Das Kirchenasyl in Deutschland boomt
23. Februar 2015Derzeit gebe es 226 Kirchenasyle mit mindestens 411 Menschen, berichtete die Zeitung "Die Welt" unter Berufung auf Angaben der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche. Im Vergleich zum Vormonat bedeute dies ein Plus von 13 Prozent. Die Steigerung seit Anfang 2014, als die Arbeitsgemeinschaft lediglich 34 Kirchenasyle gezählt habe, betrage sogar mehr als 500 Prozent. Beim Kirchenasyl handelt es sich um eine befristete Aufnahme von Flüchtlingen ohne legalen Aufenthaltsstatus.
Innenminister Thomas de Maizière hatte kürzlich vor einem Missbrauch des Kirchenasyls gewarnt. Er sagte, wenn Gerichte eine Beendigung des Aufenthalts bestätigten, könne die Kirche sich nicht über das Recht stellen. Der CDU-Politiker hatte dabei auch einen Vergleich zu einer Paralleljustiz durch islamisches Scharia-Recht gezogen. Er betonte, auch die Scharia als "eine Art Gesetz für Muslime" dürfe nicht über deutschen Gesetzen stehen.
CDU bleibt hartnäckig
Der Parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, Ole Schröder (CDU), bekräftigte die Kritik am Handeln der Kirchen. "Ich finde es grundsätzlich problematisch, wenn Gruppen in einem demokratischen Rechtsstaat meinen, sich über das geltende Recht stellen zu können", sagte Schröder der "Welt". "Das gilt genau so für Kirchen und andere Religionsgemeinschaften."
Dagegen verteidigte der SPD-Vize Ralf Stegner die Praxis der Kirchen. "Die Kirchen gehen verantwortungsvoll mit dem Kirchenasyl um", unterstrich Stegner. Man wisse auch, dass das Handeln der Kirchen meistens zu einem guten Ergebnis führe. "Natürlich gibt es nicht zweierlei Recht. Dennoch tut der Staat gut daran, sich bei diesem Thema zurückzuhalten", mahnte der SPD-Politiker. Er äußerte sich zudem kritisch zu de Maizière. "Es war der Sache nicht nützlich, dass der Bundesinnenminister das Kirchenasyl mit der islamischen Scharia verglichen hat."
Mehr Flüchtlinge und mehr Abschiebungen
Derweil rechnet der Bund für dieses Jahr mit einem weiteren Anstieg der Flüchtlingszahlen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge teilte jüngst mit, dass es 2015 rund 300.000 Asylbewerber erwartet. Dies wären 50 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Grund für den Zuwachs seien unter anderem die Konflikte in der Ukraine, in Syrien und im Irak.
Mit den seit Jahren steigenden Zahlen von Zureisenden geht auch eine Zunahme der Abschiebungen einher. Im Verlauf des Jahres 2014 sei in 10.884 Fällen die Abschiebung vollstreckt worden, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion des Bundestages. Damit sei die Zahl der Abschiebungen aus Deutschland 2014 so hoch gewesen wie seit acht Jahren nicht mehr. Nahezu die Hälfte der Betroffenen kam aus Balkanstaaten.
kle/cr (afp, epd)