Der Druck auf Saudi-Arabien steigt
13. Oktober 2018Nach dem Verschwinden des regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi steigt der wirtschaftliche und politische Druck auf Saudi-Arabien. Mehrere Unternehmensvertreter sagten ihre Teilnahme an dem Gipfeltreffen unter dem Motto "Davos in der Wüste" mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman Ende Oktober in Riad ab. Dort will bin Salman sein Reformprogramm präsentieren und bei ausländischen Firmen um Investitionen werben. Hinter den Absagen steht der Verdacht, dass der Kronprinz den Regierungskritiker Khashoggi in der eigenen Botschaft in der Türkei ermorden ließ.
Der Chef des Fahrdienstleisters Uber, Dara Khosrowshahi, erklärte, wenn sich die Faktenlage nicht komplett ändere, bleibe er dem Wirtschaftsgipfel fern. Saudi-Arabiens Staatsfonds ist seit 2016 mit 3,5 Milliarden US-Dollar an Uber beteiligt. Deshalb gilt seine Absage als besonders symbolträchtig. Der Gründer der Virgin-Gruppe, Richard Branson, stoppte vorerst mehrere geplante Kooperationsprojekte mit Saudi-Arabien. Sollten sich die Berichte zu Khashoggi bewahrheiten, werde dies die "Geschäftsperspektiven aller westlichen Staaten" zur Regierung in Riad radikal ändern, sagte Branson. Die US-Zeitung "New York Times" teilte mit, nicht mehr als Sponsor für den Gipfel Future Investment Initiative zur Verfügung zu stehen.
Siemens und JP Morgan wollen teilnehmen
Andere Unternehmensvertreter wollen trotz der Berichte weiter an dem Treffen in Riad teilnehmen, darunter Siemes-Chef Joe Kaeser und Jamie Dimon von der US-Investmentbank JP Morgan. Der amerikanische Finanzminister Steven Mnuchin erklärte, er habe seine Pläne bislang nicht geändert. Das könne sich aber ändern, falls es in der kommenden Woche neue Informationen geben werde. Die Leiterin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, bezeichnete die Berichte als entsetzlich. Dennoch müsse sie die Geschäfte des IWF in allen Ecken der Welt ausführen. Deshalb halte sie derzeit an einer Teilnahme an dem Gipfel fest. Der inoffizielle Titel des Treffens - "Davos in der Wüste" - spielt auf das Weltwirtschaftsforum an, das jährlich im Schweizerischen Ort Davos stattfindet.
Westliche Regierungen forderten Saudi-Arabien zur Aufklärung der Vorwürfe auf. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, die saudischen Behörden müssten Transparenz zeigen und auf Vorwürfe umfassend antworten. Er werde Position beziehen, wenn die Fakten klar seien und den Fall mit den Regierungen in Ankara und Riad besprechen. Zuvor hatten unter anderem die USA und Deutschland Aufklärung von Riad gefordert. US-Präsident Donald Trump erklärte, er werde bald selbst mit dem saudischen König Salman sprechen. Die USA würden herausfinden, was passiert sei. Trump sprach sich allerdings gegen einen Stopp der Rüstungsgeschäfte mit Riad aus. Die saudische Regierung zählt wie auch die Türkei zu den wichtigen Verbündeten der USA in der Region.
Alles über die Smart Watch aufgezeichnet?
Khashoggi wird seit einem Besuch des saudischen Konsulats in Istanbul am 2. Oktober vermisst und soll Berichten zufolge dort ermordet worden sein. Nach Angaben der türkischen Zeitung "Sabah" gibt es klare Beweise für die Tötung. In einem Artikel heißt es, die Apple-Computer-Uhr von Khashoggi habe den Mord ebenso wie die vorausgegangene Folter aufgezeichnet. Der Journalist habe nach Einschätzung der Ermittler die Aufnahmefunktion der Apple Watch gestartet, bevor er in das Konsulat gegangen sei. Die Uhr sei mit seinem Handy synchronisiert gewesen, das er seiner vor dem Gebäude wartenden türkischen Verlobten gab.
Dadurch seien die Geräusche während seiner Exekution gespeichert worden, schreibt "Sabah". Nach Khashoggis Tod hätten saudische Geheimagenten bemerkt, dass die Aufnahme laufe. Sie hätten einige, aber nicht alle Daten gelöscht. Die Aufnahmen seien später auf dem Handy gefunden worden.
Riad weist Vorwürfe zurück
Saudi-Arabien wies die Vorwürfe wiederholt zurück. Bei den Berichten über einen angeblichen Auftragsmord handele es sich um "falsche Anschuldigungen", heißt es in einer Stellungnahme des Innenministeriums. Über die Medien verbreitete "Lügen" darüber seien vollkommen haltlos. Unbestritten ist allerdings, dass Khashoggi an dem Tag das Konsulat betreten hat, um Papiere für seine geplante Hochzeit mit einer Türkin abzuholen. Die saudische Regierung lobte ausdrücklich die Zusammenarbeit mit der Türkei in einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe zum Fall und über "andere offizielle Kanäle".
Ba/fab (afp, dpa, ap)