", erzählt Sasha Kolopic.
Die ausgewählten Betreiber seien in der Regel Frauen oder jüngere Männer, müssten lesen und schreiben können, ein mathematisches Grundwissen haben und ein bisschen Englisch sprechen. Zwischen drei und fünf Personen betreiben je einen Kiosk. "Jeder Betreiber stellt zusätzlich noch einen Verwandten oder Freund ein, der ihn unterstützt. So schafft ein Kiosk auch Arbeitsplätze", erzählt Rachna Patel. Die Kioske werden vorfinanziert, der Betreiber zahlt eine Miete auf lokalem Niveau an Solarkiosk und Solarkiosk wird an dem Profit der Dienstleistungen und der Produkte beteiligt. Das, was übrig bleibt, gehört dem Betreiber.
Hilfe bei Entwicklungszielen
"Es ist wirklich eine gute Sache", sagt Rachna. "Viele unserer Betreiber könnten sich alleine gar kein Mini-Unternehmen leisten. So haben sie die Möglichkeit, ihr eigenes Geschäft zu starten". Insgesamt stehen bereits fünf Kioske in Kenia. In Äthiopien sind es bereits sieben. Als nächstes Land soll Botswana folgen. Sasha Kolopic war gerade erst dort und hat sich nach geeigneten Dörfern umgeschaut. Einen Partner haben sie dort schon gefunden.
Insgesamt 800 Millionen Menschen sind alleine auf dem afrikanischen Kontinent ohne Strom. Solarkiosk steht immer in Kontakt mit den lokalen Energieanbietern. "Die großen Stromversorger und die Regierungen wissen, dass es nicht einfach ist, den Großteil der ländlichen Gebiete ans traditionelle Stromnetz anzuschließen", sagt Sasha Kolopic. Die Kosten dafür seien viel zu hoch. Und dort, wo auf dem Land Strom existiert, könne sich nicht jeder den Anschluss leisten. In Kenia kostet es umgerechnet 700 Euro, einen Stromanschluss zu Hause zu bekommen. "Wenn wir Solarkioske aufstellen, dann helfen wir der Regierung auch ihre Entwicklungsziele zu erreichen: weniger Abgase zu produzieren und Zugang zu Strom zu schaffen", sagt Rachna.