Dänemark und die Zombie-Nerze
27. November 2020Millionen Nerze mussten in Dänemark getötet werden, nachdem Anfang November auf einigen Zuchtfarmen im Norden Jütlands eine mutierte und auf den Menschen übertragbare Form von SARS-CoV-2 entdeckt worden war. Die dänische Regierung befürchtete, die Mutation "Cluster 5" könne künftige Impfungen unwirksam machen. Nach der Keulung geht man in Kopenhagen aber davon aus, die Mutation wieder "ausgemerzt" zu haben.
Doch kaum zwei Wochen später sind Hunderte tote Nerze auf einem Militärgelände wieder aufgetaucht. In einem dort angelegten provisorischen Massengrab wurden die verwesenden Pelztiere aufgrund von Fäulnisgasen wieder an die Erdoberfläche getrieben. Die Kadaver seien nur noch mit einer dünnen Sand-Kalkschicht bedeckt, berichtete die Polizei im westdänischen Holstebro.
Vorübergehendes Problem?
Vorwürfe, die gekeulten Tiere seien nicht tief genug vergraben worden, wies das zuständige Umwelt- und Landwirtschaftsministerium zunächst von sich. Die Nerze lägen zwei Meter tief unter der Erde. Und überhaupt handele sich um ein "vorübergehendes Problem", das mit dem Verwesungsprozess zusammenhänge, hieß es. Das Gebiet werde nun Tag und Nacht kontrolliert und aufgetauchte Kadaver erneut mit Erde bedeckt, bis ein Zaun errichtet sei.
Doch die Anwohner sorgen sich um ihre Gesundheit. Sie befürchten die Kontaminierung des Grundwassers und eines nahegelegenen Badesees. Zudem stellen Experten und eine politische Mehrheit immer drängender die Frage, warum die mit einer gefährlichen Coronavirus-Mutation infizierten Tiere zuhauf im Sand verbuddelt und nicht in Müllverbrennungsanlagen entsorgt wurden. Der zuständige Minister Rasmus Prehn erklärte sich daraufhin gesprächsbereit. Er wolle eine einvernehmliche Lösung anstreben - auch wenn das bedeute, die Nerze wieder auszugraben.
"Fehler gemacht"
Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sorgte derweil mit einem emotionalen Auftritt auf einer Nerzfarm für Schlagzeilen. Bei Züchtern in der Nähe von Kolding berichtete sie den Tränen nahe davon, wie ein Vater und sein Sohn innerhalb kürzester Zeit das Ende ihres Lebenswerks miterleben mussten. "Das war nicht, weil sie schlechte Nerzzüchter gewesen wären. Das ist wegen Corona", sagte sie.
Frederiksen bat die Züchter zugleich um Entschuldigung für "Fehler", die gemacht worden seien. Denn tatsächlich fehlte dem Regierungsbeschluss zur Keulung aller Nerze in Dänemark anfangs die Rechtsgrundlage. Lebensmittelminister Mogens Jensen musste daraufhin zurücktreten.
Deutschland will die Pelzfarmen stilllegen
Inzwischen ist das Coronavirus in mehreren EU-Ländern bei Nerzen nachgewiesen worden. Unter anderem in den Niederlanden, Frankreich, Spanien, Schweden, Italien und Litauen wurden vereinzelt Fälle festgestellt. Das alles hat zudem ein Schlaglicht auf die Haltungsbedingungen auf europäischen Pelzfarmen geworfen.
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner forderte bereits ein EU-weites Verbot der kommerziellen Pelztier-Zucht . Es müsse nun eine "grundsätzliche" Diskussion über die Haltung von Nerzen geben, sagte sie. In Deutschland ist keine kommerzielle Nerzzucht mehr möglich.
rb/kle (afp, dpa, rtr)