Bei Union weiter Wirbel um Burka-Verbot
12. August 2016Bundesinnenminister Thomas de Maizière appellierte insbesondere an die Politiker im eigenen Lager, "nicht neuen Unfrieden in unser Land" zu bringen. Es gebe Absprachen in der Koalition, denen auch die CSU zugestimmt habe. Man solle sich in Berlin jetzt doch bitte darauf konzentrieren, "was mehr Schutz für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet", wünschte er sich in einem Fernsehinterview. Vergeblich: Die Debatte über seine Pläne für schärfere Sicherheitsgesetze ist voll entbrannt, und besonders umstritten bleibt dabei ein Burka-Verbot.
"Falsch verstandene Toleranz"
Der Maßnahmenkatalog sei "nicht ausreichend", meinte zum Beispiel Christian von Stetten, der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. "Unsere Bürgerinnen und Bürger werden einen wankelmütigen Staat, der Parallelgesellschaften zulässt und aus falsch verstandener Toleranz vor drastischeren Maßnahmen zurückschreckt, nicht akzeptieren", sagte der CDU-Politiker der "Stuttgarter Zeitung". Von Stetten befürwortete denn auch ein Burka-Verbot, das de Maizière und auch der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl ablehnen.
"Auch die Bundesländer müssten - trotz verfassungsrechtlicher Bedenken - ein Zeichen setzen und ein Burka-Verbot im öffentlichen Raum durchsetzen", drängte von Stetten. Wie andere Unionsvertreter macht er vor allem den Koalitionspartner SPD dafür verantwortlich, dass einige Forderungen nicht im Sicherheitspaket auftauchen: Das sei "beschämend".
Unter dem Titel "Wir wollen das Burka-Verbot" versammelte das Boulevard-Blatt "Bild" eine Gruppe von Unionspolitikern und ließ ihrem Unmut freien Lauf. So erklärte CDU-Parteivize Julia Klöckner: "Die Vollverschleierung ist kein Zeichen religiöser Vielfalt, sondern steht für ein abwertendes Frauenbild". Frauen, die Körper und Gesicht verschleiern, seien "unter einer Verhüllung eingesperrt" und würden daran gehindert, sich in Deutschland zu integrieren.
Auch den Finanz-Staatssekretär Jens Spahn (CDU) und den CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach ließ die Zeitung dafür plädieren, die Vollverschleierung zu untersagen. "Burka oder Niqab geht gar nicht", sagte Spahn, sie hätten "nichts mit Religion, aber viel mit einem absurden Frauenbild zu tun." Bosbach sagte: "Ich unterstütze ein Verbot, weil das Tragen einer Burka Ausdruck ist für eine integrationsfeindliche Abgrenzung zu unseren Werten und unserer guten Tradition, unseren Mitbürgern offen und unverhüllt zu begegnen."
"Unsere Kultur akzeptieren"
Ìm Gegensatz zum Nein von Bundesinnenminister de Maiziere sprechen sich seine CDU-Länderkollegen etwa aus Berlin und Sachsen-Anhalt weiter gegen die Vollverschleierung aus. Innensenator Frank Henkel in der ARD: "Ich stelle mir schon die Frage: Warum regt man sich auf, dass es die Burka in Afghanistan und anderen Ländern gibt, und warum soll das in Deutschland erlaubt sein?" Die Burka sei ein "Unterdrückungsinstrument" und ein "Käfig aus Stoff" und gehöre deshalb "nicht in unser Straßenbild". Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht sagte im MDR: "Wer zu uns nach Deutschland kommt, hat bitteschön unsere Kultur zu akzeptieren, und zu unserer Kultur gehört nicht Burka."
Scheindebatte?
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), warnte dagegen vor Symboldebatten. Auch sie sei gegen die Vollverschleierung von Frauen, lehne jedoch ein sogenanntes Burka-Verbot ab, so Özoguz in der "Bild". Für sie sei die Burka "eine frauenfeindliche Erfindung, eine Art Gefängnis". Mit der Debatte solle jedoch "Stimmung auf Kosten einer sowieso schon benachteiligten Gruppe gemacht werden." Es gebe keinen Zusammenhang zwischen Attentätern und einer Burka, und den betroffenen Frauen helfe "dieses Gerede" nicht.
De Maizière hatte seinen neuen Maßnahmenkatalog zur Sicherheitspolitik am Donnerstag vorgestellt. Vorgesehen ist unter anderem, das Aufenthaltsrecht für Ausländer, die straffällig geworden sind oder von denen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausgeht, weiter zu verschärfen. Außerdem forderte der Minister mehr Sicherheitspersonal. Für Flüchtlinge schlug er eine intensivere soziale Betreuung vor, auch um Radikalisierungstendenzen besser zu erkennen.
SC/stu (afp, epd, dpa)