Impfstoff laut Biontech und Pfizer zu 90 Prozent wirksam
9. November 2020Zwar liegen noch keine Primärdaten vor und es hat auch noch keine Überprüfung durch eine Peer-Review-Publikation gegeben, aber diese Pressemitteilung des Mainzer Impfstoff-Herstellers Biontech und Pfizer macht Hoffnung: Ihr Impfstoffkandidat BNT162b2 erwies sich in der ersten Zwischenanalyse als mehr als 90 Prozent wirksam im Schutz vor COVID-19-Erkrankung und es wurden auch keine schwerwiegenden Nebenwirkungen beobachtet.
Gesammelt wurden die Daten von einem externen, unabhängigen Data Monitoring Committee (DMC) im Rahmen der laufenden Phase-3-Studie, an der bislang insgesamt 43.538 Probanden in verschiedenen Ländern teilnahmen. Die eine Hälfte bekam den mRNA-Impfstoff, die andere Hälfte erhielt ein Placebo.
Das DMC habe "keine ernsthaften Sicherheitsbedenken" gemeldet und empfehle, dass die Studie wie geplant mit der Erhebung zusätzlicher Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten fortgeführt wird. Für die dritte Novemberwoche ist bereits die Einreichung eines Antrags zur Notfallzulassung (Emergency Use Authorization - EUA) bei der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) geplant.
Kurssprünge an den Aktienmärkten
Die Hoffnung auf einen baldigen Corona-Impfstoff sorgte auch an den Aktienmärkten für ein Kursfeuerwerk: Der deutsche Aktienindex Dax stieg plötzlich um mehr als 600 Punkte, die Aktie des Mainzer Unternehmens Biontech legte um mehr als 26 Prozent zu.
Zwar handelt es sich erst um eine Zwischenanalyse, aber Biontech und Pfizer sind damit die weltweit ersten Unternehmen, die erfolgreiche Daten aus der für eine Zulassung entscheidenden Studie mit einem Corona-Impfstoff vorgelegt haben.
Zwei Impfungen für wirksamen Impfschutz
Die Ergebnisse sind laut der Pressemitteilung sehr vielversprechend: "Die Fallaufteilung zwischen geimpften Personen und Personen, die das Placebo erhielten, zeigt eine Impfstoff-Wirksamkeitsrate von über 90 Prozent sieben Tage nach der zweiten Dosis."
Die beiden Impfungen werden im Abstand von drei Wochen verabreicht, ein Impfschutz wird nach Angaben der Unternehmen eine Woche nach der zweiten Injektion erreicht.
Bislang wurden in der Studie 94 bestätigte COVID-19-Fälle registriert. Die klinische Studie soll bis zur finalen Datenanalyse mit 164 bestätigten COVID-19-Fällen weiterlaufen, um zusätzliche Daten zu erheben und den Impfstoff in Bezug auf die weiteren Studienendpunkte zu analysieren, teilten die Unternehmen mit. Dabei soll auch geklärt werden, inwieweit die Impfung auch vor schweren COVID-Verläufen schützt.
Insgesamt soll über einen Zeitraum von zwei Jahren beobachtet werden, ob der Schutz wirkt und ob vielleicht doch mögliche Nebenwirkungen auftreten.
Begeisterte Reaktionen von Experten
In ersten Stellungnahmen reagierten die meisten Expertinnen und Experten sehr erfreut auf die Zwischenanalyse. So etwa Gerd Fätkenheuer, Leiter der Infektiologie an der Uniklinik Köln: "Das sind großartige und vielversprechende Daten. Es ist unglaublich, dass in so kurzer Zeit dieser Fortschritt mit Entwicklung eines Impfstoffes und klinischer Prüfung innerhalb weniger Monate erzielt werden konnte. Die bisherigen Ergebnisse zu Wirksamkeit und Sicherheit sind hervorragend. Ich denke, das wird unseren Umgang mit der Pandemie entscheidend beeinflussen, und ich hoffe, dass rasch große Mengen des Impfstoffes zur Verfügung stehen werden. Den beteiligten Forschern kann man nur gratulieren."
Begeistert zeigte sich auch Florian Krammer, Professor am Department of Microbiology, Icahn School of Medicine at Mount Sinai in den USA: "Das sind fantastische Resultate. Die Wirksamkeit könnte höher sein als vermutet, und das bedeutet vermutlich auch, dass es - zumindest in den USA - sehr bald zu einem Antrag zur Zulassung kommen wird. Selbstverständlich wäre es besser, altersspezifische Daten zu sehen, aber ich vermute, dass diese bald publiziert werden. Ehrlich gesagt ist das die beste Nachricht, die ich seit dem 10. Januar erhalten habe."
Bei aller Euphorie stehe die eigentliche Überprüfung der Ergebnisse aber noch aus, gibt Marylyn Addo, die Leiterin der Sektion Tropenmedizin am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) Hamburg zu bedenken: "Das sind interessante erste Signale, die allerdings erneut nur in einer Pressemitteilung mitgeteilt werden. Es stehen noch keine Primärdaten zur Verfügung und eine Peer-Review-Publikation steht noch aus. Die exakten Daten müssen wir zur abschließenden Einschätzung noch abwarten."