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GesellschaftDeutschland

Darknet: Wo Schatten ist, da ist auch Licht

Lukas Hansen
12. Januar 2021

Drogenhändler, Auftragskiller, Pädophile - wer ans Darknet denkt, denkt an Kriminelle und dubiose Machenschaften. Doch das Darknet hat auch gute Seiten.

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Darknet Kriminalität l Symbolbild
Anders als viele meinen tummeln sich im Darknet nicht nur Kriminelle Bild: Imago/photothek/F. Gaetner

Surfen, ohne aufgespürt zu werden: Im Darknet ist das möglich. Hier kann man anonym und verschlüsselt Internetseiten aufsuchen - und das lockt auch Kriminelle an. Ab und zu gelingt der Polizei ein empfindlicher Schlag gegen die Cyberkriminalität: So wurde jetzt der "weltgrößte illegale Marktplatz vom Netz genommen", wie zahlreiche Medien berichten. Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz im Südwesten Deutschlands teilte am Dienstag (12.1.2021) mit, dass der mutmaßliche Betreiber des "DarkMarket", wie die Plattform hieß, festgenommen wurde. Außerdem wurden rund 20 Server in der Ukraine und Moldau beschlagnahmt.

Drogenhandel dominiert das Darknet

Auf "DarkMarket" wurde so gut wie alles gehandelt: 56 Gramm pures Heroin konnte man für 900 Euro bestellen, ein halbautomatisches Maschinengewehr für 300 Euro. Eine Liste mit Sozialversicherungsnummern von FBI-Agenten gab es für 300 Euro, und Facebook-Passwِörter von 100.000 Nutzern waren zum Schnäppchenpreis von 30 Euro im Angebot.

WikiLeaks ohne Darknet nicht mِöglich

Genau solche kriminellen Machenschaften prägen das Bild vom Darknet in der ِöffentlichen Wahrnehmung. Kaum einer verbindet es mit Themen wie Friedensbewegungen, Whistleblowing oder Meinungsfreiheit - dabei sind auch sie eng mit dem Darknet verknüpft.

So wäre auch WikiLeaks, die Plattform, auf der ab 2006 geheime Dokumente der US-Regierung verِöffentlicht wurden, ohne das Darknet nicht mِöglich gewesen. Denn über das Anonymisierungnetzwerk TOR - so der Name des Browsers, der ins Darknet führt - lassen sich Dateien problemlos verschlüsseln und anonymisiert hochladen.

Lisa Dittmer
Lisa Dittmer interessiert sich für die positiven Seiten des Darknets Bild: Lukas Hansen

"Der Tor-Browser ermِöglicht Menschen außerdem, anonym im Internet zu surfen und zensierte Websites aufzurufen", erklärt Lisa Dittmer von Reporter ohne Grenzen. Sie beschäftigt sich für die Organisation vor allem mit der Freiheit im Internet und weiß, dass es einige Länder gibt, in denen freie Meinungsäußerung ohne das Darknet nicht mِöglich wäre.

Darknet umgeht Zensur im Internet

"China ist wahrscheinlich das bekannteste Beispiel", so Dittmer: "Nordkorea natürlich auch. In diesen Ländern sind soziale Netzwerke wie zum Beispiel Facebook gesperrt. Und es gibt mehr und mehr Länder, die die Überwachung und Zensur des Internets ausbauen. Zum Beispiel Iran und Russland."

Das Darknet spiele auch eine wichtige Rolle bei aktuellen Protestbewegungen, beispielsweise bei den Aufständen in Belarus gegen die dortige Regierung und Präsident Alexander Lukashenko, erklärt Dittmer weiter: "In diesem Land wird die Nutzung von sozialen Medien maßgeblich unterbunden. Und Journalisten werden Akkreditierungen weggenommen. Deswegen ist es dort mittlerweile absolut wichtig geworden, alternative Kommunikationstools zu finden, die die Zensur der Regierung umgehen kِönnen."

Wie funktioniert die chinesische Firewall?

Mehrheit der Tor-Nutzer nicht kriminell

Genau dort liegt auch die ursprüngliche Idee hinter dem Darknet beziehungsweise dem Tor-Project, das 2002 mit dem Tor-Browser die Pforten ins Darknet ِöffnete. "Unsere Mission ist, dass sich Leute vor Überwachung schützen  und Zensur umgehen kِönnen", erklärt Julius Mittenzwei von Tor Project: "Wo auch immer sie sich im Internet bewegen, werden sie verfolgt. Das will Tor ändern."

Mittenzwei stِört bei der Berichterstattung über das Darknet und Tor, dass der Fokus oft auf die illegalen Seiten gelegt wird. "Die wenigsten wissen wahrscheinlich, dass der Großteil der rund zwei Millionen Nutzer, die Tor jeden Tag benutzen, unseren Browser für komplett legale Aktivitäten nutzen", stellt er klar.

Ausgewogene Berichterstattung erwünscht

Auch Dittmer wünscht sich einen Image-Wechsel des Darknets. Natürlich müsse man über kriminelle Seiten wie "DarkMarket" berichten, aber eben nicht ausschließlich. Denn: "Kritik an der Anonymisierung im Darknet ist für mich auch ein Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit in vielen Ecken der Erde."