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Streit um Syrien-Waffenembargo

Christoph Hasselbach15. März 2013

Frankreich und Großbritannien haben mit ihrer Forderung, die syrischen Rebellen zu bewaffnen, die EU vor eine Zerreißprobe gestellt. Ein Alleingang würde die gemeinsame EU-Außenpolitik begraben.

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Merkel und Hollande in angeregtem Gespräch Photo: Reuters
Bild: Reuters

An diesem Freitag hat sich der Beginn des Aufstands gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zum zweiten Mal gejährt. Die EU-Staaten haben Sanktionen verhängt, diplomatische Lösungsbemühungen unterstützt, sich an der Flüchtlingshilfe und anderen humanitären Aktionen beteiligt. Aber eine Wende zum Besseren ist nicht absehbar. Frankreich und Großbritannien geht inzwischen die Geduld aus.

Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande hat deswegen bei diesem Gipfel offen ein Ende des Waffenembargos gefordert, um die Aufständischen mit Waffen beliefern zu können. Warum gerade jetzt?, fragte Hollande bei seiner Pressekonferenz nach dem Gipfel, und gab selbst die Antwort: "Weil dieses Drama jetzt zwei Jahre andauert und die Zahl der Opfer jeden Tag größer wird und in den vergangenen Monaten trotz aller Versuche des Vermittlers Lakhdar Brahimi keinerlei politische Lösung gefunden wurde." Hollande und der britische Premierminister David Cameron argumentieren, das EU-Waffenembargo nütze Assad: Russland und der Iran rüsteten die syrischen Regierungstruppen aus, daher müsse man die Rebellen bewaffnen.

Waffen in die falschen Hände?

Das Thema hatte gar nicht auf der offiziellen Gipfeltagesordnung gestanden. Doch die französisch-britische Forderung, einmal erhoben, bestimmte dann den zweiten Gipfeltag - denn: Sie ist umstritten. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann sagte unumwunden: "Ich bin dagegen. Ich glaube, man kann in einem Konflikt, in dem man Waffen liefert, zu keiner Lösung kommen. Das bewirkt in der Regel nur, dass andere wieder auf der anderen Seite mehr Waffen liefern."

Junge macht Victory-Zeichen Photo: Gaia Anderson
Rebellen: Sieg nur mit Waffen aus Europa?Bild: Gaia Anderson

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich etwas zurückhaltender, teilt aber die Kritik: Sie habe "eine ganze Reihe von Vorbehalten gegenüber solchen Waffenexporten an die Opposition, weil man sich fragen müsse, ob man dadurch nicht den Konflikt insgesamt noch einmal anheizt." Viele befürchten auch, dass Waffen aus Europa dann in die falschen Hände geraten, zum Beispiel in die von Extremisten. Merkel ist aber diskussionsbereit in der Frage. Und Paris und London wollen ihre Idee auch nicht sofort in die Tat umsetzen. Zunächst sollen die EU-Außenminister am kommenden Wochenende in Dublin darüber reden.

Das Gegenteil von gemeinsamer Außenpolitik

Doch schon jetzt ärgern sich viele über den Alleingang als solchen - egal, wie es weitergeht. Frankreich und Großbritannien hatten ihre Unabhängigkeit in der Außenpolitik betont, ob die EU nun eine einheitliche Linie findet oder nicht. Der finnische Ministerpräsident Jyrki Katainen kommentierte das enttäuscht mit den Worten: "Wir bemühen uns seit langem in der EU um eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, und ich hoffe, wir können diese gemeinsame Außenpolitik auch durch eine gemeinsame Position zu Syrien stärken."

Kritik an "Doppelmoral" im Umgang mit Russland

Europäische "Dissonanz" sieht die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite auch gegenüber Russland, einem der Waffenverkäufer an das syrische Regime. Die Beziehungen zu Russland waren am zweiten Gipfeltag ebenfalls ein wichtiges Thema. Grybauskaite bezog ihre Kritik aber vor allem auf den Umgang mit Russland in der Menschenrechtsfrage. Hier sieht sie eine "Doppelmoral" der Europäer: Die EU gehe mit großen, strategisch wichtigen Ländern milder um als mit kleinen, "unwichtigen". "Wenn wir das tun, erlauben wir Russland, Dinge zu tun, die wir normalerweise nicht hinnehmen. Wir dürfen bei unseren Positionen und Ansichten keine Abstriche machen und keine Ausnahmen bei großen Ländern wie Russland zulassen."

Gebäude der EU-Vertretung in Moskau mit Europaflagge Photo: picture-alliance/dpa/dpaweb
Hart nur gegenüber den Kleinen? EU-Vertretung in MoskauBild: picture-alliance/dpa/dpaweb

Cameron freut sich über "gekürztes EU-Kreditkartenlimit"

Weitere Auseinandersetzungen stehen der EU auch beim kommenden mehrjährigen Finanzrahmen bevor, dem siebenjährigen Gemeinschaftshaushalt. Das Europaparlament muss zum ersten Mal in der EU-Geschichte seine Zustimmung geben. Und es hatte den Sparhaushalt, auf den sich die Staats- und Regierungschefs nach langwierigen Verhandlungen geeinigt hatten, abgelehnt. Der britische Premierminister Cameron war am stärksten für Kürzungen eingetreten. Jetzt freut er sich: "Wir haben das Kreditkartenlimit gekürzt, und dabei bleibt es auch." Das Parlament werde vielleicht kleine Zugeständnisse an anderer Stelle bekommen, "aber die Obergrenze bleibt die Obergrenze, das wird sich nicht ändern." Das Parlament hat sich aber bisher erstaunlich kampfbereit gezeigt. Ein leichter Sieg wird gegen die selbstbewussten Abgeordneten nicht zu haben sein.