Söder sitzt auf Bayern-Thron
16. März 2018- Die CSU-Abgeordneten wählen Markus Söder einstimmig
- Die Wahl des Seehofer-Nachfolgers gibt der CSU Rückenwind für den Landtagswahlkampf
- Die Partei sieht den Machtkampf zwischen Söder und Seehofer als überwunden an
Seine Wahl war eine Formsache, aber das genaue Ergebnis wurde mit Spannung erwartet: Mit 99 von 169 abgegebenen Stimmen ist der CSU-Politiker Markus Söder vom bayerischen Landtag zum Nachfolger von Ministerpräsident Horst Seehofer gewählt worden. Damit erhielt der bisherige Finanzminister Bayerns in einer geheimen Wahl die Stimmen aller anwesenden CSU-Landtagsabgeordneten. Einen Gegenkandidaten gab es nicht. Von den 101 CSU-Abgeordneten fehlten nach Fraktionsangaben zwei wegen Krankheit. Insgesamt zählt der Landtag in Bayern 180 Abgeordnete. Die Partei wertete das Ergebnis als gute Basis für den anstehenden Landtagswahlkampf. "Das ist ein großartiger Vertrauensvorschuss", sagte Söder nach seiner Wahl vor den Abgeordneten. Generalsekretär Markus Blume bezeichnete das Ergebnis als "die legendäre Geschlossenheit der CSU".
Der jüngste Ministerpräsident Bayerns
Markus Söder wirkte erkennbar überwältigt. "Ich gebe zu, ich bin etwas ergriffen", sagt der 51-Jährige nach seiner Wahl. "Mir persönlich war es nicht in die Wiege gelegt, hier heute zu stehen", sagte der Arbeitersohn. Mit seiner Wahl zum Ministerpräsidenten befindet sich Söder auf einem Höhepunkt seiner politischen Laufbahn. Der Weg dorthin war für den Mann aus der Region Nürnberg kein leichter.
Mit dem am Dienstag aus dem Amt geschiedenen und am Mittwoch als Bundesinnenminister vereidigten Horst Seehofer lieferte sich Söder einen unerbittliche Machtkampf, der auch die CSU entzweite. Bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr hatte die CSU unter Seehofer mit 38,8 Prozent der Stimmen in Bayern ihr historisch schwächstes Ergebnis eingefahren. Der jahrelang im Untergrund schwelende Machtkampf gelangte an die Oberfläche - an dessen Ende kündigte CSU-Chef Seehofer seinen Rücktritt als Ministerpräsident an.
Als Söder am Mittag seinen Amtseid auf die bayerische Verfassung ablegt, ist die erste CSU-Doppelspitze endgültig im Amt: Söder als neuer Ministerpräsident und Spitzenkandidat für die Landtagswahl, an seiner Seite Parteichef Seehofer, der sein Landtagsmandat aber bis zum Sommer aufgeben will.
Hand in Hand mit Berlin?
Allen öffentlichen Beteuerungen, allen schönen Bildern der Eintracht zum Trotz ist klar: Seehofer und Söder werden keine Freunde mehr. Seehofer wurde in den vergangenen Landtagssitzungen nicht mehr gesehen und ob auch der obligatorische Händedruck als Zeichen der Machtübergabe in der Staatskanzlei stattfinden werde, war lange fraglich. Dass sie so gut zusammenarbeiten werden, wie sie behaupten, ist menschlich fraglich, parteipragmatisch zumindest vorstellbar. Auch wenn Söder nun auf dem Bayern-Thron sitzt, ist er weiterhin von Seehofer abhängig. Längst lassen sich bei einer Wahl bundes- und landespolitische Aspekte nicht mehr trennen. Deshalb muss Seehofer in Berlin möglichst schnell liefern, will er nicht zwangsläufig die Wahlchancen seines Nachfolgers schmälern.
Sich auch durch politisch kritische Phasen zu retten, lernte Söder von seinem politischen Ziehvater Edmund Stoiber. Nachdem Söder bis 2003 Chef der Jungen Union war, wurde er ab 2003 Stoibers CSU-Generalsekretär. 2007 kam Söder als Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten erstmals ins bayerische Kabinett, dem er seitdem ununterbrochen angehörte. In einem Interview sagte Söder, dass sein Vorbild aus Kindheitstagen der ehemalige CSU-Ministerpräsident und Übervater Franz Josef Strauß war.
Landesvater statt Hardliner
Ein weiterer Meilenstein seiner Karriere wird die anstehende Landtagswahl in Bayern im Herbst. Dann muss der Politstratege liefern und zeigen, dass er auch Wähler für sich einnehmen kann. In der kommenden Woche wird Söder sein erstes Kabinett bilden. Mit dieser Mannschaft muss er im Oktober einen deutlichen Wahlsieg erringen. Wenn Die CSU ihre absolute Mehrheit verlieren und die AfD oder die FDP in den Landtag einziehen sollten, wäre die CSU auf einen Koalitionspartner angewiesen. Im Parlament bilden bisher SPD, Grüne und Freie Wähler die Opposition.
Fährt Söder am Wahltag nicht merklich über 40 Prozent der Stimmen ein, wäre dies für die Partei und ihn persönlich eine herbe Enttäuschung. Der neue Landesvater weiß das und arbeitet. "Machen und Kümmern" werde sein Leitmotiv, sagt er. Eine erste inhaltliche Agenda hat er schon präsentiert. Sollte er scheitern, könnte womöglich der nächste Machtkampf in der CSU gestartet werden. Um dem entgegenzuwirken, feilt er an einem neuen Image. Ob seine neu eingeläutete Charmeoffensive verfängt, ist fraglich: Das Zwischenmenschliche ist es, wo Söders Kritiker bis heute seine größte Angriffsfläche sehen. Bislang hält ihn nur etwa die Hälfte der Bayern für sympathisch.
sam/jj (AFP, dpa, rtr)