"Sicherheitsrat muss dringend handeln"
30. September 2015Deutsche Welle: Frau Whitbread, ein baldiges Ende der Kämpfe in Syrien ist nicht in Sicht. "Save the Children" hat gemeinsam mit anderen Hilfsorganisationen die Rolle des UN-Sicherheitsrats in diesem Konflikt kritisiert. Was erhoffen Sie sich von dem Treffen des Gremiums am Mittwoch?
Jasmine Whitbread: Dies ist jetzt die Gelegenheit für die führenden Politiker, einen langfristigen Ansatz in der Flüchtlingsfrage zu finden. So wie es auch in den Leitlinien der UN steht, sollte man sich bei diesem Treffen auf den Schutz der Verletzlichsten konzentrieren - insbesondere der Kinder.
Das ist ja sehr weit gefasst. Welche konkreten Maßnahmen sollten Ihrer Meinung nach verabschiedet werden?
Unsere zwei Top-Forderungen sind zum einen eine drastische Erhöhung der Mittel für die langfristige humanitäre Hilfe für Syrien und die angrenzenden Staaten. Und zum anderen fordern wird, dass mindestens 200.000 Syrer bis zum Ende des Jahres 2016 umgesiedelt werden.
Die Zahl der Flüchtlinge, die sich bis nach Europa durchschlagen, ist derzeit so hoch wie nie zuvor. Warum sind die Zahlen erst jetzt so extrem gestiegen, obwohl der Krieg bereits in sein viertes Jahr geht?
Die ansteigende Zahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern liegt unter anderem daran, dass die Menschen die Hoffnung verlieren. Sie glauben nicht mehr daran, dass die internationale Gemeinschaft sich wirklich für die Lösung des Konflikts in Syrien einsetzt. Hinzu kommt, dass die Mittel für die humanitäre Hilfe für Menschen in den umliegenden Ländern stark gekürzt worden sind. Auch das hat dazu geführt, dass mehr Menschen sich in Richtung Europa aufmachen.
Kritiker sagen, dass der Sicherheitsrat vor allem darum zusammentritt, weil es jetzt Europa ist, wo so viele Flüchtlinge ankommen.
Der UN-Sicherheitsrat ist das Gremium, das Verhandlungen anstoßen und Resolutionen verabschieden kann, die alle Seiten unter Druck setzen, um dem Konflikt ein Ende zu setzen. Dieser Konflikt hält jetzt schon seit über vier Jahren an. Und zuletzt ist er sogar aus den Nachrichten verschwunden. Es ist furchtbar, dass erst das Fotos eines kleinen Kindes, das tot an der europäischen Küste liegt, wieder mehr Aufmerksamkeit auf diesen Konflikt lenkt. Der UN-Sicherheitsrat muss jetzt dringend handeln und alle Seiten an den Tisch bringen, sodass wird dem Konflikt ein Ende setzen können.
Wie groß sind Ihre Hoffnungen, dass die Staaten sich wirklich auf greifbare Lösungen für den Syrien-Konflikt einigen können?
Ich denke schon, dass es möglich ist - auch aufgrund der beispiellosen Aufmerksamkeit, die derzeit herrscht. Das hat auch zu einem größeren politischen Interesse geführt. Eine Resolution wird es nur geben, wenn ausreichend politischer Wille da ist. Da alle Augen nun auf die Auswirkungen der Konflikte in Syrien gerichtet sind, kann man hoffen, dass dieser politische Wille und die Entschlossenheit da sind, um eine Resolution zu verabschieden.
Jasmine Whitbread leitet "Save the Children International". Die Nichtregierungsorganisation setzt sich für die Rechte und den Schutz von Kindern weltweit ein. Die Organisation ist in 29 Ländern vertreten.
Das Interview führte Greta Hamann.