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Politik

CDU: Zwischen Fatalismus und Resthoffnung

Kate Brady rk
26. Oktober 2018

Landtagswahlen sind keine Mini-Bundestagswahlen - das jedenfalls will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Wählern in Hessen für Sonntag mit auf den Weg geben. Doch für die zählt längst nicht mehr nur die lokale Politik.

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Deutschland, Fulda: Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier Bundeskanzlerin Angela Merkel nehmen an der letzten Wahlkampagne vor den bevorstehenden Landtagswahlen teil
Bild: REUTERS

"Que será, será, whatever will be, will be" - dröhnt der 50er Jahre-Hit aus den Lautsprechern in der Konzerthalle in der Innenstadt von Fulda. "Was auch immer sein wird, wird sein". Die Wahl des Soundtracks bei der konservativen CDU-Wahlkampfveranstaltung erscheint angesichts der Situation, in der sich die Bundesregierung im Moment befindet, irgendwie passend. Und das nicht zuletzt durch den Auftritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem Ehrengast an diesem Donnerstagabend. Ein bisschen Fatalismus, gepaart mit obligatorischer Resthoffnung.

Zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen muss sich die Bundesregierung auf einen Rückschlag gefasst machen. In dem Bundesland, das in den vergangenen 20 Jahren konservative Hochburg war. 

Auswirkungen auf die Groko

Die CDU ist in den Meinungsumfragen vor der Wahl in Hessen auf 26 Prozent abgerutscht - zwölf Prozent weniger als bei der letzten Landtagswahl 2013. Und das trotz niederiger Arbeitslosenquote und boomender Wirtschaft. Doch die Landtagswahl vor zwei Wochen in Bayern hat bereits gezeigt: "It's not the eceonomy, stupid!" An der Wirtschaft liegt es nicht.

Am Sonntag steht nicht nur Merkels Glaubwürdigkeit als Parteivorsitzende auf dem Spiel, auch ihr enger Vertrauter Volker Bouffier droht, seinen Posten als hessischer Ministerpräsident zu verlieren. Bei einem katastrophalen Wahlergebnis am Sonntag wird sich Merkel hinter niemandem verstecken können - anders als noch in Bayern, wo die herben Verluste für die Konservativen durch die monatelangen Scharmützel mit der bayrischen Schwesterpartei zumindest erklärt werden konnten. Diesen Sonntag jedoch könnte die Wahl in Hessen das Ende von Merkels Regierungskoalition einläuten.

Hessiche Ministerpräsident Volker Bouffier und seine Frau Ursula
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier und seine Frau Ursula schauen optimistischBild: DW/K. Brady

Hessens Ministerpräsident Bouffier versucht trotz aller Prognosen, positiv zu bleiben. "Ich bin optimistisch für das Ergebnis am Sonntag", sagte er der DW nach seinem letzten Wahlkampfevent mit der Kanzlerin in Fulda. "Aber die Bundespolitik hat bei dieser Wahl sicherlich die Landespolitik überschattet."

Dass das Wahlergebnis in Hessen die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierung in Berlin widerspiegeln könnte, will die Kanzlerin eigentlich partout vermeiden. "Es kann nicht jede Landtagswahl zu einer kleinen Bundestagswahl stilisiert werden", sagte sie Anfang der Woche dem Hessischen Rundfunk. "Das ist falsch. Für die Menschen in Hessen steht viel auf dem Spiel." Die Wähler sollten ihre Stimme auf der Grundlage der Landespolitik abgeben - nicht auf Grundlage der Bundespolitik - diese Forderung bekräftigte Merkel auch am Donnerstagabend noch einmal.

Enttäuschte CDU-Wähler

Für viele Wähler dürfte das zu spät kommen. "Ich habe genug davon", so ein Hesse zur DW in Fulda. "Ich war lange Zeit CDU-Wähler. Aber die endlosen Debatten über die Migration und dann der Dieselskandal und die mangelnde Einigkeit in der Koalition - das bringt mich dazu, mein Wahlverhalten am Sonntag zu überdenken." Wenn nicht CDU, wer dann? "Die Grünen", sagt er. "Die wissen, wofür sie stehen."

Sollten die Grünen den hessischen Koalitionspartner am Sonntag übertreffen, könnte die CDU am Ende leer ausgehen. Auch ein linkes grün-rot-rotes Bündnis könnte dann eine Option in Hessen sein. Und das, obwohl die schwarz-grüne Koalition in dem Bundesland gut dasteht.

Rüber zur AfD

Doch die Grünen sind nicht die einzige Partei, zu der sich desillusionierte Wähler flüchten. Die AfD dürfte am Sonntag zum ersten Mal in den hessischen Landtag einziehen. Damit wäre die Partei in allen 16 Bundesländern vertreten. Stefan Vogel aus Fulda war lange CDU-Wähler und bis 2003 sogar Mitglied der Partei. Doch Anfang diesen Jahres hat er seine "Alternative" gefunden und trat der AfD bei. "Ich bin enttäuscht von Merkel. Sie ist machtbesessen", sagt er der DW. "Ich unterstütze den Euro nicht und auch nicht die Einführung der Ehe für alle, die durchgesetzt wurde. Sie (Merkel, Anmd.d.Red.) hat die Migrationskrise praktisch ausgelöst. Stattdessen habe ich jetzt eine demokratische Alternative gefunden: die AfD."

AfD Wähler Stefan Vogel
Stefan Vogel - von der CDU zur AfDBild: DW/K. Brady

Jüngsten Umfragen zufolge liegt die Alternative für Deutschland in Hessen bei rund 13 Prozent und könnte damit viertstärkste Kraft werden. Auch wenn alle Parteien eine Koalition mit den Rechtspopulisten ausschließen, erschwert ein gutes Abschneiden der Partei die anschließende Koalitionsbildung - unabhängig davon, wer das Mandat dazu erhalten wird.

Doch selbst wenn es Merkels Konservativen gelingen sollte, ein Desaster am Sonntag zu vermeiden, heißt das nicht, dass auf Bundesebene Ruhe einkehrt.

Que será será

Die hessischen Sozialdemokraten liegen derzeit Kopf an Kopf mit den Grünen - bei 20 bis 22 Prozent. Ein weiterer Rückschlag für die Sozialdemokraten würde die parteiinternen Forderungen nach einem Ausstieg aus der Großen Koalition auf Bundesebene - nur knapp ein halbes Jahr nach ihrer Bildung - verstärken. Ein Rücktritt der SPD aus der Großen Koalition würde ein großes Fragezeichen für die Zukunft der deutschen Bundesregierung bedeuten.

In Hessen könnte es eine Vorentscheidung geben. Was auch immer sein wird, wird sein.

Wegweisende Wahl in Hessen