Deutsche Impfspenden für das Ausland
28. Juli 2021Rund 60 Prozent der Deutschen sind derzeit mindestens einmal geimpft. Die Politik sieht eine Wegmarke erreicht: Bis jetzt "konnte jedem Impfwilligen in Deutschland ein Impfangebot gemacht werden", heißt es im Bericht zur Impfkampagne des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) vom 26. Juli 2021, der der DW vorliegt.
Doch die Impfbereitschaft hat nachgelassen. Trotzdem werden noch einmal rund 100 Millionen Impfdosen für das dritte Quartal, von Juli bis September, erwartet. Die Verfügbarkeit übersteigt aktuell den Bedarf. Impfstoff ist also genug vorhanden.
Die Bundesregierung hatte zugesagt, bis Ende 2021 mindestens 30 Millionen Impfspenden abzugeben. Anfang Juni folgte der Beschluss der Bundesregierung. Gespendet werden sollen die beiden Impfstoffe AstraZeneca und Johnson&Johnson.
Auftrag: Impfstoff zurückholen
Nun soll es mit der internationalen Spendenaktion losgehen. Zuständig ist das Bundesgesundheitsministerium. Es soll dazu einen zentralen Plan geben, hatten die Gesundheitsminister von Bund und Ländern schon am 19. Juli beschlossen.
Die Herausforderung dabei: Die Impfdosen, die gespendet werden sollen, müssen erst wieder eingesammelt werden. Denn nicht nur, dass genug Impfstoff vorhanden ist - es gibt inzwischen vor Ort zu viel davon. Es gibt übrig gebliebenen Impfstoff in den Verteilzentren der Bundesländer sowie Impfdosen, die schon an Ärzte oder Impfzentren geliefert wurden und dort voraussichtlich nicht mehr verimpft werden. Diese Dosen müssen nun zurück in die Lager des Bundes.
Noch ist dieser Plan anscheinend nicht ganz fertig. Laut Impfbericht des BMG sei man mit den Ländern dabei, "den Prozess aufzusetzen". Sicher gestellt werden müsse, dass der Impfstoff qualitativ einwandfrei sei und ein gewisses Haltbarkeitsdatum vorweise.
Auf jeden Fall aber werden einzelne Praxen nicht selbstständig Impfdosen ins Ausland spenden können. Zuletzt hatten sich manche Ärzte darüber beschwert, dass Impfdosen, die doch im Ausland dringend gebraucht würden, in Deutschland zu verfallen drohten. "Die Abgabe der zentral durch das BMG beschafften COVID-19-Vakzine durch Praxen, Kommunen oder die Bundesländer an andere Staaten oder Projekte ist aus rechtlichen Gründen unzulässig und ausschließlich dem Bund vorbehalten," heißt es auf Anfrage der DW aus dem Ministerium.
Großteil der Spenden geht an COVAX
Ab "Kalenderwoche 31", also ab dem 2. August, so heißt es vom BMG auf DW-Nachfrage, sollen die ersten Impfdosen an COVAX geliefert werden. Der entsprechende Vertrag sei in der "finalen Abstimmung".
COVAX ist die Abkürzung für "Covid-19 Vaccines Global Access". Die globale Impfinitiative will die Ungleichheit bei den Corona-Impfungen zwischen Industrieländern auf der einen und Schwellen- und Entwicklungsländern auf der anderen Seite verringern.
Den Anfang hat Deutschland nicht gemacht. Zuletzt hatte Spanien den Beginn von Impfspenden gemeldet.
Laut Beschluss des Bundeskabinetts sollen vier von fünf Impfspenden an COVAX gehen. COVAX bestimmt dann selbst, in welchen Regionen der Welt die Dosen verimpft werden.
"Brot für die Welt", das Entwicklungswerk der evangelischen Kirchen in Deutschland, mahnt zur Eile. In Afrika zum Beispiel sei aktuell nur ein Prozent der Bevölkerung geimpft. Daher sei es nun wichtig, schnell zu handeln, weil in Afrika eine schwere dritte Welle viele Menschenleben fordere, teilte die Organisation der DW mit. Idealerweise hätte man COVAX von Anfang an sehr viel besser ausstatten müssen, als es bisher der Fall sei.
Drei Millionen Impfspenden für den Westbalkan
Deutschland hat sich dazu entschieden, nicht nur an COVAX zu spenden, sondern Impfdosen auch direkt an Staaten zu geben. Das soll 20 Prozent der Impfdosen ausmachen. Gespendet werden soll insbesondere an Staaten des Westbalkans, der östlichen Partnerschaft sowie nach Namibia. Allein für den Westbalkan sind drei Millionen Impfdosen vorgesehen.
Wann es damit losgeht, scheint aber noch nicht ganz klar. Die sogenannten bilateralen Spenden sollen "so schnell wie möglich" starten, sagte das Ministerium der DW. Details dazu könne man noch nicht mitteilen.
Kritik an "Impfdiplomatie" von Geberländern
Bilaterale Spenden sind nicht ganz unumstritten. Ihnen haftet der Vorwurf an, sie würden strategischen Zielen des Geberlandes dienen und seien Teil einer "Impfdiplomatie". "Brot für die Welt" sieht das nicht ganz so problematisch. Bilaterale Spenden seien "zwar nicht ideal, aber wenn sie in Regionen eingesetzt werden, wo es keinen anderen Impfstoff gibt, dann sind sie besser als nichts".
Die 30 Millionen geplanten Impfdosen aus Deutschland sind aus Sicht von "Brot für Welt" gut, sie machten aber nur einen kleinen Teil aus. Denn nur eine "Ausweitung der Kapazitäten" werde "uns weiterbringen". Erste Schritte seien immerhin gemacht mit mehr Produktionsanlagen vor Ort. Auf der Tagesordnung müsse aber eine Freigabe von Lizenzen bleiben, wie sie Indien und Südafrika schon seit Oktober 2020 forderten.