Der Mann, der die Twin Towers wieder aufbaut
11. September 2011Der Immobilien-Investor Larry Silverstein wollte seine Karriere mit den Twin Towers krönen, als er 2001 einen Pachtvertrag für 99 Jahre unterschrieb. Sechs Wochen später passierte das Unfassbare: am 11. September stürzten die Türme ein. Silverstein machte sich an den Wiederaufbau, schließlich zahlte er weiterhin die Miete. Aber auch patriotische Gefühle trieben den Selfmademan an, der in New York aufgewachsen war und hier sein Glück in Immobilien gefunden hatte. Der Terroranschlag erinnere alle an die Verpflichtung als New Yorker, der Stadt bei der Erholung zu helfen, erklärte Silverstein. Nun will sich der 80-Jährige mit dem Wiederaufbau ein Denkmal mitten in Downtown Manhattan setzen.
Aber gleich am Anfang der Planungen fingen die Konflikte an, die sich über Jahre hinziehen und den Bau verzögern sollten. Viele waren dagegen, dass ein privater Bauherr die Regie übernahm. David Dyssegaard Kallick vom Fiscal Policy Institute gehörte zu denjenigen, die von Anfang an den Wiederaufbau der World Trade Center beobachteten und dokumentierten: "Nicht die Person Larry Silverstein war der wesentliche Faktor. Sondern die Tatsache, dass man einen privaten Bauherrn einbezog. Der war mit seinem finanziellen Interesse mittendrin in einem Projekt, das eigentlich von den Behörden durchgeführt werden müsste."
Überflüssige Büroflächen?
Die öffentliche Meinung kümmerte den schmächtigen Mann aber nicht. Das wird deutlich bei der Wahl seines Architekten. Viele waren dafür, Daniel Libeskind die Türme entwerfen zu lassen, der in Berlin das Jüdische Museum gebaut hatte. Am Ende war aber doch David Child der federführende Architekt. Nicht genug, dass es Uneinigkeit bei dem Design der Gebäude gab. Kritiker finden die riesigen Bürotürme schlicht überflüssig. "Es gibt überhaupt keine Nachfrage nach so viel Bürofläche", sagt David Dyssegard Kallick. "Damit man diese Gebäude überhaupt bauen kann, musste die Regierung die vielen Subventionen bereitstellen. Aber wenn der Markt keine Nachfrage sieht, warum sollte dann die Öffentlichkeit sagen: Lasst es uns machen?"
Die endlos scheinenden Meinungsverschiedenheiten mit Politikern, Angehörigen und Behörden bewegten Larry Silverstein nicht zu einem Rückzug - im Gegenteil. Der Sohn russisch-jüdischer Einwanderer hatte schon früh gelernt, sich durchzusetzen. Seine Karriere begann er in dem Unternehmen seines Vaters, in dem er als Student mitarbeitete. Der Vater vermietete marode Fabriketagen an Textilarbeiter. Larry Silverstein entwickelte dabei ein Gespür für Gebäude, die schon mit wenigen Schönheitsreparaturen einen Gewinn abwarfen.
"Finanzierung gesichert"
Der 80-jährige glaubt auch weiterhin an sich und seinen Instinkt. Und das strahlt er auch aus, wenn er mit ruhiger Stimme sein Bauvorhaben anpreist. Er habe keine Bedenken, die Gebäude am Ground Zero zu bauen und zu finanzieren. Silverstein ist einer der mächtigsten Immobilienunternehmer der Metropole. Er gibt sich medienscheuer als sein Rivale und Selbstdarsteller Donald Trump, aber als erfoglreicher gilt Silverstein. Nur ein historischer Deal fehlte ihm, und das holte er mit dem World Trade Center nach. In den jahrelangen Auseinandersetzungen musste Silverstein immer wieder Niederlagen einstecken. Die Behörden hatten Zweifel, dass er alle Gebäude finanzieren konnte, und übernahmen den Bau des One World Trade Center, dem prestigeträchtigsten der Neubauten. Dagegen gelang es Silverstein aber, für seine verbliebenen Wolkenkratzer Fördermittel auszuhandeln.
Deshalb wird ihm oft Profitgier vorgeworfen. David Dyssegaard Kallick verteidigt Silverstein gegen die Anschuldigungen: "Es ist nun mal ein Profit-Geschäft und er ist ein Bauunternehmer, der schon viel Profit gemacht hat. Das ist nichts Besonderes. Wenn man privatisiert, geht es nun mal um Gewinne. Und Bauherren steigen nur ein, wenn sie einen Profit machen können. Darum geht es schließlich." Ob Silverstein nun tatsächlich von den Anschlägen finanziell profitiert, muss sich noch zeigen. Und auch, ob ihn sein Gespür für den Immobilienmarkt nicht verlassen hat und er die vielen Büros vermieten kann.
Autorin: Annika Krempel
Redaktion: Rolf Wenkel