Corona-Kreuzfahrtschiff irrt weiter umher
31. März 2020Der Traumurlaub wurde zum Horror-Trip: Das Kreuzfahrtschiff "Zaandam" mit vier Toten und mehreren Corona-Fällen an Bord sucht weiter verzweifelt einen Hafen. Im US-Bundesstaat Florida, wo das Schiff nach langer Irrfahrt in einen Hafen einlaufen sollte, dürfen die Passagiere nun doch nicht an Land gehen.
Der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, erklärte gegenüber dem Fernsehsender Fox News: "Wir sehen das als sehr großes Problem an und wollen nicht, dass derzeit Leute in Süd-Florida abgeladen werden." Sein Bundesstaat könne es sich nicht leisten, dass Bettenkapazitäten von Menschen aufgebraucht würden, die nicht aus Florida kommen. Wegen der Angelegenheit stehe er in Kontakt mit dem Weißen Haus, sagte DeSantis weiter. Später sprach er sich dafür aus, zunächst ein spezielles Ärzteteam an Bord zu schicken. Dies müsse aber die Reederei organisieren.
Die Besatzung der "Zaandam" wollte das Schiff der niederländischen Reederei Holland America Line eigentlich in den Hafen von Fort Lauderdale steuern. Dies schloss aber auch der Bürgermeister der Stadt aus. Es sei "völlig inakzeptabel", die "Zaandam" festmachen zu lassen, sagte Dean Trantalis.
In der Nacht zuvor war das Kreuzfahrtschiff durch den Panama-Kanal vom Pazifik in die Karibik gefahren, nachdem die Kanalaufsicht ihre vorherige Blockadehaltung aufgegeben hatte. Vor der Einfahrt in den Kanal hatte das Schwesterschiff "Rotterdam", das von San Diego aus losgeschickt worden war, Passagiere mit dem besten Gesundheitszustand von Bord der "Zaandam" geholt, wie die Reederei mitteilte. Mehrere hundert Menschen hätten über "Sanitäts-Gänge" das Schiff gewechselt. Außerdem versorgte die "Rotterdam" die "Zaandam" mit Lebensmitteln, Personal und Corona-Tests. Beide Schiffe sind derzeit zusammen unterwegs in der Karibik und haben 2500 Passagiere und Besatzungsmitglieder an Bord.
Der Präsident der Reederei Holland America Line, Orlando Ashford, warnte unterdessen vor weiteren Todesfällen auf dem Schiff. "Es sind schon vier Gäste verstorben und ich befürchte, dass weitere Menschenleben auf dem Spiel stehen", schrieb er auf der Internetseite seines Unternehmens. Die Zahl der Corona-Infizierten auf der "Zaandam" ist nach Angaben Ashfords inzwischen auf acht gestiegen. 193 Personen hätten Grippe-Symptome. Von den vier seit dem Auslaufen des Schiffs in Argentinien vor drei Wochen verstorbenen Passagieren ist die Todesursache immer noch nicht bekannt.
Auch Bundesaußenminister Heiko Maas ist inzwischen mit dem Drama befasst. Er äußerte noch am Montag die Hoffnung, dass die beiden Schiffe bald in den Hafen von Fort Lauderdale einlaufen und die Passagiere von dort ausgeflogen werden könnten.
Ursprünglich waren 79 Deutsche an Bord der "Zaandam", darunter das Rentnerpaar Eva von Braunschweig (72) und Jürgen Wolff (82). Die beiden hatten am Wochenende einen Hilferuf per Video auf Instagram veröffentlicht. "Ich habe unerträgliche Angst um das Leben meines Mannes und mir", sagt Braunschweig darin unter Tränen. "Auf uns warten zu Hause fünf Kinder und 14 Enkel, ich bitte um Hilfe!" Inzwischen sollen die beiden einem "Focus"-Bericht zufolge zusammen mit den meisten anderen Deutschen auf die "Rotterdam" gewechselt sein.
Die beiden Schiffe nehmen trotz der Absage des Gouverneurs weiter Kurs auf Florida. Die Verwaltung des Hafens von Fort Lauderdale hatte sich zuletzt offen für eine Aufnahme des Schiffes gezeigt, aber Bedingungen gestellt: Die Reederei müsse einen detaillierten Plan vorlegen, wie sie die Passagiere von Bord und nach Hause bringen wolle. Zudem müsse das Unternehmen selbst für den Transport und die medizinische Versorgung der erkrankten Passagiere an Land sorgen, das Gepäck der Gäste desinfizieren und den medizinischen Abfall fachgerecht entsorgen.
Es wurde damit gerechnet, dass die "Zaandam" und die "Rotterdam" am Mittwochabend oder Donnerstagmorgen (Ortszeit) in Fort Lauderdale eintreffen. An Bord des Schiffes befinden sich neben den deutschen Passagieren auch 305 US-Bürger und 247 Gäste aus Kanada.
Die "Zaandam" war am 7. März in Buenos Aires gestartet und hatte das Kap Horn umfahren. Seit Mitte März sucht sie nach einem Hafen, der ihre Passagiere an Land lässt. Mehrere Häfen in Südamerika verweigerten ihr wegen der Infektionsfälle an Bord die Einfahrt.
stu/se (dpa, afp)