CAS: Russland für Paralympics gesperrt
23. August 2016Die russischen Behinderten-Sportler dürfen nicht an den Paralympics in Rio de Janeiro teilnehmen. Der Internationale Sportgerichtshof CAS bestätigte am Dienstag den vom Internationalen Paralympischen Komitee (IPC) beschlossenen Komplett-Ausschluss der russischen Athleten in der Affäre um mutmaßliches Staatsdoping.
Der CAS begründete seine Entscheidung damit, dass das IPC nicht gegen seine Regeln verstoßen habe. Zudem sei die Entscheidung angesichts der Umstände verhältnismäßig, hieß es in einer Mitteilung. Das Russische Paralympische Komitee (RPC) habe keine Beweise vorlegen können, die die Faktenlage verändere.
IPC-Chef Craven: "Schritt zu fairen Wettkämpfen"
"Die heutige Entscheidung unterstreicht unsere Überzeugung, dass für Doping im paralympischen Sport absolut kein Platz ist", sagte IPC-Präsident Philip Craven: "Durch sie haben wir einen weiteren Schritt zu fairen Wettkämpfen und gleichen Bedingungen für alle Para-Athleten der Welt getätigt." Auch die deutsche Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) begrüßte das CAS-Urteil als "einzig richtige Schlussfolgerung nach der Aufdeckung von gravierenden Manipulationen im Anti-Doping-System Russlands". Der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew sprach von einer "zynischen Entscheidung": "Es wird mit zweierlei Maß gemessen. Aber das ist große Politik. Das sind die Spielzeuge großer Länder und wichtiger Leute."
Popow: "Woanders stinkt es genauso"
Deutsche Behinderten-Sportler haben zwar Mitleid mit ihren russischen Kollegen, feiern das Urteil dennoch als Zeichen. 100-Meter-Paralympicssieger Heinrich Popow stellte klar, dass dies nur der Anfang sein dürfe.
"Wenn das der erste Schritt ist für eine Null-Toleranz-Politik im Anti-Doping-Kampf, ist das absolut richtig. Aber wenn das der erste und der letzte Schritt ist, finde ich das lächerlich", sagte Popow dem SID: "Dann fände ich es den russischen Athleten gegenüber unfair. Weil ich weiß, dass es in anderen Ländern genauso stinkt wie in Russland." Als Beispiel fügte Popow China an: Der weltweite Anti-Doping-Kampf sei lächerlich, sagte Popow: "Der nationale Anti-Doping-Kampf ist Weltklasse. In China muss ein Kontrolleur ein Visum beantragen. Da kann man mal davon ausgehen, dass viele Sportler Bescheid wissen, dass er bald kommt."
Ähnlich begründet auch der kleinwüchsige Speerwurf-Weltmeister Mathias Mester seine Zustimmung zum CAS-Urteil. "Es ist schwer, gleich die komplette Auswahl zu sperren. Man weiß nie, ob es nicht einen gibt, der nicht gedopt hat", sagte Mester: "Aber da hat ein staatliches System dahintergesteckt, von daher finde ich es okay. Deutsche Athleten werden ständig kontrolliert. Wir müssen aufpassen, dass wir nichts Falsches zu uns nehmen, auf so viel achten und ständig in Bereitschaft sein, dass wir kontrolliert werden können. Wenn das bei den Russen nicht gegeben ist, ist der Ausschluss definitiv gerechtfertigt." Prothesen-Weitspringer Markus Rehm sagte: "Zum einen blutet mir ein bisschen das Herz für die Sportler, die sauber sind. Für die tut es mir unfassbar leid. Auf der anderen Seite finde ich die Entscheidung sehr, sehr gut. Wir müssen ein Statement setzen."
Mehr Konsequenz als beim IOC
Im Gegensatz zum Internationalen Olympischen Komitee (IOC) hatte das IPC am 7. August das RPC wegen seiner Verwicklungen in das staatlich gelenkte Doping-System suspendiert. Damit hatten automatisch alle russischen Sportler ein Startverbot bei internationalen paralympischen Wettkämpfen erhalten. Das IPC hatte für seine Kollektivstrafe weitere Informationen des kanadischen Juristen Richard McLaren als Grundlage genommen, der die Untersuchung der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) zum russischen Staatsdoping leitete. Das IOC hatte Ende Juli auf einen historischen Komplett-Ausschluss Russlands verzichtet. Dadurch konnten mindestens 274 von 389 russischen Athleten bei Olympia starten.
asz/sn (dpa, sid)