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Corman: "Besorgnis wegen Ukraine-Krise"

Robert Schwartz7. Mai 2014

Auch wegen der Krise in der Ukraine müsse das Assoziierungsabkommen der Republik Moldau mit der EU so bald wie möglich unter Dach und Fach kommen, sagt Parlamentspräsident Igor Corman.

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Igor Corman Parlamentspräsident Moldau (Foto: EPA/DUMITRU DORU)
Bild: picture-alliance/dpa

DW: Die Krise in der Ukraine wirft ihre dunklen Schatten auch auf die Republik Moldau. Am Montag (05.05.2014) hat die moldauische Führung die Sicherheitskräfte an der Grenze zur Ukraine in Alarmbereitschaft versetzt. Wie schätzen Sie die aktuelle Lage in der Republik Moldau ein?

Igor Corman: Zurzeit ist die Lage in der Republik Moldau ruhig und stabil. Ja, wir haben die Sicherheitskräfte an der Grenze angewiesen, die Entwicklungen im Nachbarland Ukraine und an unserer Südgrenze mit besonderer Aufmerksamkeit zu verfolgen. Dies vor allem nach den Ereignissen von letzter Woche in Odessa, das ja nur 60 Kilometer weit entfernt liegt. Aber wir verfolgen natürlich seit längerem die Lage in der Ukraine mit größter Besorgnis. Wir haben uns von Anfang an gefragt, ob sich diese separatistischen Aktionen im Osten unseres Nachbarlandes auch auf den Süden ausdehnen könnten und somit die Lage in der Republik Moldau beeinflussen. Wir haben auch, wie Sie wissen, eine separatistische Region – Transnistrien, wir haben eine autonome Region Gagausien. Wir sind sehr besorgt und hoffen, dass die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft zur allgemeinen Stabilität führen werden und sich die Krise nicht auf die gesamte Ukraine und die ganze Region, inklusive auf die Republik Moldau, ausweiten wird.

Sie haben Transnistrien und Gagausien erwähnt. Die separatistische Republik Transnistrien hat ja bereits die Eingliederung in die Russische Föderation gefordert. Befürchten Sie eine Wiederholung des Krim-Szenarios im Falle Transnistriens?

Wir können die Ereignisse auf der Krim nicht mit der Lage in der Region Transnistrien vergleichen. Auch die Russische Föderation hat kürzlich offiziell unterstrichen, dass eine politische Lösung gefunden werden müsse, wobei die territoriale Integrität und Souveränität der Republik Moldau außer Frage stünden. Dass sich diese offizielle Haltung Moskaus nicht geändert hat, wurde mir bei meinen Gesprächen mit dem Vorsitzenden der Russischen Duma, Sergej Narischkin, erneut bestätigt.

Sollte sich die Lage in der Republik Moldau dennoch zuspitzen: Wie wird Chişinău reagieren? Wie wird das Militär reagieren? Viele Moldauer sind auch rumänische Staatsbürger. Erwarten diese Menschen Hilfe aus Rumänien, so ähnlich wie die russische Minderheit in der Ukraine den Schutz Russlands gesucht hat?

Wir schließen kategorisch jegliche Intervention ausländischer Kräfte aus, die die Sicherheit unseres Staates gefährden würde. Unsere Aufgabe ist es, im Inneren des Landes Ordnung und Ruhe zu bewahren. Deshalb müssen die staatlichen Institutionen ihre Pflicht tun. Aus meiner Sicht gibt es eher innere Risiken im Vorfeld der Parlamentswahlen im November 2014. Es gibt Bestrebungen gewisser politischer Kräfte, die Lage zu destabilisieren. Wir stützen uns auf die gesunden politischen Kräfte in unserem Land und auf unsere Bemühungen, die Bürger von der europäischen Idee zu überzeugen. Wir sind davon überzeugt, dass es für unser Land keine Alternative zum europäischen Weg gibt. In diesem Kontext zählen wir auf die Unterstützung der EU, der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten und somit auch unseres Nachbarlandes Rumänien. Aber wir sind genauso davon überzeugt, dass es uns gelingen wird, auch die Beziehungen zu unseren traditionellen Partnern im Osten, inklusive zur Russischen Föderation, beizubehalten und auszubauen.

