Dalai-Lama: Mantren für die Seele
6. Juli 2020"Der Sinn meines Lebens ist es, so sehr zu dienen, wie ich kann. Musik kann Menschen auf eine Art helfen, wie ich das nicht kann", sagt der Dalai Lama anlässlich der Veröffentlichung seines ersten Albums "Inner World". Musik vermittle die Botschaft, dass die wahre Quelle des Glücks Warmherzigkeit und die Sorge für andere sei, so der buddhistische Mönch.
Die spirituelle Kraft der Mantras
Mit dem Album, das am 6. Juli, also auf den Tag genau am Geburtstag von Tenzin Gyatso, so der Mönchsname des Dalai Lama, erscheint, will das tibetische Oberhaupt den Menschen ein Geschenk machen. Nach fünfjähriger Arbeit liegen nun elf Stücke vor, die Musik, Lehren und bekannte Mantras miteinander vereinen. Mantras sind heilige Worte oder Verse, die im Hinduismus und Buddhismus während der Meditation oder des Gebets immer wieder rezitiert werden. Sie sollen trösten und spirituelle Kraft spenden. Es sind die Kernanliegen des Dalai Lama, die auf dem Album zu Gehör kommen: Mut, Heilung, Weisheit, Reinigung, Schutz und Menschlichkeit.
"Dalai Lama müsste der Führer der Welt sein"
Auf der CD spricht das buddhistische Oberhaupt die Mantren selbst ein, für seine Anhänger ein ganz besonderes meditatives Erlebnis. Vorab konnten sie im Netz schon "Compassion" anhören. "Om Mani Padme Hum" intoniert der Dalai Lama immer wieder, was so viel bedeutet wie "Oh, du Juwel in der Lotusblüte" - das universelle Mantra der Liebe und des Mitgefühls.
"Ich kenne dieses Mantra, aber es hat eine ganz andere Bedeutung, wenn es von ihm gesprochen wird", schreibt ein User. Und ein anderer: "Dieser Mann müsste der Führer der Welt sein." Aus Frankreich meldet sich eine Stimme mit den Worten: "Ein wenig Sanftheit in dieser harten Welt."
Ein Halt in der Krise
Den Menschen mit der CD "Inner World" einen Halt in dieser von Krisen gebeutelten Welt zu geben, ist das erklärte Ziel des Dalai Lama. Die Inspiration dazu bekam er von einer langjährigen Schülerin, der neuseeländischen Musikerin Junelle Kunin. Sie hatte ihm geschrieben, dass ein solches Album doch bestimmt Leuten mit emotionalem Stress helfen könne. Sie und ihr Mann Abraham haben es auch produziert. Er komponierte die Musik und spielte mehr als 30 Instrumente selbst, hinzu kamen andere Künstler aus der ganzen Welt – und natürlich die Stimme des Dalai Lama.
Vom tibetischen Thron ins Exil
Und wer weiß besser als dieser Mann, wie schwer die Bürden des irdischen Lebens oftmals zu tragen sind: Der Sohn einer armen tibetischen Bauernfamilie war noch keine zwei Jahre alt, als buddhistische Mönche in ihm die Wiedergeburt des 13. Dalai Lama erkannten. In diesem Kind lebte nach ihrer Überzeugung die Seele Buddhas fort. Am 22. Februar 1940 kletterte Lhamo Döndrub als Kleinkind auf den Thron und erhielt den Mönchsnamen Tenzin Gyatso. 1950, mit Erreichen der Volljährigkeit im Alter von 15 Jahren, wurde er zum spirituellen und weltlichen Oberhaupt Tibets ausgerufen. Doch noch im selben Jahr marschierte die chinesische Armee ein. Nach einem blutig niedergeschlagenen Volksaufstand der Tibeter gegen die Besatzer 1959 musste der Dalai Lama ins Exil nach Indien fliehen, wo er bis heute lebt.
Gewaltloser Widerstand
Lange hat er von Dharamsala aus eine Exilregierung geführt. Mittlerweile hat er das Amt abgegeben. Doch die Vision, seinem Volk eines Tages ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit zu verschaffen, treibt ihn weiter an. Er predigt nicht den Aufstand mit Waffen, sondern den gewaltlosen Widerstand - das brachte ihm 1989 den Friedensnobelpreis ein. Überall auf der Welt wird der Dalai Lama verehrt und als zweiter Mahatma Gandhi angesehen. Für die Chinesen allerdings ist er ein "Wolf im Schafspelz", verhasster Staatsfeind und Separatist. Selbst sein Foto ist in Tibet verboten. Wenn der Dalai Lama am 6. Juli seinen 85. Geburtstag feiert und dazu seine erste CDs mit Mantras lanciert, werden ihn seine Anhänger und Verehrer auf der ganze Welt hören können - nur die Menschen in seiner Heimat Tibet nicht.