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Politik

China ignoriert zunehmend Menschenrechte

8. September 2020

Es ist gleich, ob man nach Hongkong schaut oder Richtung Uiguren - die Menschenrechtslage in China hat sich dramatisch verschlechtert. Ins Visier der Pekinger Führung gerät zunehmend auch die ausländische Presse.

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Hongkong Protest gegen Verschiebung der Wahl
Schwer bewaffnete Polizisten in Hongkong verfolgen am Sonntag Demonstranten Bild: picture-alliance/Zuma/K. Tsuji

Ein äußerst düsteres Bild der Lage in China zeichnet die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler. "Ich beobachte seit geraumer Zeit, wie sich die Menschenrechtslage in China dramatisch verschlechtert und immer weiter hinter den internationalen Verpflichtungen zurückfällt", beklagte die SPD-Politikerin in Berlin nach mehr als fünfstündigen Gesprächen mit Regierungsvertretern in Peking. Der 16. deutsch-chinesische Menschenrechtsdialog fand als Videokonferenz statt.

Diskutiert wurden nach ihren Worten die Beschneidung der bürgerlichen und politischen Rechte in der Sonderverwaltungszone Hongkong aufgrund des Ende Juni verabschiedeten umstrittenen Sicherheitsgesetzes. Zur Sprache kamen laut Kofler auch die dortigen Festnahmen vom Wochenende, nach Protesten gegen die Verschiebung der Wahl. 

Bundestag Bärbel Kofler SPD
Bärbel Kofler ruft China zur Einhaltung von Menschenrechtsstandards und des Völkerrechts auf (Archiv) Bild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Außerdem ging es um die Überwachung und Verfolgung von Minderheiten, insbesondere wurde laut Kofler die "katastrophale Situation" der Uiguren angesprochen, von denen mehr als eine Million Menschen in Umerziehungslagern interniert sind. Auch die Unterdrückung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sei zur Sprache gekommen.

Die Menschenrechtsbeauftragte wies darauf hin, dass die chinesische Seite keinerlei Bereitschaft zeige, auf konkrete Fälle und Vorgänge wirklich einzugehen. "Das habe ich gegenüber den chinesischen Gesprächspartnern auch deutlich zum Ausdruck gebracht", erklärte sie. Gleichwohl betonte Kofler die Bedeutung dieses Austauschs, den Peking in dieser Form nur mit Deutschland zulässt.

Australische Reporter flüchten aus China 

Doch nicht nur die eigene Bevölkerung hat die chinesische Führung im Visier. Ausländische Journalisten sind ebenfalls zunehmend unerwünscht. Das bekamen nun die letzten beiden australischen Korrespondenten in China zu spüren. Sie sahen sich gezwungen, Hals über Kopf in der Nacht zum Dienstag das Land zu verlassen.

Es handelt sich um den Pekinger Studiochef des australischen Fernsehsenders ABC, Bill Birtles, und den Kollegen der Zeitung "Australian Financial Review" in Shanghai, Michael Smith. Ihre Ausreise wurde erst nach einem dramatischen Ringen möglich, bei dem die Journalisten vier Tage lang in diplomatischen Vertretungen in Peking und Shanghai Zuflucht gesucht hatten, wie Birtles der Deutschen Welle erläuterte.

Australische Journalisten verlassen China - Bill Birtles
Der Journalist Bill Birtles spricht nach seiner Landung in Sidney mit Kollegen Bild: picture-alliance/Australian Broadcasting Corporation via AP

Er schilderte, die chinesischen Behörden hätten die Ermittlungen zur prominenten, Mitte August festgenommenen Nachrichtenmoderatorin des chinesischen Staatssenders CGTN, Cheng Lei, zum Anlass genommen, ihn und Smith zu befragen. Der australischen Staatsbürgerin wird "Gefährdung der Staatssicherheit" vorgeworfen.

Birtles vermutet hinter dem Fall noch eine andere Absicht der chinesischen Behörden. Er glaube, der ganze Vorfall sei Teil einer konzertierten Aktion Pekings gegen die australischen Medien in China, sagte er der DW weiter. 

Australische Journalisten verlassen China - Michael Smith
Auch der Zeitungsreporter Michael Smith ist froh, China verlassen zu haben Bild: picture-alliance/Australian Broadcasting Corporation via AP

Am Montag hatte Peking damit gedroht, weitere Journalisten amerikanischer Medien auszuweisen. Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages, Gyde Jensen, sprach von einer "höchst alarmierenden" Entwicklung. Die Zensurmauer von Präsident Xi Jinping trennt nicht mehr nur die chinesische Bevölkerung von Wahrheit und Fakten, sagte Jensen. Man müsse davon ausgehen, dass sein Ziel die komplette Kontrolle über alle Informationen und Bilder sei, die von der Volksrepublik in die Welt gesendet würden.

se/uh (dw, dpa, rtr, afp, kna)