Das Ende des goldenen Jahrzehnts?
16. April 2013Man hätte einfach auf die Spekulanten-Legende George Soros hören sollen. Bereits 2011 nannte er die Goldpreisentwicklung "die ultimative Blase". Vor kurzem noch warnte er, dass Gold als "sicherer Hafen" nicht mehr tauge.
Ob seine Warnungen den Preisverfall mit ausgelöst hatten? Am vergangenen Donnerstag (11.04.2013) begann der Abstieg, am Freitag brach der Kurs um etwa fünf Prozent ein. Am Montag gab es dann kein Halten mehr. Der Preis für eine Feinunze (31,3 Gramm) stürzte in der Spitze um über acht Prozent auf 1356 Dollar ab - an drei Handelstagen summierte sich der Kursverfall auf 15 Prozent. Vor einem halben Jahr notierte der Preis noch über 1800 Dollar. "Das war immerhin der größte Abschlag seit 30 Jahren. Allein am Montag wurden rund 770 Milliarden US-Dollar an Wert vernichtet", sagt Norman Rudschuck, Analyst bei der NordLB.
Herdentrieb und enttäuschende China-Zahlen
Dabei spiele Herdentrieb eine Rolle. "Es waren sich selbst verstärkende Kräfte, die nacheinander gewirkt haben", so Rudschuck gegenüber der Deutschen Welle. So könnte der Ausverkauf beispielsweise durch so genannte Stopp-Loss-Orders ausgelöst worden sein, bei denen automatisch neue Verkäufe getätigt werden, wenn eine Marke nach unten durchbrochen werde, erläutert Rudschuck.
Aber auch andere Faktoren führten zu den Panikreaktionen am Goldmarkt. So fielen die Konjunkturzahlen aus China schlechter als erwartet aus. Die chinesische Wirtschaft ist im ersten Quartal um 7,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Erwartet wurden acht Prozent. "China ist sowohl der zweitgrößte Goldkonsument als auch der zweitgrößte Ölkonsument weltweit", sagt Rudschuck. Und wenn dort die Wirtschaft ins Stottern gerate, dann schlage sich das immer auf alle Preise gleichzeitig nieder, so der Rohstoff-Experte weiter.
Spekulationen wegen Zypern und Fed
Als einen weiteren Grund nennt er die Spekulation um die Goldreserven der Euroländer. So hat am Freitag Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank, angedeutet, dass Zypern einen Teil seiner Goldreserven verkaufen könnte, um den Eigenbeitrag zum geplanten Hilfspaket aufzustocken. Zwar ist Zypern mit seinen 14 Tonnen Gold nicht in der Lage, den Goldpreis nicht beeinflussen. Doch Anleger fürchten, dass das Beispiel Zypern in der Eurozone Schule machen könnte.
Einige Analysten vermuten zudem, dass die Investoren mit einem baldigen Ende der ultralockeren Geldpolitik in den USA rechnen, weil sich die US-Wirtschaft zuletzt robust gezeigt hat. Damit würde Gold als Inflationsschutz nicht mehr attraktiv. Steigende Unternehmensgewinne sorgen zudem für steigende Aktienkurse. Die Karawane der Investoren würde dann an Gold vorbeiziehen und sich wieder den Aktien zuwenden. Will man es positiv sehen, dann ist der Preissturz beim Gold ein Zeichen für die wieder anziehende Weltkonjunktur.
Langsame Erholung erwartet
Auch wenn einiges dafür spricht, dass die "goldene Dekade" vorbei ist, hält Norman Rudschuck von der NordLB den Kursabsturz für übertrieben und erwartet eine langsame Erholung: " Wir denken, dass die Zentralbanken, die gerne Gold kaufen würden - dort ist wieder China zu nennen, aber auch Russland - jetzt die Chancen nutzen werden und zu deutlich niedrigeren Preisen wieder einsteigen." Damit würden sie gleichzeitig ihre Zentralbankbilanz unabhängiger vom US-Dollar machen.
Während die westeuropäischen Zentralbanken 70 bis 80 Prozent ihrer Devisenreserven in Gold halten, sind es in China nur zwei und bei den Russen zehn Prozent. Es gebe noch viel Aufholpotential, meint Rudschuck. Den Goldkurs sieht er Ende des Jahres bei 1700 bis 1800 Dollar - und damit in der Nähe des bisherigen Rekordhochs.