Das autonome Auto bekommt ein Gesetz
10. März 2017Die Autobahn A9 zwischen München und Ingolstadt wird schon seit Herbst 2015 zu Deutschlands "Digitalem Testfeld Autobahn" ausgebaut. Im kommenden Jahr soll auch im Zentrum von Ingolstadt neues digitales Autofahren ausprobiert werden. Die Pilotprojekte werden vom Bund, dem Land Bayern und der Wirtschaft finanziert. Anfang der Woche berichtete Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt in Berlin, er sei kürzlich, bei einem Besuch im Silicon Valley darauf angesprochen worden. In den USA habe sich das Bewusstsein breit gemacht, berichtete Dobrindt stolz, dass Deutschland wieder Technologieführer werden wolle.
Schon seit Jahren versucht der Verkehrsminister, das vollautomatisierte Fahren voran zu bringen. Eine der Baustelle dabei ist die "Herstellung von Rechtssicherheit" im Straßenverkehr. Nun wurde sein Gesetzentwurf für eine Reform der Straßenverkehrsordnung im Bundestag in erster Lesung beraten.
Laut Dobrindt sei Deutschland damit auf dem Weg zum Vorreiter, weil es das "innovativste Straßenverkehrsrecht der Welt" bekäme. Letztendlich gehe es aber um weniger Unfälle und Staus. Und darum, dass die Wertschöpfung der Automobilbranche in Deutschland bleibe, und nicht nach Asien oder in die USA abwandere.
Rolle als Fahrer bleibt
Das Gesetz muss mehrere sensible Bereiche klären: Wer ist schuld, wenn es einen Unfall gibt? Wie werden die Daten gespeichert? Kann der Fahrer schlafen, wenn die Maschine das Steuer übernommen hat?
Nein, schlafen werde der Fahrer nicht dürfen, weil eine "permanente Grundaufmerksamkeit" des Fahrers nötig sei, sagte der SPD-Verkehrsexperte Sören Bartol im Bundestag. Laut Gesetz muss der Fahrer, sobald ihn das System auffordert, "unverzüglich" wieder die Hände an das Lenkrad nehmen. Außerdem muss er im Blick behalten, ob die "Voraussetzungen für automatisiertes Fahren" überhaupt noch bestehen. Zum Beispiel, wenn es draußen so stark regnet, dass die Sensoren Probleme bekommen könnten.
Wirkliche Roboter-Autos werden von diesem Gesetz nicht geregelt. Was geregelt werden soll, sind Fälle, in denen der Computer "für einen gewissen Zeitraum oder in spezifischen Anwendungsfällen" sowohl die "Längsführung (Beschleunigen, Bremsen) als auch die Querführung (Lenken)" übernimmt. Der Fahrer an sich wird nicht ersetzt. Das wäre erst beim wirklich autonomen Fahren der Fall. Dabei gebe es dann wirklich keinen Fahrer mehr, sondern nur noch Passagiere.
Blackbox im Auto - wo bleibt der Datenschutz?
Damit ein Fahrer sich nach einem Unfall nicht damit entschuldigen kann, das "System" habe schuld, werden zukünftig die Fahrdaten erfasst und gespeichert. Auf Verlangen sollen Behörden wie die Polizei darauf Zugriff haben.
Wo aber soll sich der Datenspeicher befinden - im Auto oder beim Hersteller? Und um welche Daten genau geht es? Der Datenschutzbeauftragte von Baden-Württemberg, Stefan Brink, befürchtet laut "Heise-online" eine "Vorratsdatenspeicherung für zunächst unklare Nutzungen". Außerdem werde in Streitfällen das Eigeninteresse von Herstellern übersehen, so die Daten bei ihnen gespeichert würden.
Der Kritik schloss sich in der Bundestagsdebatte auch der Linken-Politiker Herbert Behrens an: Eine Blackbox und drei Jahre Vorratsdatenspeicherung seien "völlig inakzeptabel".
Das Gesetz ist noch nicht in Stein gemeißelt. In den kommenden Wochen wird es in drei Bundestagsausschüssen beraten; Sachverständige werden Stellung dazu nehmen.
Mobilität 4.0
Mit dem Thema eng verbunden ist die Frage der Datenübertragung. Zukünftig werden nicht nur die Autos untereinander, sondern auch mit der Fahrbahn Informationen austauschen. Auf der Münchner Teststrecke wird diese sogenannte Car-to-Infrastructure-Kommunikation bereits getestet.
Technische Grundlage hierfür soll der kommende Mobilfunk G5 sein. Damit sollen nicht allein die Übertragungsraten steigen, sondern auch Real-Time-Aktionen möglich werden. Die sogenannte Latenzzeit, also die Zeitspanne zwischen Signal und Reaktion, soll so kurz werden, dass bei einer Autofahrt nicht Meter, sondern nur Zentimeter vergehen, bis gebremst wird.
G5 soll Anfang der 2020er-Jahre Standard werden. Deutschland hat bereits im Rahmen der EU an entsprechenden Forschungsprojekten teilgenommen. Auf EU-Ebene aber gehe es ihm zu langsam, sagte der Bundesverkehrsminister vor einigen Tagen in Berlin. Deutschland werde deshalb schon 2018 die ersten Frequenzen für G5 zur Verfügung stellen. Außerdem würden, so kündigte Dobrindt an, Bund und Wirtschaft im Rahmen der gemeinsamen "Netzallianz Digitales Deutschland" bis 2020 die Voraussetzungen dafür schaffen, dass der neue Mobilfunk flächendeckend eingeführt werde.