Cavusoglu: "Praktiken wie in der Nazi-Zeit"
7. März 2017Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu will auch nach der Absage einer von ihm geplanten Kundgebung in Hamburg auf jeden Fall in der Hansestadt auftreten. "Ich werde unsere Bürger heute Abend in Hamburg treffen. Niemand kann uns hindern, die Begegnung mit unseren Bürgern zu suchen", erklärte Cavusoglu bei einem Treffen mit mehreren Konsuln in Istanbul.
Cavusoglu erhob zugleich schwere Vorwürfe gegen Deutschland. "Das ist ein durch und durch repressives System", sagte er der Zeitung "Hürriyet". "Alle Praktiken ähneln denen der Nazi-Zeit", so Cavusoglu. "Sie machen Durck, damit für die AKP ein Nein herauskommt."
Auftritt im Generalkonsulat
Der Außenminister bezog sich auf das Referendum am 16. April über ein Präsidialsystem in der Türkei, das Präsident Recep Tayyip Erdogan umfassende Vollmachten brächte - zulasten des Parlaments, dessen Rechte stark beschränkt werden sollen. Auch Erdogan hatte Deutschland "Nazi-Praktiken" vorgeworfen, was Bundeskanzlerin Angela Merkel empört zurückwies.
Ein Sprecher vom Koordinationszentrum für die Auslandswähler der türkischen Regierungspartei AKP sagte der Deutschen Presse-Agentur, nach der Absage zweier Hallenbetreiber werde Cavusoglu nun in der Residenz des türkischen Generalkonsuls in Hamburg-Uhlenhorst sprechen. Ursprünglich wollte der Außenminister an diesem Dienstagabend in einer Hochzeitshalle im Stadtteil Wilhelmsburg vor mehreren hundert Landsleuten auftreten, um für das Präsidialsystem zu werben. Das örtliche Bezirksamt beanstandete jedoch bei der Begehung des Plaza Event Center erhebliche "brandschutzrechtliche Mängel", weshalb die geplante Veranstaltung abgesagt wurde.
Treffen mit Gabriel soll stattfinden
Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim sagte derweil, er habe in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Merkel am Wochenende vereinbart, künftig im vorhinein eine Lösung für Auftritte türkischer Regierungsmitglieder in Deutschland zu finden. "Wir haben die Sorgen der Türkei klar zum Ausdruck gebracht", sagte er. Demokratie bedeute, "Ideen zu teilen ohne Einschränkungen".
Ein geplantes Treffen Cavusoglus mit seinem deutschen Amtskollegen soll ungeachtet aller Differenzen stattfinden. "Morgen habe ich ein Treffen mit meinem Freund Sigmar Gabriel", erklärte der türkische Außenminister. Er werde mit Gabriel am Mittwoch beim Frühstück "unter vier Augen" sprechen. "Wir wollen nicht, dass unsere Beziehungen zu irgendeinem Land einschließlich Deutschland schlecht sind, aber wenn man eine feindliche Haltung uns gegenüber einnimmt, dann müssen wir natürlich die nötige Antwort geben."
Außenminister Gabriel hatte zuletzt noch die Hand ausgestreckt. In einem Gastbeitrag für die Zeitung "Bild am Sonntag" schrieb er: "Vielleicht fällt es in diesen Tagen, wo das Trennende zu überwiegen scheint, schwer, das Einende zu betonen. Aber wir dürfen das Fundament der Freundschaft zwischen unseren Ländern nicht kaputtmachen lassen."
jj/sti (dpa, afp, rtr)