Visafreiheit in Chisinau Moldau Moldawien (Foto: Simion Ciochină)
Die Moldauer freuen sich über die Visafreiheit für Reisen in die EUBild: Simion Ciochină

Wird Ihr Land das Assoziierungsabkommen mit der EU wie geplant Ende Juni unterzeichnen, ungeachtet möglicher Provokationen oder Versprechungen von Seiten Russlands?

Nachdem wir die EU-Visafreiheit für die moldauischen Bürger am 28.04.2014 umgesetzt haben, ist das nächste kurzfristige Ziel in den Beziehungen mit der EU die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens. Dies geschieht wahrscheinlich Ende Juni. Nachdem wir in Vilnius das Abkommen paraphiert haben, sind wir bereit, es zu unterzeichnen. Wir warten jetzt auf das Signal der EU, wann wir es unterzeichnen werden. Mehr noch, wir sind daran interessiert, das Abkommen noch in dieser Legislaturperiode, also vor den Parlamentswahlen im November 2014 zu ratifizieren.

Besteht die Überlegung in Chişinău, den Wirtschaftsteil des Abkommens nicht zu unterzeichnen, um Moskau nicht völlig zu verärgern?

Wir beabsichtigen, das gesamte Abkommen zu unterzeichnen. Auch hier kann man die Republik Moldau nicht mit der Ukraine vergleichen. 50 Prozent unseres Handelsvolumens wickeln wir mit den EU-Staaten ab. Russland bleibt aber ein sehr wichtiger Partner für uns. In den bilateralen Handelsbeziehungen steht das Land an erster Stelle, wir importieren Erdgas aus Russland, Hunderttausende von Moldauern arbeiten in der Russischen Föderation. Aus diesen Gründen sind wir sehr daran interessiert, dass die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU unsere Beziehungen zu Russland nicht beeinträchtigt. Wir haben deshalb regelmäßige Konsultationen zwischen Vertretern aus Chişinău und Moskau begonnen und vorgeschlagen, dass diese weitergeführt werden sollten – auch über einzelne Kapitel im Vertrag, die für die Kollegen aus Moskau von Interesse sein könnten. Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass dieses Abkommen unsere Handelsbeziehungen mit der Russischen Föderation in keiner Weise beeinträchtigt, solange dieses Thema nicht politisiert wird. Wir hoffen, dass diese Konsultationen zur Klärung einzelner Punkte beitragen und wir keine Probleme bei der Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens haben werden.

Am 9. Mai wird in der Republik Moldau gleich zweimal gefeiert: es ist der Europa-Tag und der Tag des Sieges über den Faschismus. Die pro-europäischen Parteien wollen die Europa-Feier traditionsgemäß auf dem Platz der Großen Nationalversammlung veranstalten. Linke, pro-russische Oppositionsparteien haben zum Tag des Sieges einen Marsch auf demselben Platz angekündigt. Haben Sie einen Plan, wie mögliche Provokationen oder gar Konfrontationen vermieden werden können?

Es gibt unterschiedliche politische Kräfte, die versuchen, an diesem Tag – vor allem auch wegen der Parlamentswahlen Ende des Jahres – politisch zu punkten. Aus meiner Sicht sollte es keine Probleme geben: Der Tag des Sieges symbolisiert den Frieden und das Ende des Zweiten Weltkriegs, der Europa-Tag ist ebenfalls ein Symbol des Friedens und der Einheit auf unserem Kontinent. Es gibt also keine Gegensätze zwischen den beiden Feiertagen. Allerdings braucht es noch Zeit, bis die moldauische Gesellschaft geschlossen die Meinung teilt, dass der 9. Mai uns einen und nicht spalten sollte. Um Spannungen zu vermeiden, haben wir beschlossen, den Tag des Sieges am 9. Mai feierlich im Beisein der Staatsführung zu begehen. Am 10. Mai werden wir dann gemeinsam mit den Vertretern der EU-Delegation in Chişinău den Europa-Tag feiern.

Igor Corman ist Parlamentspräsident der Republik Moldau. Von 2004 bis 2009 war er Botschafter seines Landes in Berlin.