Der Fabrikant und der Fälscher
22. Mai 2006
Hätte es den Brand nicht gegeben, Herr Hochköppler wäre nie auf die Idee gekommen, in China zu investieren. 1994 bricht in einem Hongkonger Kaufhaus Feuer aus. Als Ursache macht die Versicherung einen technischen Defekt aus. Eine Elektroklemme hat einen Kurzschluss verursacht. Die Marke: Adels-Contact, ein Betrieb in Bergisch-Gladbach, Spezialunternehmen für Anschlusstechnik: Klemmen, Stecker und Kontakte aller Art, meistens im oberen Segment. "Wir verklemmen alles, was man verklemmen kann", sagt J. H. Hochköppler, Chef von 250 Mitarbeitern in Deutschland, Polen, Tschechien, Tunesien und der Türkei. Die Firma liefert in 60 Länder. "Nicht immer freiwillig", sagt Hochköppler, aber man muss halt dahin, wo die Kunden sind.
"Niemand hat an eine Fälschung gedacht"
Ein Vertreter in Hongkong vertreibt das Sortiment in Asien, und nun hat also eine Adels-Contact-Klemme ein Feuer in Hongkong ausgelöst. Der Schaden ist hoch, die Versicherung hält die Firma aus Bergisch-Gladbach für verantwortlich. Die Unglücksklemme wird nach Deutschland zur Begutachtung geschickt. "Auf die Idee, dass das nicht unsere sind, sind wir damals gar nicht gekommen." Von Fälschungen hat damals noch niemand gesprochen. Erst die technischen Tests ergeben: Eine Fälschung, optisch perfekt, technisch schlampig. Die Schadensforderung hat sich erledigt, aber irgendwo in China stellt jemand schlechte Klemmen unter dem Namen Adels-Contact her. Hochköppler beginnt nachzuforschen und macht schließlich den Fälscher ausfindig. Verklagen? Keine Chance. Also kontaktiert er den Chinesen: "Sie sind nah dran", sagt er ihm. "Vielleicht können wir uns mal treffen und dann zusammen vernünftige Klemmen machen." Besser so, als mit ansehen zu müssen, wie jemand anders unter dem guten Namen aus Bergisch-Gladbach schlechte Klemmen verkauft.
Produktpiraterie, zähe Verhandlungen mit ständigen Nachbesserungswünschen, ein undurchsichtiger Geschäftspartner – lange bevor Deutschland im China-Taumel war, hat Hochköppler all das erlebt, wovor sich deutsche Unternehmer fürchten, wenn sie sich ins Reich der Mitte wagen. Egal, ob sie mit glänzenden Augen von einer Milliarde potentiellen Kunden schwärmen oder über die Zwänge zur Kostenminimierung seufzen.
Immer neue Nachbesserungen
Ein Jahr lang verhandelt Hochköppler mit dem Fälscher über ein Joint-Venture. 51 Prozent für Adels-Contact, 49 für den Fälscher, Standort Hongkong. Ständig Besuche, neue Verhandlungen, neue Vertragsentwürfe. Der Chinese will immer mehr Nachbesserungen. "Und dann - wir hatten den Vertrag schon fertig - finden wir raus, dass er die ganze Zeit weiter kopiert hat." Da war dann Schluss.
"Ich kann die China-Euphorie verstehen", betont Hochköppler. Aber für ihn ist das Abenteuer beendet. In Zukunft in China investieren? "Vielleicht. Wenn Rechtssicherheit kommt." Er macht jetzt das, was er vorher auch gemacht hat: Er lässt in Osteuropa produzieren und liefert per Schiff nach China. "Wenn man das vernünftig plant, ist es nicht viel teurer als dort zu produzieren," sagt er. Gerade Rohstoffe wie Messing und Bronze seien in China nämlich ohnehin viel teurer als in Europa. "Der Lohn ist nicht alles."
Und der Fälscher? "Der ist noch da." Einmal wollte er die gefälschten Klemmen sogar in Deutschland auf einer Messe anbieten. Hochköppler drohte mit einer einstweiligen Verfügung und der Chinese verzichtete auf seinen Messestand. Nachdem der Deutsche ihn noch an die schwarzen Listen der Wirtschaftsverbände und -kammern gemeldet hat, hat er aufgegeben. Die Gladbacher beobachten seitdem genau, was in China auf dem Markt ist. Fälschungen sind seitdem nicht mehr vorgekommen. "In der Branche weiß man, dass wir aufpassen", sagt Hochköppler. Der Kopist stellt jetzt seine eigenen Klemmen her. "Aber die sind nicht gut genug für den internationalen Markt. Der macht uns keine Sorgen mehr."